Logo Logo
Hilfe
Kontakt
Switch language to English
Syllabic /l/ in Slovak and the effect of prosodic emphasis
Syllabic /l/ in Slovak and the effect of prosodic emphasis
Der Unterschied zwischen Vokalen und Konsonanten ist nicht allein anhand ihrer akustischen und artikulatorischen Merkmale festzulegen. Während insbesondere offene Vokale mit ihrem weit offenen Mundraum und Plosive mit einem vollständigen Verschluss zwei Extrempositionen einer Skala belegen, ist es schwieriger zu begründen, warum Approximanten zur Klasse der Konsonanten gehören, werden sie doch gelegentlich auch Halbvokale genannt. Der Unterschied zwischen Vokalen und Konsonanten ist zusätzlich mit ihrer Position innerhalb der Silbe und damit verbundenen Funktion gekoppelt. Da in den meisten Fällen Konsonanten um einen vokalischen Nukleus gegliedert sind, ist es oft nicht möglich die beiden direkt miteinander zu vergleichen. Nicht selten wird behauptet, dass Vokale die Prosodie tragen, während Konsonanten eher zur lexikalischen Verarbeitung beitragen. In dieser Hinsicht ist Slowakisch eine sehr untersuchungswerte Sprache, da die Konsonanten /l/ und /r/ auch im Nukleus einer betonten Silbe stehen können. In dieser Arbeit wurde mithilfe akustischer und artikulatorischer Aufnahmen untersucht, wie Satzakzent auf Silben mit konsonantischen Nuklei realisiert wird. Dabei beschränkten wir uns auf /l/ als konsonantischen Nukleus, mit Ausnahme in Kapitel 2, in dem beide silbischen Konsonanten in Betracht gezogen wurden. Silbische Konsonanten sind typologisch keine Seltenheit. Jedoch ist in den meisten Sprachen der Kontext in dem sie auftreten können phonotaktisch eingeschränkter, verglichen mit vokalischen Nuklei. Im Deutschen sind silbische Konsonanten postlexikalisch und entstehen durch Vokalreduktion in unbetonten Silben und stellen eine Aussprachevariation dar. So kann das Verb reden sowohl als [redǝn], also mit einer Schwa+Konsonant-Endung als auch als [redn̩], also einem silbischen Konsonanten realisiert werden. Wie schon oben erwähnt sind silbische Konsonanten des Slowakischen keine Folge von Vokalreduktion in flüssiger Sprache sondern Bestandteil des Lexikons. Wie Vokale können sie sowohl in betonten als auch unbetonten Silben auftreten, weisen einen phonologischen Längenkontrast auf wenn sie im Silbennukleus stehen und unterliegen den selben morpho-phonologischen Regeln, die die Veränderung der Nukleuslänge auslösen. Artikulatorisch weisen /r/, als auch /l/, das im Slowakischen dunkel ist, zusätzlich zur primären Zungenspitzengeste eine ausgeprägte Zugenrückenbewegung auf. Dadurch, dass diese Geste, ähnlich wie Vokale, keine enge Konstriktion bildet und sich langsamer bewegt, wird sie in der Literatur auch als ‘vokalische’ Geste bezeichnet. Es stellt sich also die Frage, ob genau diese Geste eine wichtige Rolle in der prosodischen Modulation spielt. Im Slowakischen wird der Satzakzent mit erhöhter F0 auf der betonten Silbe markiert. Zusätzlich können Segmente einer akzentuierten Silbe oder eines akzentuierten Wortes durch Längung verstärkt werden. Es wurde zunächst im Kapitel 2 überprüft, ob diese zum gleichen Maße sowohl auf Silben mit vokalischen als auch konsonantischen Nuklei beobachtet werden können. Dies konnte bestätigt werden. In akzentuierten Silben können an Vokalen auch Qualitätsunterschiede beobachtet werden. Die Sonoritätshyphothese (Beckman, Edwards, & Fletcher, 1992) besagt, dass unter Akzentuierung Kiefer und Zungenposition gesenkt werden, damit der Mundraum weiter geöffnet ist und eine höhere Sonorität entstehen kann. Die Hyperartikulationshypothese (De Jong, 1995) besagt, dass unter Akzentuierung die Merkmale des jeweiligen Lautes bestärkt werden. Für offene Vokale bedeutet das in beiden Fällen eine tiefere Zunge und ein tieferer Kiefer und damit verbunden ein offenerer Mundraum unter Akzentuierung. Für die apikale Geste des /l/ hingegen geraten die Vorhersagen der beiden Hypothesen in Konflikt. Einerseits sagt die Sonoritätshypothese, ungeachtet