Deutsche Religion und Deutsche Kunst : Intellektuelle Sinnsuche und kulturelle Identitätskonstruktionen in der Klassischen Moderne

Im Jahre 1908 veröffentlichte der Jenaer Kulturverleger Eugen Diederichs49 einen aufwendig illustrierten Verlagskatalog unter dem Titel »Wege zu deutscher Kultur«. Dieser war eine »Einführung in die Bücher des Verlags Eugen Diederichs«, begriff sich zugleich jedoch als Darstellung der wesentlichen kulturellen Problemlagen seiner Gegenwart.50 Nicht zufällig stand das Kapitel »Lebendige Religion« am Beginn des Almanachs, denn Diederichs hielt seine Bemühungen um eine neue Religion der Deutschen für die unverzichtbare Basis jeglicher kultureller Regeneration der modernen Gesellschaft – einer Regeneration, die er für notwendig erachtete und bereits im Jahre seiner Leipziger Verlagsgründung 1896 mit dem Schlagwort der »neuen Renaissance« etikettiert hatte.51 Die Idee, dass »die Epoche der Automobile geistige Ruhepunkte nötiger als irgendeine andere« habe,52 beschäftigte Diederichs zeitlebens und war das zentrale Motiv seiner verlegerischen Religionspolitik, in der sich sein Spürsinn für die wesentlichen Themen der Epoche ebenso ausdrückte wie sein ganz persönliches Ringen um eine religiöse Grundhaltung. In seinem Katalog »Wege zu deutscher Kultur« dekretierte der Verleger, den man später als »Sankt Eugen aus Jena« karikiert hat: »Die Religion soll nicht mehr Geschäftsführerin für ein außerweltliches Wesen, sondern Schöpfung der Welt sein. Dieser wurzelhafte Unterschied rechtfertigt den Satz: Das moderne religiöse Empfinden verhält sich zum lutherischen der Reformation wie dieses zum mittelalterlichen Katholizismus«.

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