Der Weg ist das Ziel - Bewertung der Barrierefreiheit von Fußverkehrsnetzen

  • Zur Förderung der Nahmobilität, insbesondere der Basismobilität „Zufußgehen“, ist die Möglichkeit zur Teilhabe im öffentlichen Verkehrsraum für alle Menschen und im Besonderen für mobilitätseingeschränkte (Bedürfnisgruppen) unerlässlich. Nur mit Hilfe einer barrierefrei gestalteten Umwelt kann die Teilhabe Aller erreicht werden. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, ein durchgehend barrierefreies Fußverkehrsnetz herzustellen. Hierzu sind die Fußverkehrsanlagen (Gehbereiche, Überquerungsstellen, Treppen, Rampen und Aufzüge) entsprechend zu gestalten. Ein nachvollziehbares und praxisorientiertes Verfahren zur Bewertung der Barrierefreiheit von Fußverkehrsnetzen existiert allerdings derzeit nicht. An diesem Punkt setzt die vorliegende Forschungsarbeit an. Durch die Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung der bestehenden Barrierefreiheit von Fußverkehrsnetzen anhand von Qualitätsstufen wird ein praktisches Anwendungstool geschaffen. Dieses richtet sich an verantwortliche Personen, u.a. aus Planung, Politik und Verwaltung, um eine Priorisierung und Umsetzung von Maßnahmen zum Abbau von Barrieren vornehmen zu können. Grundlage für das Bewertungsverfahren bilden Interviews und Befragungen von Fachleuten und Bedürfnisgruppen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf motorisch und visuell eingeschränkten Personen. Die Befragungen befassten sich mit der Höhe der Erschwernisse, je nach Bedürfnisgruppe, bei der Nutzung von Fußverkehrsanlagen im öffentlichen Raum, wenn diese nicht den Vorgaben der Technischen Regelwerke entsprechen. Das Bewertungsverfahren übersetzt die Barrierefreiheit in eine verständliche und nachvollziehbare Größe, indem die Erschwernisse in eine gefühlte zusätzliche Entfernung umgerechnet werden. Weiterhin wird neben der gefühlten auch die tatsächliche zusätzliche Entfernung aufgrund von Umwegen berücksichtigt. Aufbauend auf der Bewertung von Fußverkehrsanlagen können so Routen und Verbindungen sowie Fußverkehrsnetze bewertet werden. Der grundsätzliche Ablauf des Bewertungsverfahrens ist für alle Bedürfnisgruppen gleich. Er besteht aus vier wesentlichen Schritten und hat jeweils eine von sechs Qualitätsstufen der Barrierefreiheit (QSB, Stufen von A bis F) zum Ergebnis. Im Rahmen der Forschungsarbeit wird festgelegt, dass der Übergang von der Stufe D zur Stufe E für die Mehrheit der betrachteten Bedürfnisgruppen die Grenze zwischen Selbstständigkeit und Notwendigkeit fremder Hilfe beim Nutzen der Fußverkehrsanlagen darstellt. Das entwickelte Bewertungsverfahren bietet eine gute Grundlage zur Bewertung von Fußverkehrsnetzen in Bezug auf die Barrierefreiheit. Aufgrund der Modularität und Flexibilität ist es möglich, sowohl weitere Aspekte als auch weitere Bedürfnisgruppen zu integrieren. Wichtig sind eine kontinuierliche Anwendung des Verfahrens und die Berücksichtigung der Barrierefreiheit von Anfang an in jeder Planung. Ebenfalls ist eine gesetzliche Integration der barrierefreien schrittweisen Umgestaltung anhand anerkannter Technischer Regelwerke notwendig. Nur so kann ein durchgehend barrierefreies Netz entstehen und allen Menschen, egal ob mit oder ohne Mobilitätseinschränkung, eine Teilhabe im öffentlichen Verkehrsraum ohne fremde Hilfe ermöglicht werden. Zudem kann durch die Steigerung der Attraktivität die Nahmobilität gefördert werden. Hiermit kann erreicht werden, Menschen bei kurzen Entfernungen vom zu Fuß gehen bzw. von der Nutzung des Rollstuhls zu überzeugen. Letztlich ist so auch eine Minderung des CO2-Ausstoßes denkbar, wenn für kurze Routen kein oder seltener das Kfz genutzt wird. Das nachhaltigste und umweltschonendste Fortbewegungsmittel ist das zu Fuß gehen und ein barrierefreies Umfeld trägt somit schlussendlich zum Klimaschutz bei.