des Lautes der im Nukleus steht, einen weiten Vokaltrakt unter Akzentuierung voraus. Für /l/ bedeutet das eine Schwächung der apikalen Verengung. Die Hyperartikulationshypothese andererseits sagt eine deutlichere Verengung im vorderen Mundbereich durch die apikale Geste voraus. Eine ausgeprägtere dorsale Geste führt hingegen nicht notwendigerweise zur Verengung des vorderen Vokaltrakts wodurch die Vorhersagen der beiden Hypothesen im Einklang sind. Im Kapitel 3 wurden die Zungenbewegungen, die mittels Ultraschall aufgenommen wurden, sowie die Formantdaten untersucht. Da die apikale Verengung in vielen Fällen in den Ultraschallaufnahmen nicht sichtbar war, wurde der Bereich dahinter untersucht. Zum Vergleich wurde auch der vokalische Nukleus /e/ untersucht. Für /l/ wurde entgegen der Erwartungen kein Effekt von Satzakzent auf die Zungenrückengeste festgestellt. Der vordere Zungenbereich wurde während des Anlautplosivs gesenkt und im Laufe des akustisch ermittelten /l/ konnte unter Akzentuierung eine Aufwärtsbewegung der Zunge beobachtet werden. Wir interpretierten diese dynamische Bewegung als eine Umpositionierung der Zunge. Die so erlangte Zungenform erlaubt vermutlich einen größeren lateralen Luftstrom bei Beibehaltung der apikalen Verengung. Die Zungenbewegung von /e/ wies einen sogenannten ‘trough-effect’ auf. Sowohl bei vokalischen als auch konsonantischen Nuklei konnte im akzentuierten Fall ein höherer F1 beobachtet werden, der darauf hindeutet, dass der Kiefer gesenkt wurde und dadurch der Mundraum geweitet wurde. Unsere Daten deuten darauf hin, dass es nicht die ‘vokalische’ dorsale Geste ist, die im Falle des silbischen Konsonanten die Prosodie trägt. Zur Prosodie gehört auch der Aufbau von Vokalen und Konsonanten zu Silben. So beobachteten unter anderem Sproat and Fujimura (1993) und Krakow (1999) für das amerikanische Englisch den systematischen Unterschied von /l/ in verschiedenen Silbenpositionen. Im Anlaut wurde /l/ mit einer deutlichen apikalen Verengung aber weniger ausgeprägten dorsalen Geste artikuliert, während im Auslaut die apikale Geste geschwächt war und dafür eine deutliche Rückwärtsbewegung des Zungendorsums sichtbar war. Auch die zeitliche Koordination der beiden Gesten zueinander unterscheidet sich, und so sind die apikale und dorsale Geste im Anlaut synchron zueinander, während im Auslaut die apikale Geste der dorsalen folgt. Generell zeichnet sich die Silbe durch bestimmte zeitliche Koordination von Anlaut und Auslaut mit dem Nukleus aus (Browman & Goldstein, 1988; Nam, Goldstein, & Saltzman, 2009). Für das Slowakische wurde in einer Studie von Pouplier and Beňuš (2011) gezeigt, dass der zeitlich Abstand zwischen einem Konsonanten und der apikalen Geste des /l/ oder /r/ größer ist, wenn /l/ oder /r/ im Nukleus stehen. In ihrer Studie wurde jedoch die dorsale Geste nicht genauer untersucht. Im Kapitel 4 wurde der Einfluss des Satzakzentes und der Silbenposition auf die beiden Gesten von /l/ untersucht. Unsere Erwartung war, dass vor allem für /l/ im Nukleus im akzentuierten Fall der Abstand vom vorangehenden Konsonanten und der apikalen Geste erweitert wird. So kann die ‘vokalische’ Geste zum Vorschein treten, was auch zur höheren Sonorität führt. Die Resultate deuteten darauf hin, dass /l/ im Anlaut und Auslaut sich zwar vom /l/ im Nukleus unterscheidet, dieser Unterschied sich aber auf den stärkeren Einfluss des Vokal im Nukleus zurückführen lässt. Im Gegensatz zum Englischen konnte auch keine systematische Veränderung der Koordination der beiden Gesten in unterschiedlichen Silbenpositionen festgestellt werden. Auch der zeitliche Abstand von der apikalen Geste zum benachbarten Konsonanten wurde unter Akzentuierung nicht signifikant vergrößert. Wir schlossen daraus, dass im Slowakischen die ‘vokalische’ dorsale Geste anders als im Englischen keine aktive prosodische Funktion trägt. Im Gegenzug konnte gezeigt werden, dass /l/ mit seiner ‘konsonantischen’ Eigenschaft als Prosodieträger fungieren kann.
