Dinstag nach dem sontag Quasimodogeniti, ist gewest der XIX tag des monats Aprilis 1515 verhandelten zu Gotha (Gotta) Dr. Wilhelm von Pitschütz (Betzschin), Domherr zu Meißen und Naumburg (Num-), Gerhard Marschalck, Dekan zu Gotha, Heinrich von Herda und Johann (Hans) Metzsch, Amtleute zu Salzungen (Saltz-) und Breitenbach, wegen des Herrn von Sachsen, der Dekan Philipp Schenck [zu Schweinsberg], Apollo von Vilbel (-bell), Propst auf St. Petersberg, und Rudolf von Waiblingen (Weblyngen), Marschall zu Fulda, wegen des Nonnenklosters Allendorf (-dorff) wie folgt: Die fuldischen Bevollmächtigten forderten, das Stift in Be- und Entsetzung der Propstei im Kloster Allendorf einzusetzen sowie Visitation und Ausübung anderer geistlicher Rechte ungehindert zuzulassen, nachdem die Amtleute zu Salzungen und Breitenbach den vom Abt von Fulda zum Propst eingesetzten Frank [von] Mörle (Morle) genannt Böhm (Behem) an der Besitzergreifung gehindert haben. In der Verschreibung betr. Salzungen ist dem Stift Fulda die Be- und Entsetzung der Propstei ausdrücklich vorbehalten; Propst und Konvent sind dem Abt von Fulda den geistlichen Gehorsam schuldig. Die sächsischen Bevollmächtigten haben dies bestritten. Es ist landkundig, daß die vormaligen Pröpste Philipp von Herda und Wilhelm (Wilcke) Küchenmeister mit Zustimmung des Abtes durch ihre Fürsten bestellt worden sind. Nach deren Wissen ist Johann Löher zu Beginn der Reform in Allendorf als Propst dorthin geschickt und ihm die Propstei auf Lebenszeit übertragen worden; er hat bisher dem Kloster treulich und mit Fleiß vorgestanden; durch die Reform hat das Kloster an Einkommen gewonnen. Löher ist nun in Geschäften des Klosters nach Rom (Roeme) gegangen. In seiner Abwesenheit hat sich der Abt von Fulda unterstanden, einen anderen in die Propstei zu setzen und die Nonnen mit Pressionen und dem Kirchenbann zu bedrohen. Diese haben dagegen appelliert und, als dies nichts genutzt habe, sich an ihre Fürsten als Landes- und Schutzherren gewandt mit der Bitte, sie vor diesem Unrecht zu schützen. Kurfürst [Friedrich] und Herzog [Johann] haben dies als ihre Pflicht angesehen. Herzog Johann hat daraufhin die Amtleute zu Salzungen und Breitenbach angewiesen, Frank Mörle zum Verlassen des Klosters aufzufordern, da es bereits mit einem jetzt nicht im Lande befindlichen Propst versehen sei. Er wolle Abt und Stift zu Fulda nichts entziehen, aber der Schutz des Propstes und des Klosters vor Unrecht stünden ihm zu und in diesen Dingen sei gegen Propst und Nonnen mit Unrecht gehandelt worden. Es ist ein Rechtsgrundsatz, daß Richter und Kommissare den von ihrem Handeln betroffenen Parteien ihre Vollmachten anzeigen; andernfalls sind die Parteien ihnen keinen Respekt schuldig. Dies ist im konkreten Fall nicht erfolgt. Dessen ungeachtet sind etliche Personen vom Abt von Fulda nach Allendorf geschickt worden, haben sich dort Visitationsrechte angemaßt, ohne nach Aussage der Nonnen schriftliche Vollmachten vorzulegen, und die Nonnen, als diese sie nicht zugelassen wollten, ohne vorherige Mahnung mit Bann, Interdikt und Suspension von den Sakramenten überzogen. Dieses Vorgehen ist im nachhinein vom Abt ratifiziert worden. Wegen der beschriebenen Formfehler hätte der Abt dies nicht tun dürfen. Die betreffenden Personen sollen sich informieren, welche Strafen ihnen für ein derart irreguläres Verfahren