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Vergleich dentaler und orthopädischer Implantatlockerung. eine Analyse des Periimplantatgewebes
Vergleich dentaler und orthopädischer Implantatlockerung. eine Analyse des Periimplantatgewebes
Hintergrund: Implantatlockerungen stellen ein relevantes Problem in der zahnärztlichen und ortho-pädischen Chirurgie dar (10, 11). Multifaktorielle Prozesse führen zur periprothetischen Osteolyse und somit zum Implantatverlust (15, 16). Orthopädische und dentale Implantatlockerungen unterscheiden sich in ihren ursprünglichen Auslösern. Auffällig ist jedoch, dass Periimplantatgewebe von gelockerten Endoprothesen in beiden Fällen zu einem großen Teil aus PPFs besteht (25). PPFs sind in der Lage, Partikel zu phagozytieren und Zytokine freizusetzen, die an der Pathogenese von Implantatlockerungen beteiligt sind. Darüber hinaus beeinflussen PPFs die Bildung und Aktivierung von Osteoklasten und spielen so eine Schlüsselrolle (35, 36). Die in vivo Verhältnisse mit den zahlreichen Zellinteraktionen in einem dreidimensiona-len Periimplantatgewebe in Zellversuchen nachzustellen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Ein Transwell-System bestehend aus einer netzartigen 3D-Struktur aus Polycarbonat ermöglicht, im Vergleich zu herkömmlichen Monolayerkulturen, das 3D-Wachstum in Zellkulturversuchen. Somit hat das 3D-Transwellmodell die Chance, den Verhältnissen in vivo näher zu kommen und einen realistischeren Ansatz zu bieten (51). Ziele: Ziel dieser Arbeit war es, dentale Periimplantatgewebe durch phänotypische Expressionsmuster zu charakterisieren und zu untersuchen, ob die Osteoklastogenese durch dentale PPFs induziert werden kann. Die Ergebnisse sollten dann mit den Vorversuchen unserer Arbeitsgruppe zu orthopädischen Kokulturen in Vergleich gesetzt werden. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse war es unser Ziel, die orthopädischen und dentalen Kokulturen zusätzlich zu sequenzieren. Um die Versuchsdurchführung zu optimieren, war es unsere Absicht, in Vorarbeiten ein neues 3D-Modell, das Transwellsystem, in verschiedenen Fibroblastenkulturen (dentale PPFs, orthopädische PPFs, Synovialfibroblasten bei Osteoarthritis und dermalen Fibroblasten) zu erproben. Methoden: Die PPFs wurden aus Periimplantatgeweben von Patienten isoliert, bei denen aufgrund einer aseptischen Periimplantitis eine Zahnimplantat-Revision indiziert war. Diese PPFs wurden mit peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) in Transwell- (n=16) und Monolayersystemen (n=16) kultiviert, um den Einfluss auf die osteogene Differenzierung zu untersuchen (1, 57). Unstimulierte und stimulierte (± MCSF und RANK-L) Monokulturen von PBMCs wurden als positive Kontrolle der Osteoklastenbildung verwendet. Monokulturen von PPFs dienten als Negativkontrolle für Fibroblasten. Die Kulturen wurden durch Färbung (HE, TRAP-Färbung und Hoechst) und quantitative real-time-PCR (RT-PCR) (osteoklastenspezifische Proteine und Zytokine: RANKL, OPG, RANK, MCSF, OCN, CTSK, TRAP, TNFα) an Tag 0, 13 und Tag 20 charakterisiert. Zum Nachweis einer terminalen Osteoklastogenese in vitro wurden die Zellen zusätzlich auf Dentinchips für 28 Tage kultiviert und die Resorptionslakunen mittels Toluidinblaulösung dargestellt. Die Sequenzierung wurde durchgeführt, um dentale und orthopädische Kokulturen in Monolayern zu vergleichen. Hierfür wurde RNA von PPFs, PBMCs und Kokulturen an Tag 20 sequenziert (1, 57). Um eine Basisreferenz