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Kurzpapier des Klima-Sachverständigenrats : Klimawandelbedingte Gebietsniederschlagsänderung in Baden-Württemberg von 1881 bis 2099

  • In seiner Beratungsfunktion für die Landesregierung und den Landtag Baden-Württemberg legt der Klima-Sachverständigenrat Baden-Württemberg (K-SVR) mit dem vorliegenden Kurzpapier eine Untersuchung zur Entwicklung des Gebietsniederschlags in Baden-Württemberg für den Zeitraum 1881-2099 vor. Die Ergebnisse der Untersuchung der vergangenen Entwicklung zeigen einen bereits viele Jahrzehnte andauernden Rückgang des Gebietsniederschlags. Besonders stark ausgeprägt ist der Rückgang der jährlichen Gebietsniederschlagsmengen in den letzten vier Jahrzehnten (-40 mm/10 Jahre). Im gleichen Zeitraum ist die Lufttemperatur klimawandelbedingt sehr stark angestiegen (+0.41 °C/10 Jahre). Anders als der klimawandelbedingte Lufttemperaturanstieg weist die langfristige Gebietsniederschlagsentwicklung deutlich stärkere Schwankungen auf, die mehrere Jahrzehnte andauern können. Die gegenläufigen Entwicklungen von Gebietsniederschlag (Rückgang) und Lufttemperatur (Anstieg) führten in den vergangenen Jahrzehnten zu einer verringerten Wasserverfügbarkeit im Land. Die verringerte Wasserverfügbarkeit ergibt sich dabei zum einen direkt aus dem flächigen Rückgang des Wasserdargebots aus der Atmosphäre, da Gebietsniederschlagsrückgänge in allen Jahreszeiten nachweisbar sind. Zum anderen sorgt der klimawandelbedingte Lufttemperaturanstieg ganzjährig für höhere Verdunstungsraten, die als zusätzlicher Verlust des an der Erdoberfläche zur Verfügung stehenden Wassers betrachtet werden müssen. Auf der Grundlage des gegenwärtigen Wissensstandes ist davon auszugehen, dass die Lufttemperatur in den kommenden Jahrzehnten in Europa, und damit auch in Baden-Württemberg, noch erheblich weiter ansteigen wird. Durch den zu erwartenden Lufttemperaturanstieg wird auch die wärmeabhängige Verdunstung auf der gesamten Fläche Baden-Württembergs weiter zunehmen. Klimamodelle können nicht nur die zukünftige Lufttemperaturerhöhung abbilden, sondern geben auch Einblicke in die Entwicklung der Gebietsniederschläge. Allerdings ist die durch Klimamodelle projizierte Entwicklung der Gebietsniederschläge mit weit höheren Unsicherheiten behaftet als die Projektion der zukünftigen klimawandelbedingten Lufttemperaturentwicklung. Da die für Baden-Württemberg aus Messungen berechneten Gebietsniederschlagsmengen bereits in der Vergangenheit meistens unterhalb der mit Klimamodellen abgeschätzten Gebietsniederschlagsmengen lagen, ist eine aufmerksame Beobachtung der aktuellen Entwicklung geboten. Aus heutiger Sicht ist in den kommenden Jahrzehnten mit einer weiter abnehmenden Niederschlagswasserverfügbarkeit in Baden-Württemberg zu rechnen. Die Ergebnisse der Analyse haben eine hohe Relevanz sowohl für den Klimaschutz als auch für die Klimawandelanpassung. Der konsequenten Umsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen kommt eine noch höhere Bedeutung zu, um das Eintreten der Worst-Case-Szenarien noch zu verhindern. Gleichzeitig müssen Klimawandelanpassungsmaßnahmen mit einer neuen Vehemenz zeitnah entwickelt und umgesetzt werden, um Baden-Württemberg als lebenswertes Land und starken Wirtschaftsstandort zu erhalten. Weit intensivere Maßnahmen zur Anpassung an Trockenheit und Hitze ebenso wie zur Speicherung und Nutzung von Regenwasser, insbesondere auch aus Starkregenereignissen, sind bereits in sehr naher Zukunft erforderlich, um den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht zu gefährden. Da die Kombination von Gebietsniederschlagsrückgang und steigender Lufttemperatur bereits zu massiven Veränderungen der Wasserverfügbarkeit in Baden-Württemberg geführt hat, sind umfassende Maßnahmen zur konsequenten Rückhaltung jeglichen Niederschlagswassers notwendig, um die im Land nutzbare Niederschlagswassermenge langfristig zu erhalten. Dies erfordert den raschen, landesweiten Aufbau einer Niederschlagswasserrückhalte-, Niederschlagswasserspeicherungs- und Niederschlagswasserverteilungsinfrastruktur. Gleichzeitig müssen alle Teile der Gesellschaft durch Wassersparen aktiv zur raschen Reduktion des Wasserverbrauchs beitragen, denn selbst wenn das heutige Niederschlagsniveau konstant bleiben sollte, wird Trockenheit in Folge der steigenden Lufttemperatur weiter zunehmen. Treten niederschlagsbezogen Worst-Case-Entwicklungen ein, wird bei weiter rückläufigen Niederschlägen die ausreichende Wasserversorgung Gesellschaft und Wirtschaft vor neue Herausforderungen stellen, ähnlich wie dies in unseren Nachbarländern Italien und Frankreich schon zu beobachten ist.

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frontdoor_oas
Metadaten
Author of HS ReutlingenLöbbe, Sabine
URN:urn:nbn:de:bsz:rt2-opus4-51336
URL:https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/4_Klima/Klimaschutz/Klima-Sachverstaendigenrat/230901-Kurzpapier-klimawandelbedingte-Niederschlagsaenderung-KlimasachverstaendigenratBW-barrierefrei.pdf
Publisher:Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
Place of publication:Stuttgart
Document Type:Report
Language:German
Publication year:2023
Page Number:30
First Page:1
Last Page:30
DDC classes:333.7 Natürliche Ressourcen, Energie und Umwelt
Open access?:Ja
Licence (German):License Logo  Open Access