Untersuchung der Siedlungsnamen in der Region (Unter-) Eichsfeld


Hausarbeit, 2018

24 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsstand Eigennamen
2.1 Abgrenzung Eigennamen – Gattungsnamen
2.2 Namenklassen und deren Abgrenzung
2.3 Namenklasse der Untersuchung – Siedlungsnamen
2.3.1 Ortsnamen/Geographische Namen
2.3.2 Siedlungsnamen

3. Korpusbeschreibung

4. Arbeitshypothesen und Vorgehen

5. Analyse und Auswertung des sprachlichen Materials
5.1 Allgemeine morphologische Analyse des sprachlichen Materials
5.1.1 These: „Die Siedlungsnamen des (Unter-)Eichsfelds setzen sich am häufigsten aus Kompositabildungen zusammen!“
5.1.2 Fragestellung: „Welche typischen Zweitglieder gibt es im Eichsfeld und wie können sie erklärt werden?“
5.2 Zeitliche Entstehung/ Alter des sprachlichen Materials
5.3 Analyse der Rodungsnamen
5.3.1 These: „In einem ehemals bewaldeten Gebiet in Teilen des Untereichsfelds
werden in der zweiten Konstituente typische Rodungsnamen verwendet!“
5.3.2 These: „Es gibt verschiedene Varianten der Rodungsnamen!“

6. Zusammenfassung und Ergebnisse

Literatur

Abkürzungen

Anhang

1. Einleitung

Fuhrbach, Gerblingerode, Breitenberg, Bernshausen, Mingerode. Diese Eigennamen, genauer genommen sind es Siedlungsnamen, kommen in der Region Eichsfeld vor. Das Eichsfeld ist eine historische Region in Mitteldeutschland und liegt zum größten Teil in Thüringen, aber auch in Niedersachen und Teilen Hessens.Der Titel der Arbeit lautet ganz allgemein „Untersuchung der Siedlungsnamen in der Region (Unter-)Eichsfeld“. In dieser Ausarbeitung sollen nämlich die Siedlungsnamen, also die Namen der Ortschaften im gesamten Eichsfeld, untersucht und analysiert werden. Der Zusatz „(Unter-)“ referiert auf die spätere Analyse. Das Eichsfeld teilt sich nämlich in Ober- und Untereichsfeld auf. Aus pragmatischen Gründen soll in der Analyse primär auf die Namen des Untereichsfelds eingegangen werden. Die Namen des Obereichsfelds werden hinsichtlich ausgewählter Aspekte vergleichend mit einbezogen. Der Aufbau der verschiedenen Wörter und die häufigsten, sowie speziellsten Benennungsmotive dieser Namenklasse sollen in verschiedenen Analyseschritten erörtert werden.

Es wurde sich für die Region „Eichsfeld“ entschieden, weil der Autor aus der Region stammt und es ein Namenkorpus ist, welcher sehr interessante Benennungen besitzt, da es viele Dörfer im Eichsfeld gibt. Gerade das -ingerode in der zweiten Konstituente erhält besondere Aufmerksamkeit, da es so in anderen Regionen sehr selten auftritt.

Der Aufbau der Arbeit zielt auf die Analyse der Siedlungsnamen im Untereichsfeld ab, daher ist es unerlässlich zunächst die theoretischen Grundpositionen und den Stand der Forschung in diesem Gebiet darzulegen. Wenn in der Sprachwissenschaft von Namen gesprochen wird, fällt dies in der Regel in die wissenschaftliche Teildisziplin der Onomastik. Zu Beginn der Arbeit wird daher allgemein über diese besondere Klasse in der Linguistik, also die Eigennamen, informiert und anschließend die für die Analyse wichtige Namenklasse der Siedlungsnamen konkret dargestellt. Die Abgrenzung zu anderen Namenklassen in der Onomastik soll anhand bestimmter Kriterien festgelegt werden. Bei der Herausarbeitung des Forschungsstands wird sich hauptsächlich auf zwei Standardwerke der Namensforschung: „Nübling, Damaris; Fahlbusch; Heuer (2012): Namen. Eine Einführung in die Onomastik. - Tübingen: Narr Franke Attempto Verlag“ und„Fleischer, Wolfgang; Helbig; Lerchner (Hrsg.) (2001): Kleine Enzyklopädie – deut- sche Sprache. – Frankfurt am Main: Lang.“ bezogen.

Im weiteren Verlauf wird der Namenskorpus erklärt und genannt. Die Frage, aus welcher Region die Namen der Analyse stammen, soll definiert werden.

Anschließend werden die Arbeitshypothesen mithilfe von verschiedenen Fragestellungen und Thesen festgelegt, um später in einer gezielten Analyse vom Allgemeinen zum Speziellen das sprachliche Material zu untersuchen.

Ziel der Erarbeitung ist es, die morphologische Struktur des sprachlichen Materials unter Wortbildungsaspekten zu erörtern und auf die Semantik der Namen einzugehen. Weiterhin soll der Zeitpunkt der Benennung der Orte im Untereichsfeld anhand des Forschungsstands zeitlich eingeordnet werden. Abschließend wird spezieller auf eine Wortbildungsklasse eingegangen. Die Ausarbeitungen von Jürgen Udolph in Kooperation mit dem MDR Thüringen und aus dem Buch „Udolph,Jürgen; Casemir; Ohainski (2003): Die Ortsnamen des Landkreises Göttingen. - Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte.“ sind bei der Analyse von enormer Wichtigkeit.

2. Forschungsstand Eigennamen

Die Siedlungsnamen gehören zu ihrer Überklasse, den Ortsnamen. Diese wiederum gehören zur allgemeinen Klasse der Eigennamen. Um eine sorgfältige Analyse der Siedlungsnamen zu entwerfen, ist es unabdingbar zunächst über die Eigennamen und später die Siedlungsnamen zu informieren. Wie funktionieren sie, welche Konstituenten gehören zu ihnen und wie werden sie unterteilt?

Die Hauptfunktion von Eigennamen sei laut Nübling (2012) die Monoreferenz, also der sprachliche Bezug auf genau ein Objekt. Bei den Eigennamen komme es also nicht auf die Wortbedeutung an. Durch den unidirektionalen Bezug (Direktreferenz)vom Namenausdruck direkt auf das Referenzobjekt, entfalle die Seite des Signifikats(Inhalt, Bedeutung). Die genannte Monoreferenz trage außerdem zur Identifizierung eines Referenzobjekts bei. Dieses Objekt werde erst durch die Vergabe eines Namens individualisiert. Identifiziert würden Objekte zum Beispiel auch mit Zahlen. Erst die Vergabe eines Namens individualisiere diese auch.Auch in der Syntax bzw. Grammatik komme es bei Eigennamen zu bestimmten Eigenheiten, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden.1

2.1 Abgrenzung Eigennamen – Gattungsnamen

In der Klasse der Substantive wird anhand der sinnlichen Wahrnehmbarkeit zwischen Konkreta und Abstrakta unterschieden. Zur Klasse der Abstrakta gehören Lexeme, die sich mit den Sinnen nur sehr schwer oder gar nicht wahrnehmen lassen. Die Substantive Alter, Länge und Demut ordnet man beispielsweise in diese Klasse ein.

Die Konkreta teilen sich weiter in „Eigennamen“, „Appellativa“, „Kollektiva“ und„Stoffbezeichnungen“ auf. Gerade zwischen den Eigennamen und den Appellativa, zu denen man Gattungs- oder Klassenbezeichnungen, wie zum Beispiel Mensch, Hund, Land oder Baum zählt, gäbe es nur minimale Unterschiede.2

Die Abgrenzung der Eigennamen von den Gattungsnamen trägt zu einem besseren Verständnis der besonderen sprachlichen Stellung der Eigennamen bei.

Wichtigster Unterschied sei die Referenzleistung der beiden Klassen, also der Bezug vom Ausdruck auf das bezeichnete Objekt. Das Semiotische Bezeichnungsmodell unterscheide zwischen Ausdruck, Objekt und Bedeutung. Bei den Appellativa erfasse man erst über das Wissen der lexikalischen Bedeutung, also den Inhalt des Ausdrucks, die Objektklasse. „Der Direktweg vom puren Ausdruck zum Objekt ist jedoch ausgeschlossen“3. Die Vorstellung, beispielsweise eines Hundes, wird durch gegenseitiges einander ins Gedächtnis bringen zwischen Ausdruck und lexikalischer Bedeutung evoziert. Nübling (2012) bringt dazu das Beispiel, dass man beim Ansehen eines Hundes, ihn sofort bezeichnen könne. Diesem „Hund“ sehe manaber eben nicht seinen Eigennamen an, da dieser vorher mitgeteilt werden müsse.4