zu erhalten, wurde zusätzlich Originalgewebe von gelockerten Zahnimplantaten (n=8), ohne vorherige Zellisolierung, an Tag 0 in toto analysiert (1). Für die Vorarbeiten im Transwellsystem wurden PPFs aus orthopädischen Periimplantatgeweben (n = 12), osteoarthritische synovialfibroblastenähnliche Zellen (n = 6) und dermale Fibroblasten (n=3) in Monolayer- oder Transwellkulturen für 10 oder 21 Tage kultiviert. Die Kulturen wurden mittels Histologie, TRAP-Färbung, Immunhistochemie (Anti-S100a4) und RT-PCR untersucht (2). Ergebnisse: Dentale Transwell-Kokulturen erhöhten die Expression von RANKL, RANK, MCSF, OCN und TNFα (Tag 13) und verringerten die Expression von OPG, TRAP (Tag 20) und CTSK (Tag 13) im Vergleich zu Monolayer-Kokulturen (1). Die TRAP-Färbung ermöglicht den Nachweis von mehrkernigen osteoklastenähnlichen Zellen, ist aber kein spezifischer Marker für die Osteoklastogenese im Gegensatz zur Knochenresorption (57). In PBMCs-Monokulturen und allen Kokulturen waren TRAP positive, multinukleäre Zellen sichtbar. In PPF-Monokulturen waren diese nicht nachweisbar (1, 57). In orthopädischen und dentalen Monolayer-Kokulturen zeigten sich hohe Mengen an OPG. Eine hohe OPG-Expression führt zu einer niedrigeren RANKL/OPG-ratio. Dies wiederum führte zu einer Hemmung der Osteolyse und passend dazu zeigten sich keine Resorptionslakunen auf den Dentinchips. Die Stimulation von PBMC-Monokulturen in Monolayern und Transwells mit RANK-L und M-CSF führte zu Resorptionslücken auf Dentinchips, während selbst stimulierte Kokulturen mit dentalen und orthopädischen PPFs keine Anzeichen einer terminalen Osteoklastogenese zeigten. Dies spricht für eine osteoprotektive und immunregulatorische Wirkung der PPFs im Monolayer. Diese osteoprotektive Funktion wurde für dentale und orthopädische Monolayerkulturen gezeigt (1, 57). Im Gegensatz dazu wurde OPG in den Transwell-Kokulturen signifikant herunter-reguliert. In den dentalen Kokulturen kam es zu einem 20-fachen und in den ortho-pädischen Kokulturen sogar zu einem 100-fachen Rückgang von OPG (1, 57). In Transwell-Kulturen waren die RANKL/OPG-Ratios ähnlich hoch wie in den ursprünglichen Geweben, die als Basisreferenz dienten (1). Insgesamt entsprachen die Transwellergebnisse damit mehr den in vivo Bedingungen. Die Sequencinganalysen zeigten eine starke Übereinstimmung der Expressionsmuster von dentalen und orthopädischen Kulturen (1). In unseren Vorarbeiten zum Transwellsystem konnten wir zeigen, dass die 3D-Kulti-vierung alleine und ohne weiteren Stimulus in den Fibroblastenmonokulturen (PPFs, osteoarthritische Synovialfibroblasten und dermale Fibroblasten) zu einer signifikanten Änderung des Expressionsmusters führte. Das Transwellsystem ermöglicht mehr Zell-Zell-Kontakte und verändert dadurch das Expressionsprofil (2). Schlussfolgerung: PPFs können osteoklastische Mechanismen erheblich immunmodulieren und spielen eine wichtige Rolle bei der Lockerung von dentalen und orthopädischen Implantaten. Eine terminale Osteoklastogenese durch PPF-Kokultivierung konnte weder im Mono-layer noch im Transwell gezeigt werden. PPFs im Transwell induzierten in den Ko-kulturen ein eher Osteoklastogenese förderndes Expressionsmuster. Das Transwell-modell entsprach besser den in vivo Verhältnissen (1, 2, 57). Zusammenfassend gibt diese Arbeit einen ersten Hinweis darauf, dass beim dentalen und orthopädischen Implantatversagen ähnliche Entzündungs- und Lockerungspro-zesse auf molekulargenetischer Ebene ablaufen (1).
