GIS- und fernerkundungsgestützte Analyse und Visualisierung von Klima- und Gletscheränderungen im nördlichen Tien Shan (Kasachstan/Kyrgyzstan) - mit einem Vergleich zur Bernina-Gruppe/Alpen

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2006-09-25
Issue Year
2006
Authors
Bolch, Tobias
Editor
Abstract

This study presents the variations in temperature and precipitation as well as a GIS- and remote sensing supported analysis of in glacier changes since the end of the Little Ice Age, focusing on six valleys in northern Tien Shan with different climatic conditions and the Bernina Group/Swiss Alps. Digital elevation models (DEMs) constitute an important data base for this study. Comparisons of the SRTM3-DEM with the DHM25 of Switzerland and with DEMs generated from topographic maps show very precise elevation figures for the SRTM3-DEM, which are, however, a little too low on average. Data gaps in high mountains can be filled with ASTER data. ASTER-DEMs are of higher resolution than the SRTM3-DEM, but have higher height inaccuracies and also gaps. Regionalization of temperature and precipitation conditions as well as the modeling of potential direct solar radiation enables the different climatic conditions at glacier regions of the valleys investigated in northern Tien Shan to be determined. Trend analysis for the period from 1879 to 2000 at 16 climate stations indicates a temperature increase of about 0.8 K/100a for the period 1900 to 2000 and about 2.0 K/100a on average for the second half of the last century. The increase was due mainly to a temperature rise in autumn and winter. The increase is less pronounced in mountainous areas, but still obvious. Although the temperature increase at the the Bernina Group/Alps is, in general, similar to that of the northern Tien Shan, its development can be described as contracyclical. In terms of precipitation, there was a small increase in both areas on average, but no clear trend. The snow and ice coverage was successfully delineated using segmented TM4/TM5-ratio images of Landsat ETM+ scenes from the year 1999. However, the identification of debris-covered glacier parts poses problems. The margins of the valley glaciers become clearly visible using a morphometric analysis. The delineated glacierized areas are compared with those of the Soviet glacier inventory from the middle of the 1950s, with glacier areas from the late 1970s from topographic maps, with data from 1990 from the recent Kazakh glacier inventory and with the moraines of the Little Ice Age. As in the Alps, the trend in northern Tien Shan has been toward a strong glacier melt since the end of Little Ice Age. The mean decrease in glacier extent was in average almost 33% between 1955 and 1999 in the investigated valleys. From 1979 to 1999 there was ~20% loss of glacierized area. The average retreat is therefore slightly higher than in the Swiss Alps. This retreat is nevertheless not homogeneous, but depends strongly on the size, location and climate regime at the glaciers. On the whole, the retreat of the more maritime glaciers at the northern slope is greater than that of the more continental glaciers. This can be explained by the extended ablation period resulting from the increase in autumn temperatures. In contrast, the area loss of the continental-type glaciers with very predominant summer accumulation was in some parts conspicuously less. This is consistent with the minor increase in summer temperatures. However, under drier conditions with high solar radiation input the areal retreat of continental-type glaciers can be even more pronounced than that of more maritime glaciers. Accompanying studies on the melting of permafrost and the movement of rock glaciers also clearly indicate a temperature increase.