drohen. Fulda hat sich unterstanden, den Propst, der in Geschäften in Rom weilt, abzusetzen, obwohl kraft päpstlicher Festlegung diejenigen, die nach Rom gehen, während dieser Reise von ihren Geschäften entbunden sind und nichts gegen sie unternommen werden darf. Für Verstöße gegen diese Freiheiten sind Strafen festgesetzt. Dem neuen, aufgedrängten Propst hat es zudem nicht zugestanden, einem Boten in Schutz und Schirm der Fürsten etliche Urkunden (brieve) abzunehmen, die an Äbtissin und Konvent gerichtet waren. Obwohl die Nonnen vom Abt von St. Peter zu Erfurt (-furth) eine Absolution von den erwähnten, irregulären Strafen erlangt haben, hat Fulda sich weiter unterstanden, sie zu denunzieren. und verhindert, daß sie in der Osterzeit das Altarssakrament empfangen konnten. Schutz und Schirm gegen derartiges Vorgehen haben daher die Fürsten dem Abt und den Nonnen nicht versagen können. Der Abt von Fulda wird aufgefordert, die Nonnen in der erwähnten Absolution zu belassen, sie nicht weiter mit Exkommunikation zu bedrohen und ihnen so lange keinen neuen Propst aufzuzwingen, bis die Sache in aller Form ausgetragen ist. Wenn gegen Nonnen und Propst den Regeln entsprechend verfahren wird und man dann zu dem Ergebnis kommt, daß sie eine Strafe verdienen bzw. daß der Propst abgesetzt und ein anderer, der nicht sein Einkommen mit Gastereien, Pferden und Gesinde verzehrt, eingesetzt werden sollte, so werden die Fürsten dies nicht anfechten. Die Nonnen sollen aber in der Absolution verbleiben und am Empfang der Sakramente nicht gehindert werden; die entwendeten Urkunden sind zurückzugeben. Die bisher erfolgte Bestrafung der Nonnen, die Absetzung des Propstes und das Aufdrängen eines neuen können Kurfürst und Herzog als Landes- und Schutzfürsten, die Nonnen und Propst gegen Unrecht und Gewalt zu schirmen haben, in keinem Fall hinnehmen. Dagegen haben die fuldischen Bevollmächtigten den Artikel aus der Verschreibungsurkunde über Salzungen ins Spiel gebracht, der dem Abt von Fulda die Ein- und Absetzung des Propstes zu Allendorf und die dortige Visitation vorbehält; so ist es bisher auch stets gehalten worden. Philipp von Herda ist ihres Wissens wegen seines Alters, nicht aufgrund eines Ersuchens der Fürsten aus der Propstei abgezogen und ins Kloster zurückgeholt worden. Johann Löher, den der jüngst verstorbene Abt als Propst nach Allendorf entsandt hat, ist geschworener Mönch des Klosters Fulda; er hat sich daher nicht ohne Erlaubnis des Abtes aus der Propstei entfernen und nach Rom gehen dürfen. Indem er dies tat, hat er sich selbst abgesetzt; der Abt konnte die Propstei nicht unbesetzt lassen. Selbst wenn Löher die Propstei auf Lebenszeit verschrieben gewesen sein sollte, entbindet ihn das nicht vom Gehorsam gegenüber dem Abt. Dem Abt steht die Visitation zu. Da er selbst verhindert war, hat er Philipp Schenck, Apollo von Vilbel und andere damit beauftragt und ihnen befohlen, Mörle als Propst in Allendorf einzusetzen. Die haben bei ihrer Ankunft den Nonnen ihren Auftrag vorgelegt. Diese haben sich in Verachtung und Ungehorsam verweigert und den Propst nicht annehmen wollen. Deshalb hat der Abt gegen sie prozessieren und den Bann ergehen lassen, obwohl er nicht verpflichtet ist, den Prozeßweg zu gehen. Eine vorherige Mahnung war nicht notwendig, da es dem Abt unbenommen ist, jederzeit gegen die vorzugehen, die in seinem