Periimplantatgewebe, dentale Implantatlockerung, orthopädische Implantatlockerung, Transwell-Kultivierung, Osteoklastogenese
Schlüssel, Sabine Maria Sofie
2022
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Schlüssel, Sabine Maria Sofie (2022): Vergleich dentaler und orthopädischer Implantatlockerung: eine Analyse des Periimplantatgewebes. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Hintergrund: Implantatlockerungen stellen ein relevantes Problem in der zahnärztlichen und ortho-pädischen Chirurgie dar (10, 11). Multifaktorielle Prozesse führen zur periprothetischen Osteolyse und somit zum Implantatverlust (15, 16). Orthopädische und dentale Implantatlockerungen unterscheiden sich in ihren ursprünglichen Auslösern. Auffällig ist jedoch, dass Periimplantatgewebe von gelockerten Endoprothesen in beiden Fällen zu einem großen Teil aus PPFs besteht (25). PPFs sind in der Lage, Partikel zu phagozytieren und Zytokine freizusetzen, die an der Pathogenese von Implantatlockerungen beteiligt sind. Darüber hinaus beeinflussen PPFs die Bildung und Aktivierung von Osteoklasten und spielen so eine Schlüsselrolle (35, 36). Die in vivo Verhältnisse mit den zahlreichen Zellinteraktionen in einem dreidimensiona-len Periimplantatgewebe in Zellversuchen nachzustellen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Ein Transwell-System bestehend aus einer netzartigen 3D-Struktur aus Polycarbonat ermöglicht, im Vergleich zu herkömmlichen Monolayerkulturen, das 3D-Wachstum in Zellkulturversuchen. Somit hat das 3D-Transwellmodell die Chance, den Verhältnissen in vivo näher zu kommen und einen realistischeren Ansatz zu bieten (51). Ziele: Ziel dieser Arbeit war es, dentale Periimplantatgewebe durch phänotypische Expressionsmuster zu charakterisieren und zu untersuchen, ob die Osteoklastogenese durch dentale PPFs induziert werden kann. Die Ergebnisse sollten dann mit den Vorversuchen unserer Arbeitsgruppe zu orthopädischen Kokulturen in Vergleich gesetzt werden. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse war es unser Ziel, die orthopädischen und dentalen Kokulturen zusätzlich zu sequenzieren. Um die Versuchsdurchführung zu optimieren, war es unsere Absicht, in Vorarbeiten ein neues 3D-Modell, das Transwellsystem, in verschiedenen Fibroblastenkulturen (dentale PPFs, orthopädische PPFs, Synovialfibroblasten bei Osteoarthritis und dermalen Fibroblasten) zu erproben. Methoden: Die PPFs wurden aus Periimplantatgeweben von Patienten isoliert, bei denen aufgrund einer aseptischen Periimplantitis eine Zahnimplantat-Revision indiziert war. Diese PPFs wurden mit peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) in Transwell- (n=16) und Monolayersystemen (n=16) kultiviert, um den Einfluss auf die osteogene Differenzierung zu untersuchen (1, 57). Unstimulierte und stimulierte (± MCSF und RANK-L) Monokulturen von PBMCs wurden als positive Kontrolle der Osteoklastenbildung verwendet. Monokulturen von PPFs dienten als Negativkontrolle für Fibroblasten. Die Kulturen wurden durch Färbung (HE, TRAP-Färbung und Hoechst) und quantitative real-time-PCR (RT-PCR) (osteoklastenspezifische Proteine und Zytokine: RANKL, OPG, RANK, MCSF, OCN, CTSK, TRAP, TNFα) an Tag 0, 13 und Tag 20 charakterisiert. Zum Nachweis einer terminalen Osteoklastogenese in vitro wurden die Zellen zusätzlich auf Dentinchips für 28 Tage kultiviert und die Resorptionslakunen mittels Toluidinblaulösung dargestellt. Die Sequenzierung wurde durchgeführt, um dentale und orthopädische Kokulturen in Monolayern zu vergleichen. Hierfür wurde RNA von