Entwicklung von K-Komplexen als Element des Schlafstadiums NREM 2 im Kindesalter

Das kindliche Schlaf-EEG weist, bedingt durch den Reifungsprozess des zentralen Nervensystems, im Altersgang entscheidende Veränderungen auf. K-Komplexe sind charakteristische Graphoelemente, die spontan als auch durch äußere Reize ausgelöst auftreten können. Sie kennzeichnen den Übergang vom Schlafstadium NREM 1 oder REM zum Stadium NREM 2, bzw. je nach Anteil der Delta-Wellen in der jeweiligen Epoche zum Stadium NREM 3. Die Unterschiede in der Ableittechnik und der Wandel im Definitionsbegriff zu K-Komplexen erlaubt nur eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit vorangegangen Untersuchungen, zumal die Mehrzahl der bisherigen Untersuchungen an erwachsenen Probanden durchgeführt wurden. Zur Entwicklung der K-Komplexe im Kindesalter existieren nach heutigem Kenntnisstand keine direkt vergleichbaren Daten. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Häufigkeit des Auftretens von K-Komplexen im Schlafstadium N2/ NREM 2 und die Ausprägung der Amplitudenhöhe über der frontalen und zentralen Hirnregion bei gesunden Kindern vom Säuglingsalter bis zur Adoleszenz darzustellen, unter Berücksichtigung des physischen Entwicklungsstadiums bei den Kindern und Jugendlichen in der Pubertät. Die in dieser Arbeit ermittelten Normwerte sollen das Scoren der Schlafstadien vereinfachen und die frühzeitige Entdeckung neurologischer und morphologischer Reifeverzögerungen ermöglichen. Es wurden 108 gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von 6 Monaten bis 18 Jahre, aufgeteilt in 9 Altersgruppen, davon 54 weibliche und 54 männliche Probanden über den Zeitraum einer Nacht (first-night) polysomnographisch überwacht. Die Bewertung der K-Komplexe erfolgte im Schlafstadium NREM 2. Die ersten K-Komplexe wurden im Alter von 6 Monaten registriert. Die durchschnittlich ermittelte Anzahl von K-Komplexen (Median/ Interquartilsabstand) erstreckt sich von 2,6/ 1,7 pro Stunde N2 in der Altersgruppe 1 (0,7/ 0,3 Jahre) bis 35,7/ 26,7 pro Stunde N2 in der Altersgruppe 9 (Tanner 5, 16,8/ 1,2 Jahre). Während für die Anzahl der ermittelten K-Komplexe und die Amplitudenhöhe über der frontalen Ableitung ein statistisch signifikanter altersabhängiger Unterschied nachgewiesen werden konnte (Kruskal-Wallis-Test, p<0,01), zeigten sich über der zentralen Region keine signifikanten Veränderungen. In den Altersgruppen 1 (0,7/ 0,3 Jahre) bis 6 (10,9/ 1,4 Jahre) erreichen die Amplitudenwerte in C3 leicht höhere Werte als in F3. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass ab der Altersgruppe 7 (13,3/ 2,1 Jahre) K-Komplexe über der Frontalregion besser zu erkennen sind als über der Zentralregion. Signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede konnten in den Untersuchungen zu dieser Arbeit nicht nachgewiesen werden. Hauptcharakteristika des Schlafstadiums N2 sind Schlafspindeln und K-Komplexe, die abhängig vom Alter in unterschiedlicher Häufigkeit auftreten. Die in der vorliegenden Arbeit ermittelte sehr geringe Häufigkeit von K-Komplexen bei jüngeren Kindern erschwert die Bestimmung der Schlafstadien, was Konsequenzen für die Definition des Schlafstadiums NREM 2 in diesen Altersgruppen hat. Das Stadium N2/ NREM 2 macht altersabhängig etwa ein Drittel bis die Hälfte der Gesamtschlafzeit TST aus. Dies betont die Wichtigkeit der Festlegung auf einheitliche Definitionen bei der Bestimmung dieses Stadiums. Veränderungen in der Frequenz und in der Amplitude des Elektroenzephalogramms kennzeichnen den Prozess der Hirnreifung im Kindesalter. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, analog zur ontogenetischen Entwicklung des präfrontalen Kortex, einen Wandel in der Häufigkeit und Ausprägung von K-Komplexen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit von 3 EEG-Ableitungen für eine polysomnographische Diagnostik zur Erfassung frontaler, zentraler und okzipitaler Aktivitäten. Die ermittelten altersabhängigen Normwerte ermöglichen hierdurch die frühzeitige Erkennung neurologischer Reifeverzögerungen.

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