Energiesektoren-übergreifende Lastspitzenreduktion mit elektrischen und thermischen Energiespeichern

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2021-08-09
Issue Year
2021
Authors
Lange, Christopher
Editor
Abstract

Peak loads cause high and unpredictable loads on the power grids and increased transmission losses in the distribution networks. The compensation of short-term high electrical energy demand also requires inefficient and expensive peak load power plants as well as oversized grid components. In order to achieve an electrical energy demand by larger consumers that is as even as possible, the grid operators set financial incentives. These include a demand rate, which depends on the maximum power value during the billing period. A reduction of the peak loads thus opens up high savings potentials for industrial and commercial companies.

The methodology and application of peak shaving across different energy sectors as well as the influence on the energy system are investigated in the present thesis. In addition to electrical energy storage systems, thermal plants are also used for peak shaving to increase the reduction potential, which is different from existing literature. This includes heat and cold water supply systems, which are often part of industrial energy systems. The thesis focuses on a combined heat and power plant with heat energy storage and a cooling plant with cold thermal energy storage. However, the approach can be transferred to similar components. The energy storages provide the flexibility, which is needed for the additional usage of the plants for peak shaving. Data-based models are used to represent the behavior of the components (plants, energy storages and peripherals) in simulations, which enable a non-invasive investigation of the cross-sectorial peak shaving.

Peak shaving with the plants and storages requires algorithms and operational strategies for the detection of relevant peak loads, calculation of setpoints as well as for the operation in normal and peak modes. In comparison to the state of the art, relevant characteristics of the components (e.g. startup procedures) are fully taken into account. The methods can be transferred to fields, which were not considered in the thesis, e.g., compressed air and air reservoir. The overall objective is to comply with a power limit, which can be varied over time to apply for individual network fees like atypical network usage.

The models and operational strategies are merged in an expandable and flexible simulation environment. This is used to present and investigate various scenarios as well as to optimize components and parameters. The components are linked dynamically within the program via a netlist, which greatly simplifies extensions and thus enables extensive investigations. The simulations show that a battery is necessary to observe a predefined load limit, as it can be operated very dynamically and provides a continuously variable output power. In the first scenario, a battery system is considered. A peak shaving potential of about 10 % is determined for the parameters of a reference system, which shows load peaks in the range of one Megawatt. This leads to a payback time of less than five years. With the additional consideration of a combined heat and power plant with thermal energy storage this value increases to approx. 18 %. A combination with a cold thermal energy storage shows a potential of 21 %. This leads to an annual saving of 21 thousand euros assuming a demand rate of 100 euros per kilowatt. A second annual data set from the reference system confirms a similar impact of the measures on total savings. If the normal operation of the CHP is also taken into account, the savings are in the range of 139 thousand euros per year, which results in a payback period of less than three years. As the absolute results are strongly dependent on the plant dimensions, a method for the calculation of the reduction potential with variation of nominal power and capacity of the plants and storages is shown and applied for numerous parameter sets.

The algorithms and operational strategies were implemented into a reference system. It provides measurements, which are used for validation of the simulations. Compared to the measurements, only minor differences with a mean absolute error of four kilowatts occur for the resulting transformer power. The present thesis thus provides an approach for planning and realization of the successful cross-sectorial peak shaving. The thesis also illustrates the exemplary application of component dimensioning, optimization of algorithm parameters and implementation of operation strategies in a real system.

Abstract

Lastspitzen verursachen hohe und unvorhersehbare Belastungen der Stromnetze sowie erhöhte Übertragungsverluste in den Verteilnetzen. Die Kompensation kurzzeitig hoher Nachfragen nach elektrischer Energie erfordert zudem ineffiziente und teure Spitzenlastkraftwerke sowie entsprechend dimensionierte Netzkomponenten. Um einen gleichmäßigeren Bezug größerer Stromabnehmer zu erreichen, werden seitens der Netzbetreiber finanzielle Anreize gesetzt. Dazu gehört der Leistungspreis, welcher mit der im Abrechnungszeitraum maximal aufgetretenen Leistung verrechnet wird. Eine Reduktion der Lastspitzen eröffnet Industrie- und Gewerbebetrieben dadurch hohe Einsparpotentiale.