Abstract

In der vorliegenden Arbeit werden GIS- und fernerkundungsgestützte Analysen der Temperatur- und Niederschlagsvariationen sowie der Gletscheränderungen seit dem Ende der Kleinen Eiszeit in sechs klimatisch verschiedenen Untersuchungstälern des nördlichen Tien Shan und in der Bernina-Gruppe/Schweizer Alpen vorgestellt. Digitale Geländemodelle (DGM) stellen wichtige Grundlagen dar. Der Vergleich des SRTM3-DGM mit dem DHM25 der Schweiz und mit DGM aus Höhenlinien zeigt, dass das SRTM3-DGM im Durchschnitt etwas zu niedrig, insgesamt jedoch von hoher Lage- und Höhengenauigkeit ist. Existierende Datenlücken des SRTM3-DGM im Hochgebirge können mit ASTER-DGM gefüllt werden. Ein DGM aus ASTER-Daten ist auf Grund der höheren Auflösung detaillierter als das SRTM3-DGM, besitzt jedoch besonders bei extremen Reliefbedingungen oft Höhenungenauigkeiten sowie ebenfalls Datenlücken. Die Regionalisierung der Temperatur- und Niederschlagsbedingungen sowie die Strahlungsmodellierung dienen zur Quantifizierung der Klimaverhältnisse im Bereich der Gletscher. Trendanalysen für die Periode von 1879 bis 2000 von 16 Klimastationen zeigen im nördlichen Tien Shan einen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur um ca. 0,8 K/100a für die Periode von 1900 bis 2000 und um ca. 2,0 K/100a für die zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Erwärmung ist besonders auf den Anstieg der Herbst- und Wintertemperaturen zurückzuführen. In den Gebirgsbereichen ist die Erhöhung schwächer ausgeprägt als im Tiefland. Die Temperaturerhöhung im Bereich der Bernina-Gruppe ist im Durchschnitt ähnlich jener des nördlichen Tien Shan, jedoch ist die Entwicklung eher antizyklisch verlaufen. Die Niederschläge sind sowohl im nördlichen Tien Shan als auch in der Bernina-Gruppe im Durchschnitt leicht angestiegen; einen eindeutigen Trend gibt es allerdings nicht. Die Schnee- und Eisbedeckung konnte anhand von segmentierten TM4/TM5-Ratio-Bildern von Landsat-ETM+-Szenen aus dem Jahr 1999 mit hoher Genauigkeit abgegrenzt werden. Problematisch ist hingegen die Identifizierung der schuttbedeckten Bereiche. Mit Hilfe einer morphometrischen Analyse können die Ränder der mächtigeren Gletscherzungen inklusive der schuttbedeckten Bereiche identifiziert werden. Als Vergleichsdaten dienen insbesondere Daten von 1955 aus dem Sowjetischen Gletscherkatalog sowie Moränenstände vom Ende der Kleinen Eiszeit, Gletscherstände vom Ende der 1970er Jahre aus topographischen Karten und Daten von 1990 aus dem Kasachischen Gletscherkatalog. Die Gletscher im nördlichen Tien Shan schmelzen wie in den Alpen seit dem Ende der Kleinen Eiszeit tendenziell stark zurück. Der Rückgang der vergletscherten Fläche beträgt in den untersuchten Tälern zwischen 1955 und 1999 im Durchschnitt ca. 33%. Von 1979 bis 1999 betrug der Flächenverlust der Gletscher aller Täler ca. 20%. Der durchschnittliche Verlust der vergletscherten Flächen ist somit etwas höher als in den Schweizer Alpen. Der Rückgang der Gletscher verläuft jedoch nicht homogen, sondern ist neben der Gletschergröße in entscheidendem Maße vom Niederschlagsregime sowie von den Strahlungsbedingungen abhängig. Tendenziell ist der Rückgang bei den maritimeren Gletschern der Nordabdachung stärker als bei kontinentaleren Gletschern. Dies kann durch den stärkeren Temperaturanstieg in den Herbstmonaten und die dadurch bedingte verlängerte Ablationsperiode erklärt werden. Der Flächenverlust der kontinentalen Gletscher, die ihren Massenzuwachs zum weit überwiegenden Teil in den Sommermonaten erhalten, ist dagegen wahrscheinlich auf Grund des deutlich geringern Anstiegs der Sommertemperaturen kleiner. Bei geringen Niederschlägen und hohem Strahlungsgenuss kann der Flächenverlust der kontinentalen Gletscher jedoch auch höher sein als der der maritimeren. Begleitende Beobachtungen zu Permafrost und Blockgletscherbewegungen verdeutlichen, dass auch hier klare Signale einer Temperaturerhöhung wahrzunehmen sind.

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