Untersuchungen der thermischen Submodalität bei Personen mit chronischen Schmerzen

Vor jeder Behandlung steht die Diagnose. Diese stellt im Falle von chronischen Schmerzerkrankungen nicht selten eine große Herausforderung dar. Verschiedene pathophysiologische Mechanismen können bei einer bestimmten chronischen Schmerzerkrankung in unterschiedlichen Kombinationen auftreten. Eine genaue Analyse der sensorischen Beeinträchtigungen und Schmerzsymptome lässt bedingt Rückschlüsse auf die beteiligten Mechanismen zu. Hierfür sind sensitive Diagnostikverfahren von zentraler Bedeutung. Mit der vorliegenden Arbeit wurde das Ziel verfolgt, die Eignung und Anwendungsmöglichkeiten zweier thermischer Stimulationsverfahren, namentlich der Thermoden- und Laser-Stimulation, im Rahmen der mechanismenorientierten Schmerzdiagnostik und Forschung zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden Personen mit unterschiedlichen chronischen Schmerzerkrankungen (postherpetischer Neuralgie, chronischer unspezifischer Rückenschmerz) sowie gesunde Kontrollpersonen experimentell untersucht. Gegenstand der ersten Studie ist ein Vergleich der beiden thermischen Stimulationsmethoden (Thermode vs. Laser) hinsichtlich ihrer diagnostischen Leistung, thermische Funktionsverluste bei Personen mit postherpetischer Neuralgie zu detektieren. Die Studie zeigt, dass das Laser-Stimulationsverfahren eine höhere diagnostische Sensitivität und Spezifität aufweist als das Thermoden-Stimulationsverfahren respektive die daraus abgeleiteten thermischen Parameter der Quantitativen Sensorischen Testung (Detektions-, Unterschieds- und Schmerzschwellen). Die Methode der Laser-Stimulation winziger Hautareale könnte sich als ein nützliches Diagnostikverfahren erweisen, um Schädigungen der dünnen Fasern (Aδ- und C-Fasern) im Rahmen von neuropathischen Schmerzerkrankungen (z.B. PHN, Polyneuropathien) aufzudecken. Die zweite Studie untersucht, ob Personen mit chronischen unspezifischen Rückenschmerzen eine gesteigerte Schmerzsensitivität gegenüber Laser-Hitzestimulation der Haut aufweisen. Weder subjektive Verhaltensparameter (Hitzeschmerzschwellen) noch quasi-objektive hirnelektrophysiologische Parameter (Laser-evozierte Potentiale) lieferten Hinweise für eine thermische Hyperalgesie. Diese Befunde stehen im Gegensatz zu bisherigen Studien, die Belege für eine zentrale Hypersensitivität erbrachten. Die Ergebnisse deuten an, dass das Laser-Verfahren aufgrund seiner Stimulationseigenschaften (kleine Stimulationsfläche, phasische Reizung) als alleinige Methode nicht geeignet ist, eine zentrale Hypersensitivität, beruhend auf zeitlicher sowie räumlicher Summation, abzubilden. Studie drei überprüft im Rahmen einer fMRT-Untersuchung an gesunden Kontrollpersonen, ob Thermoden-Hitzereize mit unterschiedlichen Temperaturanstiegszeiten (2.5 °C/s vs. 7.5 °C/s) geeignet sind, um an der Schmerzmodulation beteiligte Hirnstammstrukturen differentiell aktivieren zu können. Es zeigte sich, dass eine Hitzestimulation mit steilen Temperaturanstiegen (7.5 °C/s) zu größeren Aktivierungen im periaquäduktalen Grau (PAG), der rostralen ventromedialen Medulla (RVM) und dem Nucleus raphe magnus (NRM) führte als Hitzereize mit flachen Temperaturanstiegen (2.5 °C/s). Zudem lösten die beiden Hitzestimulustypen unterschiedliche Schmerzperzepte bzw. -qualitäten aus, welche im Falle der flachen Anstiege mit dem „ersten“ Schmerz (Aδ-Faser vermittelt) und für steile Anstiege mit dem „zweiten“ Schmerz (C-Faser vermittelt) assoziiert sind. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass das verwendete Stimulationsparadigma geeignet sein könnte, um die Funktionsweise des absteigenden Schmerzmodulationssystems zwischen chronischen Schmerzpatienten (z.B. Rückenschmerzpatienten) und gesunden Probanden zu vergleichen.

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