Casimir Christoph Schmidel (1718-1792) und seine Korrespondenz mit Johann Ambrosius Beurer (1716-1754)

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2010-12-22
Issue Year
2010
Authors
Henglein, Dominik Klaus Michael
Editor
Abstract

Subject of this thesis are the letters of Casimir Christoph Schmidel (1718-1792) to Johann Ambrosius Beurer (1716-1754), which are part of the Trew Letter Collection of the University Library Erlangen-Nuremberg. It is the objective of this work to analyse their correspondence, to highlight its main topics and explain them against the medico-historical background of the Age of Enlightenment. Casimir Christoph Schmidel, a physician, a botanist, the first professor of anatomy at the University of Erlangen, and Johann Ambrosius Beurer, chemist at the Heilig-Geist-Spital Nuremberg, had an intense correspondence. Schmidel’s oldest still existing letter dates back to the year 1746, their contact, however, went on until Beurer’s death in 1754. The edition of these letters revealed two main topics: the academic dispute of Schmidel with Albrecht von Haller (1708-1777), professor of anatomy at Göttingen, and the practice of scientific collecting during the Age of Enlightenment. In the first part of this thesis, the academic dispute with Albrecht von Haller was analysed. Their controversy arising over the origin of the sympathetic trunk escalated when it came to the publication of the botanical legacy of the Swiss polymath Conrad Gesner (1516-1565). It was not limited to Schmidel and Haller, but also involved Beurer and his great patron and friend, the physician and naturalist Christoph Jacob Trew (1695-1769). Only at the beginning was their quarrel fought out in direct correspondence. Later it was continued indirectly through Beurer’s and Trew’s offices, who were important links in the letter networks of the two opponents. Both Schmidel and Haller tried to convince them of their incompatible points of view. But with Beurer and Trew avoiding a firm stand and trying to stay neutral, the conflict was never resolved. As a result, all the people involved in the dispute distanced themselves from each other. The controversy itself was of long duration. Covering more than a quarter of a century, it became a substantial and significant part of the lives of all the people involved. In the second part of this thesis, the practice of scientific collecting as presented in the letters was displayed and explained against the background of scientific research during the Age of Enlightenment. Many different aspects and methods of scientific collecting are revealed in these letters. The correspondence provides important insights into the multitude of domains which were closely linked to collecting during the 18th century. Collecting did not only imply the mere gathering of objects. By means of observation, sorting, classification, recording and publication it also played an important role in the formation of natural science. Thus collecting stood both at the beginning and at the centre of scientific work at the Age of Enlightenment. In their correspondence Schmidel and Beurer present themselves as typical scholars of the 18th century. The physician from Erlangen and the chemist from Nuremberg showing both keen interest in collecting and researching, they developed an academic relationship based on their passion for the natural sciences. Their most important means of communication was letter writing. The scholarly network as presented in the correspondence reveals its importance not only in the scientific activity of collecting, but also in the academic dispute of Schmidel and Haller. Trew and Beurer were involved in this argument mainly because they were an important link in the letter networks of the two opponents and because they provided an opportunity to get into contact with scholars all over Europe. To conclude, the correspondence does not only provide an exemplary insight into the republic of letters, but also a deep understanding of a friendship between two naturalists of the 18th century. By interpreting and analysing this collection of letters and by presenting the biographies of Schmidel and Beurer, this thesis is to be understood as a contribution to the medical history of the Age of Enlightenment as well as to the early history of the Friedrich-Alexander-University of Erlangen-Nuremberg.

