Die Prognoseberichterstattung im Lagebericht nach DRS 20 – Eine inhaltsanalytische und experimentelle Untersuchung der Entscheidungsnützlichkeit von Prognosen für nicht-professionelle Investoren

Der Lagebericht hat sich, bedingt durch seine langjährige Entwicklung und zahlreichen Überarbeitungen, in Deutschland neben dem Jahresabschluss als ein rechtlich und formal eigenständiges Berichtsinstrument etabliert. Laut Generalnorm zur Lageberichterstattung nach § 289 Abs. 1 HGB und § 315 Abs. 1 HGB ist der Geschäftsverlauf inkl. des Geschäftsergebnisses und die Lage der Gesellschaft so darzustellen, dass sie ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln. Die handelsrechtlichen Vorschriften werden durch den Deutschen Rechnungslegungs Standard 20 (DRS 20) „Konzernlagebericht“ ergänzt. Insbesondere der Prognosebericht, als Bestandteil des Lageberichts, hat in den letzten Jahren für Adressaten der Berichterstattung weiter an Bedeutung gewonnen. Mit dem Prognosebericht kommt dem Lagebericht eine Ergänzungsfunktion in zeitlicher Hinsicht zu. Aufgrund seines zukunftsberichteten Blicks wird er von kapitalmarktorientierten Unternehmen als einer der bedeutsamsten Berichtsteile angesehen. Die zentrale Aufgabe besteht darin, den Adressaten die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens mit den wichtigsten finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren aufzuzeigen. Veröffentlichte Prognoseberichte werden vielfach von Investoren zur Entscheidungsfindung herangezogen. Denn eine fundierte Kapitalanlageentscheidung kann auf vergangenheitsbasierten Informationen ohne Hinzuziehung zukunftsorientierter Daten in der Regel nicht getroffen werden. Aus diesem Grund bilden zukunftsgerichtete Informationen die Grundlage für Investitionsentscheidungen. Als eine der bedeutendsten Adressatengruppen der Prognoseberichterstattung werden seitens der börsennotierten Unternehmen nicht-professionelle Investoren angesehen. Gerade in Zeiten der Volatilität an den Finanzmärkten trägt diese Investorengruppe entscheidend zur Stabilität des Aktienkurses bei, da sie ihr Kapital in der Regel langfristig investieren und im Gegensatz zu institutionellen Anlegern weniger Performancedruck verspüren. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Relevanz des handelsrechtlichen Prognoseberichts für Investoren, Rechnungsleger und Regulierer, ergibt sich im Einklang mit dem Titel der vorliegenden Arbeit die zweigeteilte Fragestellung, ob die aktuellen Regelungen der Prognoseberichterstattung gem. DRS 20 im Vergleich zum Vorgängerstandard DRS 15 eine Reduktion bestehender Informationsasymmetrien zwischen Rechnungslegungsadressaten und Management des Unternehmens gewährleisten und wie sich grundsätzlich die Publikation von Prognoseinformationen im Lagebericht auf Urteile zur Leistungsfähigkeit des Unternehmens und darauf basierenden Investitionsentscheidungen nicht-professioneller Investoren auswirkt. Aufgrund der in dieser Arbeit verfolgten Problemstellung werden die Methoden der Inhaltanalyse und einer experimentellen Untersuchung ausgewählt. In der ersten Teilstudie wird eine Inhaltsanalyse der jährlich verpflichtenden Prognosepublizität im Rahmen der Regelungen nach DRS 20 bei HDAX-Unternehmen für die Geschäftsjahre 2013 bis 2016 durchgeführt. Um die Entscheidungsrelevanz des Prognoseberichts für nicht-professionelle Investoren zu eruieren, wird in der zweiten Teilstudie auf die Methodik einer experimentellen Untersuchung zurückgegriffen. Die Analyse des Zusammenhangs von Prognoseinformationen und der Performancemessung eines Unternehmens seitens privater Anleger erfolgt auf Basis verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse zur Informationsverarbeitung, Urteilsbildung und Entscheidungsfindung im Kapitalmarktkontext. Darauf aufbauend wird ein Hörsaalexperiment durchgeführt, indem ausgewählte Probanden, die in eine Versuchs- und Kontrollgruppe aufgeteilt werden, einen modifizierten Lagebericht eines ausgewählten Unternehmens erhalten, der sich nur hinsichtlich der zusätzlich zur Verfügung gestellten Prognoseinformationen bei der Versuchsgruppe unterscheidet. Ausgangspunkt für die Konstruktion des modifizierten Lageberichts sind die empirischen Erkenntnisse der Praxisuntersuchung im Rahmen der durchgeführten Inhaltsanalyse von HDAX-Unternehmen. Ziel der empirischen Befunde der experimentellen Untersuchung auf Basis der durchgeführten Inhaltsanalyse ist die Ableitung von Implikationen in Form von praktischen Handlungsempfehlungen für Berichtsadressaten und rechnungslegende Unternehmen. Des Weiteren soll die Relevanz der Ergebnisse für den Regulierer bei künftigen Überarbeitungen der Prognoseberichterstattung aufgezeigt werden.

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