In der vorliegenden Arbeit werden das Vorgehen und die Anwendung einer Energiesektoren-übergreifenden Reduktion von Lastspitzen sowie der Einfluss auf das zugrunde liegende Energiesystem untersucht. Im Gegensatz zur bestehenden Literatur werden neben elektrischen Speichern zusätzlich Anlagen aus dem thermischen Bereich für die Lastspitzenreduktion verwendet, um das Reduktionspotential zu erhöhen. Dazu gehören Versorgungsanlagen aus der Wärme- und Kältetechnik, welche häufig einen Bestandteil von industriellen Energiesystemen darstellen. Schwerpunktmäßig werden ein Blockheizkraftwerk mit Wärmespeicher sowie eine Kälteerzeugungsanlage mit Kältespeicher betrachtet. Die Vorgehensweise ist dabei auch auf andere Komponenten übertragbar. Die Energiespeicher ermöglichen die nötige Flexibilität, um eine zusätzliche Nutzung der Anlagen für die Lastspitzenreduktion zu erreichen. Die Einzelkomponenten (Anlagen, Speicher und Peripherie) werden mit Hilfe von datenbasierten Modellen abgebildet, um eine simulative und somit nicht-invasive Untersuchung der Energiesektoren-übergreifenden Lastspitzenreduktion zu ermöglichen.

Für den Einsatz der Anlagen zur Lastspitzenreduktion werden Algorithmen und Betriebsstrategien entwickelt, welche die Notwendigkeit einer Lastspitzenreduktion erkennen, Sollwerte berechnen sowie den Normal- und Lastspitzenbetrieb sicherstellen. Im Vergleich zum Stand der Wissenschaft und Technik werden dabei alle relevanten Charakteristika der Komponenten (z. B. Anfahrvorgänge) vollständig berücksichtigt. Die Betriebsstrategien werden als Zustandsautomaten formuliert, um eine Realisierung auf realen Anlagensteuerungen zu ermöglichen. Die Methoden lassen sich zudem auf in der vorliegenden Arbeit nicht betrachtete Bereiche übertragen, wie z. B. auf Druckluftkompressoren mit Druckluftspeicher. Das übergeordnete Ziel ist dabei die Einhaltung einer vorgegebenen Bezugsgrenze. Diese kann auch zeitlich variabel sein, was die Anwendung von individuellen Netzentgelten, insbesondere der atypischen Netznutzung, ermöglicht. Auch die Erreichung einer Jahresbenutzungsdauer von 7000 Stunden im Kontext der intensiven Netznutzung wird thematisiert.

Die Modelle und Betriebsstrategien werden in einer erweiterbaren und flexiblen Simulationsumgebung zusammengeführt und verknüpft, um konkrete Szenarien darzustellen und zu untersuchen sowie die Komponenten und Parameter zu optimieren. Innerhalb der Simulation werden die Komponenten dynamisch über eine Netzliste verknüpft, was Erweiterungen stark vereinfacht und dadurch umfangreiche Untersuchungen ermöglicht. Die Simulationen zeigen, dass zur zuverlässigen Einhaltung einer Bezugsgrenze stets eine Batterie notwendig ist, da diese eine schnelle Reaktionszeit sowie eine stufenlose Ausgangsleistung aufweist. Das Batteriesystem wird im ersten Szenario isoliert betrachtet. Für die Parameter eines Referenzsystems, welches Lastspitzen in der Größenordnung von einem Megawatt aufweist, wird ein Reduktionspotential von etwa 10 % ermittelt. Dies führt zu einer Amortisationszeit von unter fünf Jahren. Bei der zusätzlichen Berücksichtigung eines Blockheizkraftwerks mit Wärmespeicher steigt dieser Wert auf ca. 18 %. In Kombination mit einem Kältespeicher wird das Potential weiter gesteigert auf 21 %. Bei einem Leistungspreis von 100 Euro pro Kilowatt führt das zu einer jährlichen Ersparnis von etwa 21 Tausend Euro. Ein zweiter Jahresdatensatz aus dem Referenzsystem zeigt einen ähnlichen Einfluss der Maßnahmen auf die Gesamtersparnis. Wird auch der wärmegeführte Betrieb des BHKW berücksichtigt, liegt die Ersparnis in einer Größenordnung von 139 Tausend Euro pro Jahr, was in einer Amortisationszeit von unter drei Jahren resultiert. Da die Ergebnisse stark von den Anlagendimensionen abhängig sind, wird zudem eine Methode zur Berechnung des Reduktionspotentials unter Variation der Nennleistungen und -kapazitäten gezeigt und für zahlreiche Parametersätze angewandt.

Die Betriebsstrategien wurden im Referenzsystem implementiert, welches Messergebnisse für die Validierung der Simulationen bereitstellt. Die Simulationen zeigen im Vergleich zu den Messungen sehr geringe Abweichungen in der resultierenden Trafoleistung bei einem mittleren absoluten Fehler von maximal vier Kilowatt. Die vorliegende Arbeit liefert somit die Vorgehensweise für die Planung und Umsetzung einer erfolgreichen Energiesektoren-übergreifenden Lastspitzenreduktion und beleuchtet die exemplarische Anwendung der Dimensionierung von Komponenten, Optimierung von Algorithmusparametern sowie die Implementierung der Betriebsstrategien in einem realen System.

DOI
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