Soziale Gerechtigkeit und das Gesundheitssystem – Zur Versorgungssituation geflüchteter Kinder und Jugendlicher

  • Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Zusammenhang der gesundheitlichen Versorgung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Deutschland und der sozialen Gerechtigkeit. Ziel ist es, die im deutschen Gesundheitssystem verorteten Prinzipien auf ihre Funktion im Sinne einer Startchancengerechtigkeit hin zu untersuchen. Die Funktionen und Instrumente des deutschen Gesundheitssystems müssen sich ebenso einer gerechtigkeitsethischen Debatte unterwerfen, wie die des Bildungssystems, wenn sie durch ihre Zugänge oder Verwehrungen zu unterschiedlichen Startchancen beitragen. Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen, die vor allem im Jahr 2015 nach Deutschland kamen, stellen nicht bloß aufgrund ihrer besonderen lebensgeschichtlichen Beeinträchtigungen eine besondere Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem dar, sondern geben Anlass zur Überprüfung des Systems auf seine moralischen und gerechtigkeitsethischen Prinzipien. Zunächst wird eine Hinführung zur heutigen Vorstellung sozialer Gerechtigkeit unternommen, die sich begründet auf historischen Konstrukten über die Idee eines gerechten Miteinanders. Geklärt wird, unter welchen Anwendungsbedingungen soziale Gerechtigkeit bestehen kann und wie sich normative politische Gerechtigkeitstheorien voneinander unterscheiden. Differenziert werden kann zudem, ob soziale Gerechtigkeit eine Eigenschaft der Verfahren oder eine Eigenschaft der Ergebnisse ist. Zur Überprüfung der sozialen Gerechtigkeit als rechtliche Norm und zur Überprüfung einer normativen Gesundheitsgerechtigkeit wird neben der deutschen Verfassung ebenfalls ausführlich auf die UN-Kinderrechtskonvention eingegangen. Bezugnehmend auf den Zusammenhang von Gesundheit und sozialer Ungleichheit wird zudem der Begriff der gesundheitlichen Ungleichheit erläutert, wobei die Public-Health-Theorien dabei als bedeutender Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit genannt werden. Der konkreten Überprüfung der gesundheitlichen Versorgung geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Deutschland wird eine Zielgruppenbestimmung vorangestellt. Exemplarisch werden weiterhin gesundheitliche Versorgungskonzepte im Umgang mit kultureller Vielfalt angeführt. Um ausführlich auf die besonderen Herausforderungen eingehen zu können, die geflüchtete Kinder und Jugendliche bei der Versorgung durch das deutsche Gesundheitssystem mit sich bringen, muss zunächst eine Abgrenzung vom rein bio-medizinischen Denken unternommen werden. Die Bedingungsfaktoren über die Entstehung oder Chronifizierung einer Erkrankung sind nur zu einem Teil biologische; es sind ebenso soziale wie psychische Determinanten. Besondere Gewichtung erhalten die psychischen Faktoren in Form von psychischen Störungen, da sie zum einen die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen, zum anderen massiv die Teilhabe an vielen Lebensbereichen behindern. Die sozialen Determinanten sind einerseits die Lebens- und Wohnumstände, in welchen sich die jungen Flüchtlinge in Deutschland wiederfinden, die zuweilen zu einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes beitragen. Es sind jedoch auch die restriktiven rechtlichen Normen - gekoppelt an den politisch-rechtlichen Status –, die eine adäquate gesundheitliche Versorgung verwehren. Es wird des Weiteren auf die Hürden der sprachlichen Teilhabe am Behandlungsprozess sowie auf die der unterschiedlichen Verständnisse von Krankheit, Gesundheit und Werten eingegangen. Als ein besonders anschauliches Konzept der sozialen Gerechtigkeit wird das „Magische Viereck der sozialen Gerechtigkeit“ nach Becker & Hauser herangezogen. Vor allem der Teilaspekt der Chancengleichheit stellt für die Inhalte dieser Arbeit eine besondere Relevanz dar. Das deutsche Gesundheitssystem ist als ein staatliches Instrument dazu befähigt, Ungleichheiten, denen junge Flüchtlinge aufgrund ihres prekären Starts ins Leben ausgesetzt sind, entgegen zu wirken und dadurch eine Annäherung zur Chancengleichheit zu schaffen. Abschließend werden die Inhalte dieser Arbeit diskutiert sowie mögliche Handlungsansätze der Klinischen Sozialarbeit skizziert.

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Metadaten
Verfasserangaben:Bernadette Felder
URN:urn:nbn:de:bvb:860-opus4-2505
Gutachter/Betreuer:Christoph Fedke
Dokumentart:Masterarbeit
Sprache:Deutsch
Jahr der Fertigstellung:2019
Veröffentlichende Institution:Hochschule für Angewandte Wissenschaften Landshut
Titel verleihende Institution:Hochschule für Angewandte Wissenschaften Landshut
Datum der Freischaltung:10.11.2020
GND-Schlagwort:Soziale GerechtigkeitGND; Medizinische VersorgungGND; FlüchtlingGND; MinderjährigerGND
Seitenzahl:108
Fakultät / Institut:Fakultät Soziale Arbeit
Lizenz (Deutsch):Keine Creative Commons Lizenz (es gilt das deutsche Urheberrecht)