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Effekte einer pränatalen Betamethasongabe auf die Synapsendichte und das serotonerge System im fetalen Schafmodell

Glukokortikoide werden bei einer drohenden Frühgeburt zwischen der 22. und der 34. Schwangerschaftswoche zur Beschleunigung der Lungenreifung beim Fetus eingesetzt. Damit soll das Auftreten eines Atemnotsyndroms verhindert werden, was mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität des geborenen Kindes assoziiert ist. Diese Therapie erhalten ca. 3-6% aller Schwangeren. In mehreren vorangegangen klinischen Untersuchungen am Menschen sowie in tierexperimentellen Studien wurden bereits sowohl akute Effekte als auch Langzeiteffekte einer pränatalen Glukokortikoidtherapie auf das Verhalten sowie das Auftreten neuropsychiatrischer Erkrankungen, insbesondere von Depression, beschrieben. Depressive Störungen werden vorrangig durch eine Störung des serotonergen Systems vermittelt und sind unter anderem auch durch eine Hyperaktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHN-Achse) bedingt. Die Programmierung der HHN-Achse ist bereits gut erforscht. Die Aktivität der HHN-Achse wird pränatal durch epigenetische Mechanismen programmiert. So führen pränatale Glukokortikoide zu einer Desensibilisierung der Glukokortikoidrezeptoren und der negativen Rückkopplung und damit zu einer verstärkten Kortisolausschüttung. Daraus resultiert eine erhöhte Stressempfindlichkeit im späteren Leben. Eine erhöhte Stressempfindlichkeit ist zu Depressionen assoziiert. Im Gegensatz zur Entwicklung der HHN-Achse sind mögliche Änderungen der Entwicklung des serotonergen Systems durch pränatale Glukokortikoide nur unzureichend untersucht. Unsere Hypothese war, dass eine pränatale Betamethasontherapie die Entwicklung des serotonergen Systems stört. Hierbei lag der Fokus auf den 5HT5A- und 5HT7-Rezeptoren aufgrund ihrer Funktion bei dem Auftreten von Depressionen und damit verbundenen Schlafstörungen. Um den globalen Effekt einer Beeinflussung der Entwicklung des serotonergen Systems auf die Hirnentwicklung darzustellen, wurde das neuronale Netzwerk im frontalen Cortex mit untersucht. Hierzu wurde Synaptophysin untersucht, welches in ca. 95% der neokortikalen Synapsen enthalten und transmitterunabhängig ist und somit ein Marker für die für die Synaptogenese darstellt. Damit ist Synaptophysin verantwortlich für die Ausbildung des neuronalen Netzes. Zur Untersuchung wurde das Schaf als Tiermodell angewendet, welches sich schon in vorangegangen Untersuchungen als gutes Tiermodell etablierte, da die Gehirnentwicklung weitestgehend der des Menschen ähnelt und somit besser auf den Menschen übertragen werden kann, als Untersuchungen bei Ratten, die postnatale Hirnentwickler sind. Es wurde Betamethason in der klinisch zur Lungenreifung verwendeten Dosis 2x110g/kg maternal i.m., entspricht damit 2x8mg Betamethason für eine 70kg schwere Schwangere, im Abstand von 24 Stunden zum Zeitpunkt 0,70 der Trächtigkeitsdauer (106./107. Trächtigkeitstag, 150 Trächtigkeitstage) des Schafes verabreicht und die Gehirne zum Zeitpunkt 0,73 der Trächtigkeitsdauer (112. Trächtigkeitstag) entwickelt. Mithilfe der Immunhistochemie stellten wir die Immunreaktivität von den 5HT5A- und 5HT7-Rezeptoren im frontalen Cortex, Nucleus suprachiasmaticus, Locus coeruleus, Nucleus paraventricularis und in den Nuclei pontis dar und untersuchten mögliche Effekte einer pränatalen Glukokortikoidbehandlung. Synaptophysin untersuchten wir im frontalen Cortex. Betamethason führte zu einer signifikanten Verminderung der Synaptophysin-Immunreaktivität im frontalen Cortex (Lamina II/III und Lamina V/VI). Weiter ließ sich eine signifikante Reduktion der 5HT7-Rezeptor-Immunreaktivität im Nucleus suprachiasmaticus und Locus coeruleus, aber nicht im Cortex und den anderen Hirnstrukturen nachweisen. Betamethasoneffekte auf die 5HT5A-Rezeptor-Immunreaktivität ließen sich nicht beobachten. Betamethason nimmt damit Einfluss auf die Hirnentwicklung in Bezug auf die Entwicklung des neuronalen Netzwerkes im untersuchten frontalen Cortex und des serotonergen Systems, insbesondere der 5HT7-Rezeptoren im Nucleus suprachiasmaticus und Locus coeruleus. Möglich ist, dass sich die genannten Hirnstrukturen in einer vulnerablen Phase der Entwicklung befinden und somit pränatal verabreichte Glukokortikoide zu Veränderungen in der Rezeptordichte führen können. Inwieweit die beobachten Effekte reversibel sind, lässt sich anhand dieser Arbeit nicht sagen, da nur die akuten Effekte untersucht wurden. Daher ist es notwendig, dass der Einsatz von pränatalen Glukokortikoiden aufgrund deren vielfältiger Nebenwirkungen in der Klinik sorgfältig abgewogen werden sollte.

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