Not available
Bučar Shigemori, Lia Saki
2018
Englisch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Bučar Shigemori, Lia Saki (2018): Syllabic /l/ in Slovak and the effect of prosodic emphasis. Dissertation, LMU München: Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften
[thumbnail of Bucar_Shigemori_Lia_Saki.pdf]
Vorschau
PDF
Bucar_Shigemori_Lia_Saki.pdf

2MB

Abstract

Der Unterschied zwischen Vokalen und Konsonanten ist nicht allein anhand ihrer akustischen und artikulatorischen Merkmale festzulegen. Während insbesondere offene Vokale mit ihrem weit offenen Mundraum und Plosive mit einem vollständigen Verschluss zwei Extrempositionen einer Skala belegen, ist es schwieriger zu begründen, warum Approximanten zur Klasse der Konsonanten gehören, werden sie doch gelegentlich auch Halbvokale genannt. Der Unterschied zwischen Vokalen und Konsonanten ist zusätzlich mit ihrer Position innerhalb der Silbe und damit verbundenen Funktion gekoppelt. Da in den meisten Fällen Konsonanten um einen vokalischen Nukleus gegliedert sind, ist es oft nicht möglich die beiden direkt miteinander zu vergleichen. Nicht selten wird behauptet, dass Vokale die Prosodie tragen, während Konsonanten eher zur lexikalischen Verarbeitung beitragen. In dieser Hinsicht ist Slowakisch eine sehr untersuchungswerte Sprache, da die Konsonanten /l/ und /r/ auch im Nukleus einer betonten Silbe stehen können. In dieser Arbeit wurde mithilfe akustischer und artikulatorischer Aufnahmen untersucht, wie Satzakzent auf Silben mit konsonantischen Nuklei realisiert wird. Dabei beschränkten wir uns auf /l/ als konsonantischen Nukleus, mit Ausnahme in Kapitel 2, in dem beide silbischen Konsonanten in Betracht gezogen wurden. Silbische Konsonanten sind typologisch keine Seltenheit. Jedoch ist in den meisten Sprachen der Kontext in dem sie auftreten können phonotaktisch eingeschränkter, verglichen mit vokalischen Nuklei. Im Deutschen sind silbische Konsonanten postlexikalisch und entstehen durch Vokalreduktion in unbetonten Silben und stellen eine Aussprachevariation dar. So kann das Verb reden sowohl als [redǝn], also mit einer Schwa+Konsonant-Endung als auch als [redn̩], also einem silbischen Konsonanten realisiert werden. Wie schon oben erwähnt sind silbische Konsonanten des Slowakischen keine Folge von Vokalreduktion in flüssiger Sprache sondern Bestandteil des Lexikons. Wie Vokale können sie sowohl in betonten als auch unbetonten Silben auftreten, weisen einen phonologischen Längenkontrast auf wenn sie im Silbennukleus stehen und unterliegen den selben morpho-phonologischen Regeln, die die Veränderung der Nukleuslänge auslösen. Artikulatorisch weisen /r/, als auch /l/, das im Slowakischen dunkel ist, zusätzlich zur primären Zungenspitzengeste eine ausgeprägte Zugenrückenbewegung auf. Dadurch, dass diese Geste, ähnlich wie Vokale, keine enge Konstriktion bildet und sich langsamer bewegt, wird sie in der Literatur auch als ‘vokalische’ Geste bezeichnet. Es stellt sich also die Frage, ob genau diese Geste eine wichtige Rolle in der prosodischen Modulation spielt. Im Slowakischen wird der Satzakzent mit erhöhter F0 auf der betonten Silbe markiert. Zusätzlich können Segmente einer akzentuierten Silbe oder eines akzentuierten Wortes durch Längung verstärkt werden. Es wurde zunächst im Kapitel 2 überprüft, ob diese zum gleichen Maße sowohl auf Silben mit vokalischen als auch konsonantischen Nuklei beobachtet werden können. Dies konnte bestätigt werden. In akzentuierten Silben können an Vokalen auch Qualitätsunterschiede beobachtet werden. Die Sonoritätshyphothese (Beckman, Edwards, & Fletcher, 1992) besagt, dass unter Akzentuierung Kiefer und Zungenposition gesenkt werden, damit der Mundraum weiter geöffnet ist und eine höhere Sonorität entstehen kann. Die Hyperartikulationshypothese (De Jong, 1995) besagt, dass unter Akzentuierung die Merkmale des jeweiligen Lautes bestärkt werden. Für offene Vokale bedeutet das in beiden Fällen eine tiefere Zunge und ein tieferer Kiefer und damit verbunden ein offenerer Mundraum unter Akzentuierung. Für die apikale Geste des /l/ hingegen