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Das EBNA1-Protein des Epstein-Barr Virus: Genetische und funktionelle Analyse
Das EBNA1-Protein des Epstein-Barr Virus: Genetische und funktionelle Analyse
Das Epstein-Barr Virus (EBV) infiziert primäre humane B-Zellen und kann deren unbegrenzte Proliferation induzieren. Dieser Prozess der Wachstumstransformation von B–Zellen ist ein Modellsystem, das die pathogenen Mechanismen bei der Tumorentstehung widerspiegelt. Das Epstein-Barr Virus nukleäre Antigen 1 (EBNA1) wurde als essentiell für den Prozess der Wachstumstransformation primärer humaner B-Lymphozyten beschrieben, weil es an der latenten Replikation über den viralen Replikations-Ursprung oriP, der extrachromosomalen Erhaltung des Virus-Episoms und der transkriptionellen Trans-aktivierung der latenten Gene beteiligt ist (Rickinson und Kieff, 2001). Dieses Postulat wurde nie experimentell untersucht, da die genetische Analyse mit den bisherigen Methoden nicht möglich war. Das Maxi-EBV-System macht das Genom von EBV einer genetischen Manipulation zugänglich und erlaubt auch die Herstellung von Viren, denen essentielle Gene fehlen (Delecluse et al., 1998). Ein Ziel meiner Doktorarbeit war die Herstellung und Analyse eines EBNA1-negativen Virus. Entgegen der Lehrmeinung war es mit EBNA1-negativem Maxi-EBV möglich, wachstums-transformierte Zellklone nach Infektion von primären humanen B-Lymphozyten zu etablieren. Das virale Genom war in sämtlichen erhaltenen lymphoblastoiden Zelllinien so integriert, dass alle untersuchten latenten EBV-Proteine exprimiert wurden. Meine Ergebnisse zeigen eindeutig, dass EBNA1 prinzipiell für die Wachstumstransformation entbehrlich ist. Mit EBNA1-positiven Viren werden die primären B-Zellen jedoch mindestens um den Faktor 10.000 besser wachstumstransformiert. Da EBNA1 den episomalen Status des Virusgenoms vermittelt, scheint die Etablierung des EBV-Genoms in infizierten Zellen der limitierende Schritt zu sein. Auch in vivo im SCID-Maus-Modell erwies sich EBNA1 als entbehrlich für die Tumorbildung, womit es nicht als essentielles Onkogen von EBV betrachtet werden kann. Ein weiterer im Rahmen dieser Doktorarbeit untersuchter Aspekt war die Frage, ob EBNA1 für die extrachromosomale Erhaltung und Replikation des EBV-Episoms durch heterologe Genprodukte ersetzt werden kann. Zu diesem Zweck wurden Fusionsproteine aus der DNA-Bindedomäne von EBNA1 mit den zellulären Proteinen Histon H1 bzw. HMG-I (Mitglied der hoch mobilen Protein-Gruppe) hergestellt. Ich konnte zeigen, dass HMG-I:EBNA1- und H1:EBNA1-Fusionsproteine in der Lage sind, kleine oriP-enthaltende Plasmide und Maxi-EBVs episomal zu erhalten und die zelluläre Replikations-Maschinerie zu rekrutieren. Zusätzlich dazu unterstützen die Fusionsproteine im EBNA1-negativen Maxi-EBV die Produktion infektiöser Viren. Für ein konditional regulierbares Vektorsystem wurden Fusionsproteine aus der EBNA1-Transaktivierungsdomäne und der DNA-Bindedomäne des Tet-Repressors (TetR) hergestellt. Diese Proteine sollten mit Tet-Operator-Sequenzen (TetO, TetR-Bindemotiv) interagieren, die multimerisiert auf oriP-basierte Vektoren kloniert wurden. Dadurch sollte die Erhaltung der oriP-basierten Vektoren in der Zelle konditional regulierbar gestaltet werden. Es gelang in dieser Doktorarbeit zum ersten Mal ein System zu etablieren, mit dem Plasmide episomal erhalten werden und bei Zugabe von Doxyzyklin konditional regulierbar verloren gehen. Dieses erstmals realisierte konditional regulierbare Vektorsystem schafft neue Wege, die virale und zelluläre Replikation genauer zu untersuchen. Außerdem öffnen sich Möglichkeiten für eine sicherere Gentherapie, da die viralen Anteile auf ein Minimum reduziert werden können. Mit einem solchen System könnten EBV-Genvektoren in B-Zellen eingeführt werden und nach Expression des auf dem Vektor kodierten, therapeutischen Gens könnte die Genfähre durch Tetrazyklin-Applikation wieder aus dem Patienten entfernt werden.