Gehorsam stehen. Hier sind die geistlichen Orden nicht an das geschriebene Recht gebunden. Die Vorwürfe gegen den Abt sind daher unberechtigt. Von einer dagegen eingelegten Appellation oder erlangter Absolution weiß der Abt nichts; derartiges ist ihm nicht angezeigt worden. Er hat auch nicht die Absicht, die begonnene Reform fallen zu lassen; Frank [von Mörlau] hat sich zu deren Fortführung in aller Form verpflichtet. Da es den Nonnen nicht zusteht, sich ohne Zustimmung ihrer geistlichen Vorgesetzten Urkunden zu verschaffen, ist der Bote, der der Äbtissin etliche Urkunden aus Rom überantworten wollte, darauf angesprochen worden; er hat die Urkunden gutwillig herausgegeben; von Gewalt kann keine Rede sein. Nach ihrem Wissen hat Johann Löher auf die Propstei Allendorf und andere Pfründen 1.000 Gulden aufgenommen und etliche Güter von den Klöstern kommen lassen. Wofür dieses Geld verwendet worden ist, wissen sie nicht. Nach ihrer Ansicht hat Löher den Klöstern nicht treulich vorgestanden, sie wiederholen deshalb ihre anfangs erhobene Forderung. Die sächsischen Bevollmächtigten haben daraufhin ihre früheren Forderungen ebenfalls noch einmal wiederholt. Die Ein- und Absetzung des Propstes ist nicht laut der 150 Jahre alten Verschreibung gehalten worden. Geschriebenes und gesetztes Recht wird durch gegenteilige Übung aufgehoben; zu achten ist daher nicht auf diese Verschreibung, sondern auf die tatsächliche Ausübung des Rechts im genannten Zeitraum; darauf ist bereits eingegangen worden. Löher ist die Propstei übertragen worden; er sollte dem Kloster getreulich vorstehen. Wenn dieses daher Geschäfte in Rom hatte, war er verpflichtet, sich dieser ebenso wie der einheimischen Angelegenheiten anzunehmen. Er benötigte dazu keine Erlaubnis des Abtes von Fulda, der bis zur Rückkehr nichts gegen ihn unternehmen durfte. Wenn er auch dem Abt Gehorsam schuldet, so ist dieser verpflichtet, sich an die Verschreibungen seiner Vorgänger zu halten; er darf sie ohne Rechtsgrund nicht zurücknehmen. Nach ihrem Wissen haben sich die Nonnen der Visitation nicht verweigert, sondern unter Angabe von Gründen um Bedenkzeit gebeten; die ihnen nicht gewährt worden ist. Eine Befreiung geistlicher Orden vom geschriebenen Recht gestehen sie nicht zu. Ein Unwissen des Abtes in Sachen Appellation kann nicht behauptet werden. Die Amtleute zu Salzungen und Breitenbach haben ihn schriftlich gebeten, dem Prokurator der Nonnen Geleit zu erteilen, der ihn von der Sache informieren sollte. Dies ist von seinen Bevollmächtigten abgelehnt worden. Daraufhin sind die Appellation an den Kirchen zu Salzungen und Allendorf, die Absolution an der Kirche zu Allendorf angeschlagen, dann aber abgerissen worden; das Original der Absolution kann, wenn nötig, dem Abt vorgelegt werden. Der Bote wird aussagen, daß ihm die Urkunden mit Gewalt abgenommen worden sind. Den Bevollmächtigten ist nicht bekannt, daß Löher dem Kloster Allendorf irgend etwas entzogen hätte; die anderen Klöster gehen sie nichts an. Durch lange Reden wird man der Sache nicht beikommen, da jede Partei sich im Recht sieht. Ohne die Nonnen und Löher wird man sich kaum einigen können. Daher sollte die Sache einige Zeit auf sich beruhen, bis Löher wieder im Lande ist. Dann können seine und der Nonnen Antworten auf die Beschuldigungen gehört und dazu Erkundigungen eingezogen werden. Bis dahin