geraten die Vorhersagen der beiden Hypothesen in Konflikt. Einerseits sagt die Sonoritätshypothese, ungeachtet des Lautes der im Nukleus steht, einen weiten Vokaltrakt unter Akzentuierung voraus. Für /l/ bedeutet das eine Schwächung der apikalen Verengung. Die Hyperartikulationshypothese andererseits sagt eine deutlichere Verengung im vorderen Mundbereich durch die apikale Geste voraus. Eine ausgeprägtere dorsale Geste führt hingegen nicht notwendigerweise zur Verengung des vorderen Vokaltrakts wodurch die Vorhersagen der beiden Hypothesen im Einklang sind. Im Kapitel 3 wurden die Zungenbewegungen, die mittels Ultraschall aufgenommen wurden, sowie die Formantdaten untersucht. Da die apikale Verengung in vielen Fällen in den Ultraschallaufnahmen nicht sichtbar war, wurde der Bereich dahinter untersucht. Zum Vergleich wurde auch der vokalische Nukleus /e/ untersucht. Für /l/ wurde entgegen der Erwartungen kein Effekt von Satzakzent auf die Zungenrückengeste festgestellt. Der vordere Zungenbereich wurde während des Anlautplosivs gesenkt und im Laufe des akustisch ermittelten /l/ konnte unter Akzentuierung eine Aufwärtsbewegung der Zunge beobachtet werden. Wir interpretierten diese dynamische Bewegung als eine Umpositionierung der Zunge. Die so erlangte Zungenform erlaubt vermutlich einen größeren lateralen Luftstrom bei Beibehaltung der apikalen Verengung. Die Zungenbewegung von /e/ wies einen sogenannten ‘trough-effect’ auf. Sowohl bei vokalischen als auch konsonantischen Nuklei konnte im akzentuierten Fall ein höherer F1 beobachtet werden, der darauf hindeutet, dass der Kiefer gesenkt wurde und dadurch der Mundraum geweitet wurde. Unsere Daten deuten darauf hin, dass es nicht die ‘vokalische’ dorsale Geste ist, die im Falle des silbischen Konsonanten die Prosodie trägt. Zur Prosodie gehört auch der Aufbau von Vokalen und Konsonanten zu Silben. So beobachteten unter anderem Sproat and Fujimura (1993) und Krakow (1999) für das amerikanische Englisch den systematischen Unterschied von /l/ in verschiedenen Silbenpositionen. Im Anlaut wurde /l/ mit einer deutlichen apikalen Verengung aber weniger ausgeprägten dorsalen Geste artikuliert, während im Auslaut die apikale Geste geschwächt war und dafür eine deutliche Rückwärtsbewegung des Zungendorsums sichtbar war. Auch die zeitliche Koordination der beiden Gesten zueinander unterscheidet sich, und so sind die apikale und dorsale Geste im Anlaut synchron zueinander, während im Auslaut die apikale Geste der dorsalen folgt. Generell zeichnet sich die Silbe durch bestimmte zeitliche Koordination von Anlaut und Auslaut mit dem Nukleus aus (Browman & Goldstein, 1988; Nam, Goldstein, & Saltzman, 2009). Für das Slowakische wurde in einer Studie von Pouplier and Beňuš (2011) gezeigt, dass der zeitlich Abstand zwischen einem Konsonanten und der apikalen Geste des /l/ oder /r/ größer ist, wenn /l/ oder /r/ im Nukleus stehen. In ihrer Studie wurde jedoch die dorsale Geste nicht genauer untersucht. Im Kapitel 4 wurde der Einfluss des Satzakzentes und der Silbenposition auf die beiden Gesten von /l/ untersucht. Unsere Erwartung war, dass vor allem für /l/ im Nukleus im akzentuierten Fall der Abstand vom vorangehenden Konsonanten und der apikalen Geste erweitert wird. So kann die ‘vokalische’ Geste zum Vorschein treten, was auch zur höheren Sonorität führt. Die Resultate deuteten darauf hin, dass /l/ im Anlaut und Auslaut sich zwar vom /l/ im Nukleus unterscheidet, dieser Unterschied sich aber auf den stärkeren Einfluss des Vokal im Nukleus zurückführen lässt. Im Gegensatz zum Englischen konnte auch keine systematische Veränderung der Koordination der beiden Gesten in unterschiedlichen Silbenpositionen festgestellt werden. Auch der zeitliche Abstand von der apikalen Geste zum benachbarten Konsonanten wurde unter Akzentuierung nicht signifikant vergrößert. Wir schlossen daraus, dass im Slowakischen die ‘vokalische’ dorsale Geste anders als im Englischen keine aktive prosodische Funktion trägt. Im Gegenzug konnte gezeigt werden, dass /l/ mit seiner ‘konsonantischen’ Eigenschaft als Prosodieträger fungieren kann.