Elemente einer globalisierten Ideengeschichte der Vormoderne

GND
112966004
Zugehörigkeit
Direktor des Forschungszentrums Gotha, Universität Erfurt, Lehrstuhl f. Wissenskulturen d. europ. Neuzeit, Erfurt, Germany
Mulsow, Martin

Zusammenfassung „Globale Ideengeschichte“ ist ein neues Feld, das noch auf der Suche nach fruchtbaren methodischen Ansätzen ist. Dieser Aufsatz geht von der Frage aus, wie die kulturgeschichtliche Grundierung der Ideengeschichte auch bei einer Ausweitung der Ideengeschichte auf globale Kontexte erhalten werden kann. Der Vorschlag: Eine Aufmerksamkeit für das Referenzverhalten in der Globalisierung, nämlich die Bezugnahme auf räumlich und zeitlich weit Entferntes. Gerade für die Vormoderne mit ihren Expansionen ins Ungewisse sind da interessante Phänomene zu konstatieren: Fehlreichweiten der Referenz, wenn das entdeckte Land in Wirklichkeit ein anderes ist als intendiert, wenn der verehrte Autor in Wirklichkeit aus einer viel jüngeren Zeit stammt als geglaubt; Triangulation, wenn das Neue mit Hilfe von Bezügen auf Antikes wahrgenommen wird; die Globalisierung ganzer philosophischer Sprachen, die präjudizieren, wie unbekannte Denkmuster adaptiert werden; schließlich die Verflechtung von intellektuellen Welten durch wechselseitige Missverständnisse und falsche Bezugnahmen. Im Durchgang durch eine Fülle an Forschungsliteratur werden so die Konturen einer integralen und unverkürzten „Global Intellectual History“ sichtbar, die nicht mehr nur Transmissionen beschreibt, die auf das moderne Europa zulaufen, sondern auch transversale Ideenmigrationen ohne europäische Beteiligung, mit Narrativen, die fern von unseren gewohnten Meistererzählungen sind.

Abstract Global Intellectual History is a new field, still in search of fruitful methodological approaches. The present article begins by asking how the grounding of the history of ideas in cultural history can be preserved when it is extended to encompass global contexts. My suggestion: an attentive ear to the referential practices in the process of globalization, namely a reference to the remote, both spatial and temporal. Especially in the case of pre-modern times, with their expansions into the unknown, several interesting phenomena can be detected: purviews of false references, when the newly discovered land is in fact not the land it is taken to be, or when a revered author is in fact far more recent than assumed; triangulation, when the New is construed by means of references to the Ancient; the globalization of entire philosophical idioms, which pre-determine how unfamiliar thought patterns are adapted; and finally, the entanglement of intellectual worlds through mutual misunderstanding and false references. A perusal of the rich array of scholarship makes the contours of an integral and unabridged Global Intellectual History clear – a history which is no longer restricted to the description of transmissions flowing into modern Europe, but also gauges transversal migrations of ideas not involving Europe, with narratives which are far removed from our accustomed master-narratives.

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