Paläarktische Zugvögel in Afrika – Konkurrenz mit tropischen Arten?

Palearctic migrants in Africa - competition with tropical species

  • Eine der wichtigsten Fragen zur Überwinterungsökologie paläarktischer Zugvögel ist, wie diese in ihren Überwinterungsgebieten Ressourcen mit afrikanischen Arten teilen und inwieweit Konkurrenz zwischen den beiden Gruppen eine Rolle bei der Evolution rezenter Avifaunen spielt. Wir fassen die Ergebnisse eigener Untersuchungen in der Elfenbeinküste, Westafrika, zusammen. Diese beschäftigten sich mit der Frage der Habitatwahl, Mikrohabitatwahl und Ressourcennutzung von Trauerschnäpper und Fitis im Vergleich mit ökologischen ähnlichen afrikanischen Arten in den jeweiligen Gilden. Anschließend werden (1) die eigenen Ergebnisse mit denen aus früheren Untersuchungen verglichen, (2) diskutiert, ob es generelle ökologische Merkmale von Langstreckenziehern gibt, (3) die Möglichkeit des Nachweises potenzieller konkurrenzsituationen erläutert und (4) mögliche Schlüsselthemen zu weiteren Forschungen diskutiert. Unsere Studien zeigten, dass die beiden Zugvogelarten verglichen mit afrikanischen Arten nicht generell offenere Habitate und Mikrohabitate nutzten. Sie wurden am häufigsten im strukturreichsten, dem stärksten saisonalen Wechsel unterworfenen Habitat angetroffen. Die beiden Zugvögel waren auch die einzigen Arten, die regelmäßig in allen drei untersuchten Habitattypen angetroffen wurden. Trauerschnäpper und Fitis zeigten jeweils das breiteste Spektrum an Nahrungsaufnahmetechniken und in der Regel auch –substraten im Vergleich mit afrikanischen Vertretern innerhalb ihrer Gilden. Trauerschnäpper waren intraspezifisch territorial aber interspezifische Interaktionen waren kaum zu beobachten wie auch beim Fitis, der regelmäßig in gemeinsamen Schwärmen mit der Graukappeneremomele auftrat. Ein Vergleich der Ergebnisse mit früheren Studien ergab, dass es nicht möglich ist, generelle ökologische Merkmale von Langstreckenziehern zu erkennen, da artspezifische Ansprüche an Habitat und Ressourcen bestehen und diese saisonal und räumlich wechseln können. Zugvögel scheinen aber bei der Ressourcennutzung mehr Generalisten zu sein als residente Arten. Dies könnte ihnen erlauben mit residenten Arten zu koexistieren, wobei aber unklar ist, ob Flexibilität eine Anpassung zum Überleben im Überwinterungsgebiet ist oder eine Präadaptation für die Evolution von Zugverhalten. Neuere Untersuchungen stellen jedoch die höhere Flexibilität von Zugvögeln im Vergleich mit residenten Arten in Frage. Die Lösung des scheinbaren Widerspruchs könnten unterschiedliche Ansätze sein, mit denen das Thema diskutiert wird. Mit einem ökologischen Diskussionsansatz könnten Zugvögel flexibler erscheinen als residente Arten, da sie ein breiteres Spektrum von Verhaltensweisen aufweisen, während sie unter evolutiven Gesichtspunkten weniger flexibel erscheinen, wenn sie bestimmte Verhaltensweisen stereotyp unter einer Vielzahl von Bedingungen zeigen. In Bezug auf die Frage, ob Konkurrenz zwischen Zugvögeln und afrikanischen Arten eine Rolle bei der Gestaltung bestehender Vogelgemeinschaften spielt, wird diskutiert, dass weder rein zufällige Ereignisse noch Konkurrenz alleine der Schlüsselfaktor für die Evolution der bestehenden Gemeinschaften sind. In Bezug auf den seit langer Zeit stattfindenden Vogelzug, ist eine Reihe von Faktoren, inklusive interspezifischer Konkurrenz, wahrscheinlich ausschlaggebend für die Koexistenz der beiden Gruppen. Probleme bei Studien zum Verhältnis zwischen ziehenden und residenten Arten ergeben sich aus: (1) der Sichtweise, dass Zugvögel eine homogene Gruppe darstellen, obwohl unterschiedliche Arten unterschiedliche Habitate und Ressourcen nutzen, (2) ein dichotomer Ansatz, der eine rein ziehende Lebensweise von Vögeln paläarktischen Ursprungs mit einer residenten Lebensweise afrikanischer Arten vergleicht, der nicht den wirklichen Verhältnissen entspricht, da er weder die u.U. monatelange Territorialität von paläarktischen Vögeln noch den weit verbreiteten intra-afrikanischen Vogelzug berücksichtigt und (3) individuelle Fitnesskonsequenzen bedingt durch die Anwesenheit andere Individuen kaum untersucht sind und deswegen die Bedeutung von Konkurrenz nur auf rein spekulativer Basis diskutiert werden kann. Diese Probleme müssen bei Untersuchung zur gegenseitigen Beeinflussung von ziehenden und residenten Arten berücksichtigt werden.