sollten die Nonnen und Löher von niemandem beschuldigt werden; die Nonnen sollten sich der erlangten Absolution bedienen, die Einnahmen Löher zustehen, die Seelsorge von ihm ausgerichtet werden. Apollo [von Vilbel] sollte zurückgehen und das Kloster von unnützen Lasten verschonen. Wenn die fuldischen Bevollmächtigten dem zustimmen, kann man sich darauf einigen vorbehaltlich der Ratifikation durch die Fürsten. Wenn ein rechtlicher Austrag der Sache notwendig wird, sollte der Abt von St. Peter zu Erfurt vom Papst damit beauftragt werden. Die fuldischen Bevollmächtigten wollen eine weitere Verzögerung vermeiden. Ihr Herr sei an einem gütlichen Austrag der Sache interessiert, zumal er nicht genötigt werden könne, gegen seine Mönche und Nonnen den Rechtsweg zu beschreiten. Als Schiedsrichter schlagen sie Dr. Adam zu Frankfurt (Frangforde) oder den Komtur zu Schleusingen (Sleusyngen) vor. Nach Ansicht der sächsischen Vertreter ist Dr. Adam zu weit weg ansässig, der Komtur zu Schleusingen ihnen unbekannt. Sie schlagen die stattdessen die Bischöfe von Naumburg oder Merseburg bzw. einen dortigen Domkapitular vor, auch wenn diese weit entfernt wohnen. Sie könnten dazu gebracht werden, die Verhandlungen an geeigneten Orten anzusetzen. Weiter benennen sie den Abt zu Saalfeld (Salfelttt), Dr. Groß und Dr. Hennell, Domherrn zu Naumburg, vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Fürsten. Die Parteien kommen abschließend überein, die Sache bis Trinitatis [3. Juni] beizulegen. Ein neuer Propst soll nicht benannt werden. Die Nonnen dürfen sich ihrer Absolution bis auf weiteres bedienen, Apollo [von Vilbel] soll im Kloster bleiben, jedoch nicht als Propst, sondern im bisherigen Status. Keine Seite soll weitere Neuerungen einführen. Die sächsischen Vertreter sollen diesen Stand ihren Herren vortragen. Der Abt von Fulda wird Herzog Johann mitteilen, welche der vorgeschlagenen Personen er als Schiedsrichter wünscht und ob er es bei der Absolution der Nonnen belassen möchte. Herzog Johann wird dann im Namen seines Bruders und im eigenen dem Abt mitteilen, welche der von fuldischer Seite vorgeschlagenen Personen er wählt. Beide haben das Recht, weitere Namen zu nennen. Derjenige, auf den sich beide einigen, soll bis Trinitatis an einem geeigneten Ort einen Tag ansetzen, die Parteien anhören und gütlich oder rechtlich entscheiden. Dieser Spruch ist von beiden Seiten zu akzeptieren. Das Kloster selbst soll von der Gastung verschont bleiben. Eine Kopie der Absolution wurde der fuldischen Seite überreicht. Lehnt einer der Fürsten diesen Beschluß ab, bleibt der jetzige Zustand weiter bestehen. Abschließend einigen sich alle Vertreter vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Fürsten darauf, daß beide Seiten je einen Bevollmächtigten zur Anhörung entsenden und sich auf einen Obmann einigen. Für diese Funktion schlagen die sächsischen Vertreter Peter von Aufseß (-setzs) [Domherrn zu Bamberg und Würzburg], Dr. Henning Goede oder den Ordinarius zu Leipzig (Leipzick) vor, die fuldischen den Komtur zu Schleusingen, Karl von der Tann (Thanne), Domherrn zu Würzburg (Wirtz-), oder Dr. Valentin von Sundhausen (Sunthaußen); als Ort wird von sächsischer Seite Gotha oder Eisenach, von fuldischer Salzungen, Schleusingen oder Schmalkalden vorgeschlagen. Dazu sollen die Fürsten, wie oben beschrieben, schriftlich Stellung nehmen.