Abstract

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind die Briefe von Casimir Christoph Schmidel (1718-1792) an Johann Ambrosius Beurer (1716-1754) aus der Briefsammlung Trew der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg. Ziel der Arbeit war es, den Briefwechsel zu erschließen, inhaltliche Schwerpunkte herauszuarbeiten und sie vor dem medizinhistorischen Hintergrund der Aufklärung zu erläutern. Casimir Christoph Schmidel, Arzt, Botaniker, erster Professor für Anatomie an der Universität Erlangen und Johann Ambrosius Beurer, Apotheker am Nürnberger Heilig-Geist-Spital, führten eine dichte Korrespondenz miteinander. Der erste erhaltene Brief Schmidels datiert auf das Jahr 1746, der Kontakt der Beiden dauerte an bis zum Tod Beurers im Jahr 1754. Aus der Edition dieser Schreiben eröffneten sich zwei hauptsächliche Themenkomplexe: der Gelehrtenstreit Schmidels mit dem Göttinger Anatomieprofessor Albrecht von Haller (1708-1777), und die Praxis wissenschaftlichen Sammelns zur Zeit der Aufklärung. Im ersten Teil wurde der Gelehrtenstreit mit Albrecht von Haller untersucht. Der Streit wurde zunächst um den Urspung des Truncus sympathicus geführt und eskalierte mit der Auseinandersetzung über die Herausgabe des botanischen Nachlasses des Schweizer Universalgelehrten Conrad Gesners (1516-1565). Diese Auseinandersetzung beschränkte sich nicht nur auf Schmidel und Haller, sondern bezog auch Beurer und dessen großen Gönner und Freund, den Nürnberger Arzt und Naturforscher Christoph Jacob Trew (1695-1769) mit ein. Der Streit zwischen den Beiden wurde dabei nur anfangs im direkten Briefkontakt ausgetragen. Nach Abbruch der Korrespondenz zwischen Schmidel und Haller wurde der Streit indirekt über die Schreibpulte von Beurer und Trew weitergeführt, die wichtige Knoten-punkte in den Briefnetzwerken der Rivalen besetzten. Sowohl Schmidel als auch Haller versuchten, die beiden Gelehrten für ihre jeweiligen Standpunkte zu gewinnen und zu vereinnahmen. Da die Nürnberger es jedoch vermieden, eine klare Stellung zu beziehen, und stets bemüht waren, ihre Neutralität zu wahren, kam es nie zu einer Klärung des Streites. Was folgte, war eine Distanzierung aller Beteiligten untereinander. Die Auseinandersetzung selbst war sehr langwierig, mit über einem Vierteljahrhundert Dauer spielte sie eine bedeutende Rolle im Leben aller Beteiligten. Im zweiten Teil wurde die in den Briefen beschriebene Praxis des wissenschaftlichen Sammelns dargestellt und vor dem Hintergrund der Wissenschaftspraxis der Aufklärung erläutert. In den Briefen offenbart sich eine Vielzahl verschiedener Aspekte und Methoden gelehrten Sammelns. Anhand der Korrespondenz zeigt sich exemplarisch, welche Teilbereiche das Sammeln im 18. Jahrhundert mit einschloß. Das Sammeln umfaßte dabei nicht nur das bloße Zusammentragen von Objekten, sondern auch deren Systematisierung durch genaues Beobachten, Ordnen und Klassifizieren, sowie die Nutzbarmachung der Präparate durch ihre Dokumentation und Publikation. Das Sammeln stand am Anfang und zugleich auch im Zentrum des wissenschaftlichen Arbeitens zur Zeit der Aufklärung. Schmidel und Beurer präsentieren sich in ihrer Korrespondenz als typische Gelehrte des 18. Jahrhunderts. Zwischen dem Erlanger Arzt und dem Nürnberger Apotheker entwickelte sich aus dem gemeinsamen Interesse für das Sammeln und Forschen heraus eine Gelehrtenbeziehung, der als Basis die Leidenschaft für die Naturwissenschaften zugrunde lag. Als wichtigstes Kommunikationsmedium diente ihnen dabei der Brief. In der Korrespondenz offenbart sich die Bedeutung des Gelehrtennetzwerkes nicht nur in der wissenschaftlichen Tätigkeit des Sammelns, sondern auch im Gelehrtenstreit zwischen Schmidel und Haller. Trew und Beurer wurden mit in die Streitigkeiten einbezogen, weil sie gleichzeitig einen wesentlichen Schnittpunkt in den Briefnetzwerken beider Kontrahenten darstellten und eine Kontaktmöglichkeit zu Gelehrten in ganz Europa boten. Damit bietet die Korrespondenz einen exemplarischen Einblick in die Gelehrtenrepublik und ist zugleich ein Beispiel für eine Freundschaft zwischen zwei Naturforschern des 18. Jahrhunderts. Durch die Erschließung und Analyse dieses Briefkonvoluts und durch die Bearbeitung der Biographien von Schmidel und Beurer versteht sich diese Arbeit sowohl als Beitrag zur Medizingeschichte der Aufklärung, als auch zur Frühgeschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

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