  • One of the main questions of former studies on the wintering ecology of long distance migrants is how migrants partition resources with residents in their winter quarters and to what extent competition between the two groups plays a role for the evolution of the present avian communities. Here, we summarize the results of our own studies from Ivory Coast that focused on niche partitioning of the Palaearctic Pied Flycatcher and Willow Warbler and Afrotropical species in their respective guilds with respect to habitat selection, microhabitat use and foraging ecology with the aim to (1) compare them with similar former studies, (2) to discuss whether there are general ecological traits which are characteristic for long-distance migrants, (3) discuss the possibility to detect competition between migrants and residents and (4) to discuss key questions for further studies. Our study revealed that migrants do not generally use more open habitat with respect to tree density than Afrotropical species and do not forage in a generally more open microhabitat. However, migrants were found most frequently in habitats with highest structural diversity and the most pronounced seasonal changes. They were also the only species within their guilds that were found in all three available habitats. The Palaearctic species showed the highest diversity of foraging techniques and in most cases, foraging substrate within their guilds. Pied Flycatchers were intraspecifically territorial but interspecific interactions were neither often observed in Pied Flycatchers nor in Willow warblers which regularly occurred in mixed species flocks with Senegal Eremomelas. A comparison of our results with those of former studies revealed that it is not possible to generalize the migrants’ behaviour because there are species specific requirements which may vary with e.g. season and geography. Migrants however, seem to be more generalists than residents, in many aspects of their use of various resources. This may allow both groups to coexist but it is not clear whether this flexibility is an adaptation to survive on the wintering grounds or a prerequisite for the evolution of bird migration. Recent studies, however, questioned the notion about the migrants’ flexibility. The solution to this apparent contradiction might be that different approaches were used to deal with this question. Migrants might be flexible when an ecological approach is used because they use a diverse repertoire of behaviours but might not be flexible from an evolutionary point of view because the use the same repertoire of foraging behaviours under varying conditions. With respect to the question whether competition shapes present migrant/resident communities it is discussed that probably neither mere chance nor exclusively interspecific competition is the key factor for the evolution of present resident/migrant communities. Instead a set of factors seem to have acted in the past and at present including interspecific competition. It is further argued that problems with respect to studies of mutual influence of the ecology of migrants and residents are (1) to see migrants as a homogenous group although different species use different habitats and resources, (2) the dichotomous approach that concerns only a long-distance migrating lifestyle versus a resident lifestyle because it does not account for some migrants being territorial for several months in Africa and widespread intra-African migration and (3) that individual consequences for survival and fitness through the presence of other individuals are hardly investigated and therefore, discussions about competitive situations remain speculative. This problems have to be overcome to find out more about the mutual influence of Palaearctic migrants and Afrotropical species. It is proposed, that investigations of mixed species flocks of migrants and African species or consequences of habitat selection of territorial migrants could answer some of these questions.

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Metadaten
Author:Volker Salewski, Franz Bairlein, Bernd Leisler
URN:urn:nbn:de:hebis:30-1108112
ISSN:0049-6650
Parent Title (German):Vogelwarte : Zeitschrift für Vogelkunde
Publisher:DO-G-Geschäftsstelle
Place of publication:Wilhelmshaven
Document Type:Article
Language:German
Date of Publication (online):2008/09/17
Year of first Publication:2006
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2008/09/17
Volume:44
Issue:1
Page Number:15
First Page:1
Last Page:15
HeBIS-PPN:205483038
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 57 Biowissenschaften; Biologie / 570 Biowissenschaften; Biologie
5 Naturwissenschaften und Mathematik / 59 Tiere (Zoologie) / 590 Tiere (Zoologie)
Sammlungen:Sammlung Biologie / Sondersammelgebiets-Volltexte
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht