Klinische Erfahrungen mit und Prädiktoren für den Therapieerfolg von Vedolizumab bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
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Zusammenfassung Klinische Erfahrungen mit und Prädiktoren für den Therapieerfolg von Vedolizumab bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen: eine Kohortenstudie Hintergrund und Ziele Die Auswahl an Therapieoptionen zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) nimmt stetig zu. Allerdings sind alle verfügbaren Alternativen nur bei einem Teil der Patienten wirksam und eine Vorhersage des Therapieerfolgs ist bislang nicht möglich. Dementsprechend ist die Etablierung von Biomarkern und Tools für die Prädiktion des individuellen Ansprechens zur Personalisierung der Behandlung von großer Bedeutung. Der monoklonale anti-α4β7-Integrin Antikörper Vedolizumab (VDZ) gehört zu den bewährten Behandlungsoptionen für Morbus Crohn (MC) und Colitis Ulcerosa (CU). Da VDZ primär auf im Blut zirkulierende Immunzellen wirkt, setzt der Effekt des Medikaments verzögert ein. Eine Vorhersagemöglichkeit des Ansprechens wäre somit besonders wünschenswert. Obwohl schon einige potenzielle Biomarker zu Prädiktionszwecken untersucht werden, wäre eine Prädiktion auf Basis von klinischen Patientencharakteristika in der Praxis einfacher umzusetzen. In einer retrospektiven Datenanalyse von Patienten unter Therapie mit VDZ am Universitätsklinikum Erlangen sollten daher routinemäßig und einfach zu bestimmende klinische Parameter hinsichtlich der Eignung zur Vorhersage des Therapieerfolgs untersucht werden. Methoden: Patienten und Studienendpunkte Für die retrospektive Datenanalyse wurden alle Patienten mit CU und MC analysiert, die zwischen Juni 2014 und Mai 2020 in der Medizinischen Klinik 1 des Universitätsklinikums Erlangen mit VDZ therapiert wurden. Insbesondere wurden die Patientencharakteristika bei Therapiebeginn sowie das Ansprechen auf die Therapie auf Basis der klinischen Scores „Partial Mayo Score“ (PMS) für CU und „Harvey Bradshaw Index“ (HBI) für MC ausgewertet. Als primärer Endpunkt wurde die klinische Remission zum Zeitpunkt der fünften Gabe von VDZ definiert. Sekundäre Endpunkte waren die kortikoidsteroid-freie Remission zur fünften Infusion beziehungsweise nach einem Jahr mit VDZ, die klinische Remission nach einem Jahr Therapie und die endoskopische Remission bei CU im Therapieverlauf. Des Weiteren wurde die Therapiefortführung der Patienten über einen Zeitraum von maximal drei Jahren evaluiert. Ergebnisse und Beobachtungen In die Studie konnten 181 CED-Patienten eingeschlossen werden, von denen 106 an CU und 75 an MC erkrankt waren. Nach durchschnittlich 17 Wochen bzw. zur fünften Gabe von VDZ erreichten 36% der CU-Patienten und 35% der MC-Patienten den vorher definierten primären Endpunkt der klinischen Remission. Den sekundären Endpunkt der kortikosteroid-freien Remission zur fünften Infusion erzielten 29% der jeweiligen Patientengruppe. Die über den Zeitraum von einem Jahr mit VDZ Behandelten mit CU und MC erreichten zu 71% bzw. 64% die klinische Remission und zu 68% bzw. 56% die steroid-freie Remission. Patientencharakteristika bei Therapieeinleitung wurden in univariaten Analysen mit dem Erreichen dieser Endpunkte korreliert. Ausgewählte Parameter wurden in einem weiteren Schritt in einer multivariaten Regressionsanalyse überprüft. In dieser stellte sich bei CU ein niedriger PMS als unabhängiger Prädiktor zur Voraussage der klinischen, steroid-freien und endoskopischen Remission heraus. Zusätzlich konnte der Hämoglobin (Hb)-Wert für die frühzeitige steroid-freie Remission als Prädiktionsfaktor identifiziert werden. In der Gruppe der MC-Patienten bestätigte sich im multivariaten Modell ein niedriger HBI als unabhängiger Vorhersagewert für die Remission bei fünfter Medikamentengabe heraus. Anti-TNF-α-Vortherapie und das Alter der Patienten zum Zeitpunkt der diagnostischen Sicherung der CED waren unabhängig mit der frühzeitigen steroid-freien Remission der MC-Patienten assoziiert. Nach drei Jahren waren 42.6% der CU-Patienten und 28.4% der MC-Patienten weiterhin unter Behandlung mit VDZ. Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass VDZ unter „Real-World“-Bedingungen eine effektive Therapieoption bei CED darstellt. Hohe klinische Aktivitätsscores zu Therapiebeginn und die Vortherapie mit Anti-TNF-α Antagonisten sind mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolgs von VDZ assoziiert. Dies steht im Einklang mit den Beobachtungen anderer Autoren. Zudem scheint mit dem Hb-Wert ein klinisch standardmäßig erhobener Parameter als Prädiktionsfaktor für die Wirksamkeit von VDZ geeignet zu sein. Insgesamt schaffen die erhobenen Daten ein besseres Verständnis für die Anwendung und Initiierung von VDZ und können zur Individualisierung von Behandlungskonzepten beitragen.