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Evidenzbasierte Medizin im Medizinstudium: Bewerten von Studien. eine generische Teilkompetenz mit Beeinflussung durch fachspezifisches Wissen
Evidenzbasierte Medizin im Medizinstudium: Bewerten von Studien. eine generische Teilkompetenz mit Beeinflussung durch fachspezifisches Wissen
Einleitung: Um evidenzbasierte Medizin (EbM) zu praktizieren, müssen Ärztinnen und Ärzte in der Lage sein, die aktuell beste Forschungsliteratur gewissenhaft, eindeutig und vernünftig für die individuelle Patientenentscheidung anzuwenden [2]. Dabei spielt die Teilkompetenz des Bewertens von Studien eine bedeutende Rolle. Denn wenn diese nicht korrekt beherrscht wird, kann es zu gravierenden Fehlentscheidungen zu Ungunsten des Patienten kommen [3]. Daher muss das Bewerten von Studien als ein Teil der EbM gut geschult werden. Das Ziel der hier vorgestellten Arbeit ist es, die Lehre der EbM im Medizinstudium zu verbessern. Um dies zu erreichen, muss die Vermittlung der Teilkompetenz „Bewerten von Studien“ tiefgründig verstanden werden. Es wurden dazu folgende zwei Fragestellungen bearbeitet: Ist das Bewerten von Studien in der Medizin und Pädagogik eine fachspezifische oder generische Teilkompetenz? Wird die Teilkompetenz „Bewerten von Studien“ von Intelligenz und wissenschaftlichem Denken beeinflusst? Methode: In einem neu entwickelten Kompetenztest bearbeiteten Medizinstudierende (n= 161, 58% weiblich, 40% männlich) aus klinischen Semestern jeweils ein Szenario aus den Domänen Medizin und Pädagogik. Um eine vorgegebene Entscheidungssituation (z.B.: Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Varizellenimpfung?) lösen zu können, mussten die Medizinstudierenden in beiden Szenarien jeweils vier Studien mit Hilfe des Bewertungssystems „BESTUEN“ (neustufige Ordinalskala mit Mittelpunkt) bewerten. Mit Hilfe von Experten wurde eine Musterlösung entwickelt. Die daraus berechnete Leistung im „Bewerten von Studien“ wurde zwischen den Domänen verglichen. Zusätzlich wurden das Vorwissen zu den Themen der Studien sowie Tests zur Intelligenz und zum wissenschaftlichen Denken abgeprüft. Ergebnis: Die Leistungen beim Bewerten der Medizin-Studien korrelierten signifikant mit den Leistungen im Bewerten der Pädagogik-Studien (r = ,42; p<,01). Außerdem gab es einen geringen, aber signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Medizin- Studien und dem Vorwissen in der Medizin (rVorwissen Med = -,20; p< ,05). Jedoch gab es keine Hinweise darauf, dass die Teilkompetenz des Bewertens von Studien von weiteren fachspezifischen Indikatoren wie höheres Fachsemester oder dem Besuch eines zum Thema passenden Seminars abhängt. Auch waren die Leistungen der Medizinstudierenden im Bewerten von Studien in der Domäne Medizin nicht besser als in der Domäne Pädagogik. Es konnte ein Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Studien und der Fähigkeit wissenschaftlich zu Denken festgestellt werden. Zudem gab es marginale Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Studien und der Intelligenz. Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die Teilkompetenz des Bewertens von Studien generisch zu sein scheint und trotzdem von fachspezifischem Wissen sowie von der Fähigkeit, wissenschaftlich zu Denken beeinflusst wird. In dieser Studie konnte nur ein marginaler Einfluss von Intelligenz auf das Bewerten von Studien gezeigt werden.
Evidenzbasierte Medizin, Lehre der Medizin, Bewerten von Studien, Domäne, generisch, fachspezifisch, Kompetenz, Best Evidence Medical Education, critical appraisal
Melle, Joana
2018
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Melle, Joana (2018): Evidenzbasierte Medizin im Medizinstudium: Bewerten von Studien: eine generische Teilkompetenz mit Beeinflussung durch fachspezifisches Wissen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

Einleitung: Um evidenzbasierte Medizin (EbM) zu praktizieren, müssen Ärztinnen und Ärzte in der Lage sein, die aktuell beste Forschungsliteratur gewissenhaft, eindeutig und vernünftig für die individuelle Patientenentscheidung anzuwenden [2]. Dabei spielt die Teilkompetenz des Bewertens von Studien eine bedeutende Rolle. Denn wenn diese nicht korrekt beherrscht wird, kann es zu gravierenden Fehlentscheidungen zu Ungunsten des Patienten kommen [3]. Daher muss das Bewerten von Studien als ein Teil der EbM gut geschult werden. Das Ziel der hier vorgestellten Arbeit ist es, die Lehre der EbM im Medizinstudium zu verbessern. Um dies zu erreichen, muss die Vermittlung der Teilkompetenz „Bewerten von Studien“ tiefgründig verstanden werden. Es wurden dazu folgende zwei Fragestellungen bearbeitet: Ist das Bewerten von Studien in der Medizin und Pädagogik eine fachspezifische oder generische Teilkompetenz? Wird die Teilkompetenz „Bewerten von Studien“ von Intelligenz und wissenschaftlichem Denken beeinflusst? Methode: In einem neu entwickelten Kompetenztest bearbeiteten Medizinstudierende (n= 161, 58% weiblich, 40% männlich) aus klinischen Semestern jeweils ein Szenario aus den Domänen Medizin und Pädagogik. Um eine vorgegebene Entscheidungssituation (z.B.: Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Varizellenimpfung?) lösen zu können, mussten die Medizinstudierenden in beiden Szenarien jeweils vier Studien mit Hilfe des Bewertungssystems „BESTUEN“ (neustufige Ordinalskala mit Mittelpunkt) bewerten. Mit Hilfe von Experten wurde eine Musterlösung entwickelt. Die daraus berechnete Leistung im „Bewerten von Studien“ wurde zwischen den Domänen verglichen. Zusätzlich wurden das Vorwissen zu den Themen der Studien sowie Tests zur Intelligenz und zum wissenschaftlichen Denken abgeprüft. Ergebnis: Die Leistungen beim Bewerten der Medizin-Studien korrelierten signifikant mit den Leistungen im Bewerten der Pädagogik-Studien (r = ,42; p<,01). Außerdem gab es einen geringen, aber signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Medizin- Studien und dem Vorwissen in der Medizin (rVorwissen Med = -,20; p< ,05). Jedoch gab es keine Hinweise darauf, dass die Teilkompetenz des Bewertens von Studien von weiteren fachspezifischen Indikatoren wie höheres Fachsemester oder dem Besuch eines zum Thema passenden Seminars abhängt. Auch waren die Leistungen der Medizinstudierenden im Bewerten von Studien in der Domäne Medizin nicht besser als in der Domäne Pädagogik. Es konnte ein Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Studien und der Fähigkeit wissenschaftlich zu Denken festgestellt werden. Zudem gab es marginale Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Bewerten von Studien und der Intelligenz. Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die Teilkompetenz des Bewertens von Studien generisch zu sein scheint und trotzdem von fachspezifischem Wissen sowie von der Fähigkeit, wissenschaftlich zu Denken beeinflusst wird. In dieser Studie konnte nur ein marginaler Einfluss von Intelligenz auf das Bewerten von Studien gezeigt werden.