PPFs, PBMCs und Kokulturen an Tag 20 sequenziert (1, 57). Um eine Basisreferenz zu erhalten, wurde zusätzlich Originalgewebe von gelockerten Zahnimplantaten (n=8), ohne vorherige Zellisolierung, an Tag 0 in toto analysiert (1). Für die Vorarbeiten im Transwellsystem wurden PPFs aus orthopädischen Periimplantatgeweben (n = 12), osteoarthritische synovialfibroblastenähnliche Zellen (n = 6) und dermale Fibroblasten (n=3) in Monolayer- oder Transwellkulturen für 10 oder 21 Tage kultiviert. Die Kulturen wurden mittels Histologie, TRAP-Färbung, Immunhistochemie (Anti-S100a4) und RT-PCR untersucht (2). Ergebnisse: Dentale Transwell-Kokulturen erhöhten die Expression von RANKL, RANK, MCSF, OCN und TNFα (Tag 13) und verringerten die Expression von OPG, TRAP (Tag 20) und CTSK (Tag 13) im Vergleich zu Monolayer-Kokulturen (1). Die TRAP-Färbung ermöglicht den Nachweis von mehrkernigen osteoklastenähnlichen Zellen, ist aber kein spezifischer Marker für die Osteoklastogenese im Gegensatz zur Knochenresorption (57). In PBMCs-Monokulturen und allen Kokulturen waren TRAP positive, multinukleäre Zellen sichtbar. In PPF-Monokulturen waren diese nicht nachweisbar (1, 57). In orthopädischen und dentalen Monolayer-Kokulturen zeigten sich hohe Mengen an OPG. Eine hohe OPG-Expression führt zu einer niedrigeren RANKL/OPG-ratio. Dies wiederum führte zu einer Hemmung der Osteolyse und passend dazu zeigten sich keine Resorptionslakunen auf den Dentinchips. Die Stimulation von PBMC-Monokulturen in Monolayern und Transwells mit RANK-L und M-CSF führte zu Resorptionslücken auf Dentinchips, während selbst stimulierte Kokulturen mit dentalen und orthopädischen PPFs keine Anzeichen einer terminalen Osteoklastogenese zeigten. Dies spricht für eine osteoprotektive und immunregulatorische Wirkung der PPFs im Monolayer. Diese osteoprotektive Funktion wurde für dentale und orthopädische Monolayerkulturen gezeigt (1, 57). Im Gegensatz dazu wurde OPG in den Transwell-Kokulturen signifikant herunter-reguliert. In den dentalen Kokulturen kam es zu einem 20-fachen und in den ortho-pädischen Kokulturen sogar zu einem 100-fachen Rückgang von OPG (1, 57). In Transwell-Kulturen waren die RANKL/OPG-Ratios ähnlich hoch wie in den ursprünglichen Geweben, die als Basisreferenz dienten (1). Insgesamt entsprachen die Transwellergebnisse damit mehr den in vivo Bedingungen. Die Sequencinganalysen zeigten eine starke Übereinstimmung der Expressionsmuster von dentalen und orthopädischen Kulturen (1). In unseren Vorarbeiten zum Transwellsystem konnten wir zeigen, dass die 3D-Kulti-vierung alleine und ohne weiteren Stimulus in den Fibroblastenmonokulturen (PPFs, osteoarthritische Synovialfibroblasten und dermale Fibroblasten) zu einer signifikanten Änderung des Expressionsmusters führte. Das Transwellsystem ermöglicht mehr Zell-Zell-Kontakte und verändert dadurch das Expressionsprofil (2). Schlussfolgerung: PPFs können osteoklastische Mechanismen erheblich immunmodulieren und spielen eine wichtige Rolle bei der Lockerung von dentalen und orthopädischen Implantaten. Eine terminale Osteoklastogenese durch PPF-Kokultivierung konnte weder im Mono-layer noch im Transwell gezeigt werden. PPFs im Transwell induzierten in den Ko-kulturen ein eher Osteoklastogenese förderndes Expressionsmuster. Das Transwell-modell entsprach besser den in vivo Verhältnissen (1, 2, 57). Zusammenfassend gibt diese Arbeit einen ersten Hinweis darauf, dass beim dentalen und orthopädischen Implantatversagen ähnliche Entzündungs- und Lockerungspro-zesse auf molekulargenetischer Ebene ablaufen (1).