Risiko für posttraumatische Stressbelastung bei Angehörigen von Patienten mit schwerer Sepsis

Familienangehörige von Intensivpatienten mit Sepsis leiden häufig lange Zeit unter posttraumatischem Stress, Angststörungen oder Depression. Das Auftreten dieser Symptome bei Familienangehörigen wird als Postintensive Care Syndrome-Family (PICS-F) bezeichnet. Trotz hoher Fallzahlen ist relativ wenig über die Risikofaktoren bekannt. Ziel der Studie war es, drei Monate nach dem Intensivstationsaufenthalt, abzuschätzen, wie viele der Angehörigen von Sepsispatienten unter PICS-F leiden und welche Faktoren ein PICS-F begünstigen. Die prospektive Kohortenstudie wurde an vier Intensivstationen des Universitätsklinikums Jena durchgeführt. 90 Tage nach der Entlassung der Patienten wurde mit den Angehörigen ein Telefoninterview durchgeführt, das unter anderem aus standardisierten Fragebögen (Impact of event scale, Hospital Anxiety and Depression scale und EQ-5D-3L) und aus offenen Fragen bestand. Die Datenanalyse erfolgte sowohl quantitativ als auch qualitativ. Von 205 kontaktierten Angehörigen willigten 143 (70%) in die Teilnahme ein. Nach 90 Tagen zeigte sich bei 47% der Angehörigen Symptome einer PTBS, bei 39% Symptome einer Angststörung und bei 29% Symptome einer Depression. Angehörige, die von erlebten Stressoren berichteten, zeigten mehr PTBS (p = 0,014) und Angstsymptome (p = 0,019). Die häufigsten Stressoren waren Gefühle der Hilflosigkeit und Unsicherheit. Die subjektive Wahrnehmung der Überforderung ist mit erhöhten Werten für PTBS, Angst und Depression (p ≤ 0,001) verbunden. Angehörige von Patienten mit verschlechterter Lebensqualität erhielten höhere Werte im HADS (p = 0,016). Die vorliegende Studie bestätigt die hohe Prävalenz von PICS-F unter Angehörigen von Intensivstationspatienten. Subjektiven Überforderung kann als mögliches neues Screeningtool dienen, um vulnerable Angehörige zu identifizieren. Eine Validierung steht noch aus. Der gemischt methodische Ansatz zur Erfassung von Stressoren und Ressourcen ist eine Stärke dieser Studie.

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