Geschlechtsbestimmung und Körperhöhenschätzung an Patella, Tibia und Fibula : Untersuchungen am mittelalterlichen Gräberfeld von Dresden Briesnitz

In der vorliegenden Arbeit wurden Skelettfunde des mittelalterlichen Friedhofs von Dresden Briesnitz untersucht. Es handelt sich dabei um die Überreste einer slawisch-deutschen Bevölkerung aus dem zehnten bis Mitte des 13. Jahrhunderts. Ziel der Arbeit ist die Geschlechtsbestimmung und Körperhöhenschätzung der erwachsenen Individuen des Gräberfeldes anhand von Patella, Tibia und Fibula. Dabei sollen die Aussagemöglichkeiten und Grenzen der Methoden aufgezeigt werden. Diese Arbeit erbringt einen Beitrag zur optimalen anthropologischen Bearbeitung des Gräberfeldes. Eine umfangreiche und differenzierte Literaturrecherche behandelt zunächst die bekannten geschlechtsspezifischen Unterschiede an Patella, Tibia und Fibula und gibt einen Überblick über die Möglichkeiten der Geschlechtsbestimmung an den Unterschenkelknochen. Für die Körperhöhenschätzung wurde eine Übersicht über Schätzformeln aus insgesamt 43 Veröffentlichungen für die Tibia und 22 Veröffentlichungen für die Fibula zusammengestellt. Für die Materialaufnahme standen aus dem mittelalterlichen Gräberfeld 73 Funde für die Patella, 156 für die Tibia und 135 für die Fibula zur Verfügung. Teilweise lagen nur eine und teils auch beide Körperseiten vor. Zum Zwecke des Vergleichs wurden außerdem 37 Tibiae und 24 Fibulae rezenter Individuen aus dem mitteldeutschen Raum untersucht. Für alle drei Knochen wurden Messprogramme erarbeitet, die vorwiegend auf den Maßen von Martin (1928), weiterentwickelt durch Martin und Saller (1957) und Bräuer (1988) basieren. Einzelne Maße wurden selbst definiert. Die Reproduzierbarkeit und Messbarkeit der Maße wurde eingeschätzt und diskutiert. Die Untersuchung der Seitenunterschiede ergibt an der Tibia größere Werte für die Längenmaße der linken Seite. Die Breitenmaße der Diaphyse und der distalen Epiphyse zeigen teils signifikant größere Werte für die rechte Seite. Die Patella zeigt links größere Dimensionen. Diese Beobachtungen wurden diskutiert. Die Geschlechtsbestimmung der Individuen erfolgte durch die Analyse aller Einzelmaße und durch die Anwendung von Diskriminanzfunktionen (zwei für die Patella und 26 für die Tibia). Die Eignung der Einzelmaße zur Geschlechtsbestimmung wurde mit Hilfe von Literaturangaben und anhand von eigenen Untersuchungen eingeschätzt: An der Tibia sind die Maße an der distalen Tibiaepiphyse und die Umfangsmaße am Foramen nutricium zur Geschlechtsbestimmung vorzuziehen, da diese Knochenteile besonders häufig erhalten und messbar sind und einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus zeigen. Danach folgen Maße an der proximalen Epiphyse. Wenn die Patella erhalten ist, eignet sie sich gut zur Geschlechtsbestimmung. Bezüglich des Erhaltungszustandes und des kleinen Anteils indifferenter Bestimmungsergebnisse zeigt die Patella sogar bessere Ergebnisse als die Tibia. Die Fibula ist wegen des schlechteren Erhaltungszustandes, der individuellen Formenvielfalt und einem geringeren Geschlechtsdimorphismus weniger zur Geschlechtsdiagnostik geeignet.

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