EBV, EBNA1, Maxi-EBV, heterologe Proteine, extrachromosomale Erhaltung,
Humme, Sibille
2004
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Humme, Sibille (2004): Das EBNA1-Protein des Epstein-Barr Virus: Genetische und funktionelle Analyse. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Das Epstein-Barr Virus (EBV) infiziert primäre humane B-Zellen und kann deren unbegrenzte Proliferation induzieren. Dieser Prozess der Wachstumstransformation von B–Zellen ist ein Modellsystem, das die pathogenen Mechanismen bei der Tumorentstehung widerspiegelt. Das Epstein-Barr Virus nukleäre Antigen 1 (EBNA1) wurde als essentiell für den Prozess der Wachstumstransformation primärer humaner B-Lymphozyten beschrieben, weil es an der latenten Replikation über den viralen Replikations-Ursprung oriP, der extrachromosomalen Erhaltung des Virus-Episoms und der transkriptionellen Trans-aktivierung der latenten Gene beteiligt ist (Rickinson und Kieff, 2001). Dieses Postulat wurde nie experimentell untersucht, da die genetische Analyse mit den bisherigen Methoden nicht möglich war. Das Maxi-EBV-System macht das Genom von EBV einer genetischen Manipulation zugänglich und erlaubt auch die Herstellung von Viren, denen essentielle Gene fehlen (Delecluse et al., 1998). Ein Ziel meiner Doktorarbeit war die Herstellung und Analyse eines EBNA1-negativen Virus. Entgegen der Lehrmeinung war es mit EBNA1-negativem Maxi-EBV möglich, wachstums-transformierte Zellklone nach Infektion von primären humanen B-Lymphozyten zu etablieren. Das virale Genom war in sämtlichen erhaltenen lymphoblastoiden Zelllinien so integriert, dass alle untersuchten latenten EBV-Proteine exprimiert wurden. Meine Ergebnisse zeigen eindeutig, dass EBNA1 prinzipiell für die Wachstumstransformation entbehrlich ist. Mit EBNA1-positiven Viren werden die primären B-Zellen jedoch mindestens um den Faktor 10.000 besser wachstumstransformiert. Da EBNA1 den episomalen Status des Virusgenoms vermittelt, scheint die Etablierung des EBV-Genoms in infizierten Zellen der limitierende Schritt zu sein. Auch in vivo im SCID-Maus-Modell erwies sich EBNA1 als entbehrlich für die Tumorbildung, womit es nicht als essentielles Onkogen von EBV betrachtet werden kann. Ein weiterer im Rahmen dieser Doktorarbeit untersuchter Aspekt war die Frage, ob EBNA1 für die extrachromosomale Erhaltung und Replikation des EBV-Episoms durch heterologe Genprodukte ersetzt werden kann. Zu diesem Zweck wurden Fusionsproteine aus der DNA-Bindedomäne von EBNA1 mit den zellulären Proteinen Histon H1 bzw. HMG-I (Mitglied der hoch mobilen Protein-Gruppe) hergestellt. Ich konnte zeigen, dass HMG-I:EBNA1- und H1:EBNA1-Fusionsproteine in der Lage sind, kleine oriP-enthaltende Plasmide und Maxi-EBVs episomal zu erhalten und die zelluläre Replikations-Maschinerie zu rekrutieren. Zusätzlich dazu unterstützen die Fusionsproteine im EBNA1-negativen Maxi-EBV die Produktion infektiöser Viren. Für ein konditional regulierbares Vektorsystem wurden Fusionsproteine aus der EBNA1-Transaktivierungsdomäne und der DNA-Bindedomäne des Tet-Repressors (TetR) hergestellt. Diese Proteine sollten mit Tet-Operator-Sequenzen (TetO, TetR-Bindemotiv) interagieren, die multimerisiert auf oriP-basierte Vektoren kloniert wurden. Dadurch sollte die Erhaltung der oriP-basierten Vektoren in der Zelle konditional regulierbar gestaltet werden. Es gelang in dieser Doktorarbeit zum ersten Mal ein System zu etablieren, mit dem Plasmide episomal erhalten werden und bei Zugabe von Doxyzyklin konditional regulierbar verloren gehen. Dieses erstmals realisierte konditional regulierbare Vektorsystem schafft neue Wege, die virale und zelluläre Replikation genauer zu untersuchen. Außerdem öffnen sich Möglichkeiten für eine sicherere Gentherapie, da die viralen Anteile auf ein Minimum reduziert werden können. Mit einem solchen System könnten EBV-Genvektoren in B-Zellen eingeführt werden und nach Expression des auf dem Vektor kodierten, therapeutischen Gens könnte die Genfähre durch Tetrazyklin-Applikation wieder aus dem Patienten entfernt werden.