  • In order to promote local mobility, especially the basic mobility "walking", the possibility of participating in public transport for all people and in particular for people with limited mobility is indispensable. Only with the help of a barrier-free environment, the participation of all can be achieved. In this context, it is absolutely essential to create a continuous barrier-free pedestrian network by reconstructing the necessary pedestrian facilities, such as walking areas, crossing facilities, stairs, ramps and elevators. However, a comprehensible and practice-oriented procedure for evaluating the accessibility of pedestrian networks does currently not exist. This is where the present dissertation comes in. By developing a procedure for evaluating the existing accessibility of pedestrian networks on the basis of quality levels, a practical application tool for prioritizing reconstruction is created for responsible persons, e.g. in planning, politics and administration. The basis for the evaluation procedure is formed by interviews and surveys conducted with experts and needs groups. The focus was on people with motoric and visual impairments. The level of difficulty, differentiated according to need groups, in the use of pedestrian facilities in public spaces was queried if these do not comply with the specifications of the technical regulations. The evaluation procedure translates the accessibility into an understandable and comprehensible value by translating the difficulty into a perceived additional distance. Furthermore, the actual additional distance due to detours is considered along with the perceived additional distance. Based on the evaluation of pedestrian facilities, routes and connections as well as pedestrian networks can be evaluated in this way. The basic flow of the evaluation process is identical for all needs groups. It consists of four major steps, each resulting in one of six quality levels of accessibility (grades from A to F). The transition from Level D to Level E represents the boundary between independence and the need for external assistance in using pedestrian facilities. The developed procedure provides a good basis for evaluating pedestrian networks in terms of accessibility. Due to its modularity and flexibility, it is possible to integrate further aspects as well as further groups of needs. A continuous application of the procedure and consideration of accessibility from the beginning in every planning is important to achieve a continuous barrier-free network. A legal integration for a step-by-step barrier-free reconstruction on the basis of technical regulations is also absolutely necessary. This is the only way to enable all people, whether with or without mobility restrictions, to participate in public transportation without external assistance and thus to promote local mobility and increase its attractiveness. With this support, it is possible to convince people to walk or use a wheelchair within walking distance. Ultimately, a reduction in CO2 emissions is even conceivable if cars are not used or used less frequently for short distances. The most sustainable and environmentally friendly means of transportation is walking and a barrier-free environment finally contributes to climate protection.

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Metadaten
Author:Teresa Engel
URN:urn:nbn:de:hbz:386-kluedo-77454
DOI:https://doi.org/10.26204/KLUEDO/7745
Series (Serial Number):Grüne Reihe / Technische Universität Kaiserslautern, Fachgebiet Mobilität & Verkehr (77)
Advisor:Wilko Manz, Ulrike Reutter
Document Type:Doctoral Thesis
Cumulative document:No
Language of publication:German
Date of Publication (online):2024/03/03
Year of first Publication:2024
Publishing Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Granting Institution:Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Acceptance Date of the Thesis:2023/10/04
Date of the Publication (Server):2024/03/04
Tag:Barrierefreiheit; Behinderung; Bewertung; Bewertungsverfahren; Fußverkehr; Fußverkehrsnetz; Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen; Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen; Mobilität; Richtlinien für integrierte Netzgestaltung; Rollstuhl; Teilhabe; blind; mobilitätseingeschränkt
accessibility; barrier-free
GND Keyword:Barrierefreiheit; Fußgängerverkehr; Bewertung; Verkehrsnetz
Page Number:XXII, 390
Faculties / Organisational entities:Kaiserslautern - Fachbereich Bauingenieurwesen
DDC-Cassification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 620 Ingenieurwissenschaften und Maschinenbau
Licence (German):Creative Commons 4.0 - Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung (CC BY-NC-ND 4.0)