Wie schon dargelegt wurde, kommen Namen durch die Direktreferenz keine lexikalische Bedeutung zu. Oft trage ein Name semantische Strukturen, die jedoch keinen Bezug zum Objekt mehr leisten würden. Man dürfe nämlich zum Beispiel nicht davon ausgehen, dass die Menschen, die den Familiennamen Schäfer tragen, auch diesen Beruf in ihrem Leben repräsentieren würden.5

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der Klassen sei die Übersetzbarkeit. Laut Nübling (2012) sei es allgemein so, dass sich Appellativa in andere Sprachen übersetzen lassen, Eigennamen aber stets unübersetzbar blieben.6

Letztendlich lasse sich festhalten, dass das Appellativum zur Charakterisierung und der Eigenname zur Identifizierung beitrage und sich diese Klassen gerade hinsichtlich ihrer Referenzleistung voneinander abgrenzen würden.

Weiterhin komme es zu Phänomenen, in denen Eigennamen und Appellativa diachron ineinander übergingen. „Ein Appellativ wird zum Eigenname, wenn er beim Referieren seine deskriptiven Bedingungen aufgibt“7. Diesen genannten Prozess bezeichne man als Onymisierung. Der umgekehrte Prozess, in dem der Eigenname zum Appellativ wird, werde Deonymisierung genannt.

Den Prozess der Onymisierung würden vier verschiedene sprachliche Phänomene begleiten. Von Nübling (2012) werden dazu: semantisch/lexikalisch, morphologisch, phonologisch/graphematisch und motivierbar bis opak voneinander unterschieden. Da diese Phänomene nicht Gegenstand der späteren Analyse sind, wird hier auch nicht weiter darauf eingegangen.

2.2 Namenklassen und deren Abgrenzung

Auch innerhalb der Eigennamen werden verschiedene Klassen unterschieden. Viele verschiedene Objekte hat der Mensch im Laufe der Zeit benannt. Diese Benennungen können nach bestimmten Kriterien voneinander unterschieden werden. Nübling (2012) zieht dazu die individualitätsbasierte Namenklassifikation heran. Um diese nachvollziehen zu können, muss aber vorher das Konzept der Belebtheit und Individualität geklärt werden, die einen großen Einfluss auf die Namengebung haben.

Um die Belebtheit von Objekten zu beschreiben, werde analysiert, wie menschlich, agentiv, belebt, konturiert, zählbar oder materiell sie sind. Dazu wird die Ähnlichkeit mit uns selbst als menschlich, das bewusste Handeln eines Objekts als agentiv, die Belebtheit im biologischen Sinn als belebt und die Wahrnehmbarkeit in Abgrenzung zur Umgebung als kontruiert gewertet. Die Individualität setze sich außerdem aus den genannten Faktoren zusammen. Je mehr der Aspekte dabei als positiv gewertet werden, desto höher sei der Grad an Individualität und Identifizierbarkeit.8

Eine Anordnung der Eigennamenklassen durch die Kategorien Belebtheit und Individualität führe dazu, dass die Personennamen (Anthroponyme) die Kriterien fast vollständig erfüllen würden. Eine weitere Klasse, die auch belebt, aber nicht menschlich ist, seien die Tiernamen (Zoonyme). Die relevante Klasse für die Ausarbeitung, die Ortsnamen (Toponyme), seien zwar nicht belebt, würden aber einen hohen Belebtheits- und Individualitätsgrad in der Hinsicht haben, dass sie den menschlichen Siedlungsraum bezeichnen würden.

Alles was für den Menschen wichtig und relevant ist, werde bezeichnet. So kommen noch weitere Klassen, wie die Objektnamen (Ergonyme), welche Konsumgüter und vom Menschen geschaffene Dinge bezeichnen würden, hinzu. Die Ereignisnamen (Praxonyme) und die Phänomennamen (Phänonyme) würden letztendlich zum Beispiel Kriege oder Naturphänomene benennen.9

2.3 Namenklasse der Untersuchung – Siedlungsnamen

2.3.1 Ortsnamen/Geographische Namen

Für die nachfolgende Analyse der Siedlungsnamen wird diese Subklasse der Eigennamen in diesem Kapitel beschrieben. Die Siedlungsnamen ordnen sich zur Klasse der Ortsnamen (Toponyme) zu. Diese werden in der Literatur häufig auchanders benannt. Fleischer/Helbig/Lechner (2001) nennen die Klasse beispielsweise„Geographische Namen“ und definieren sie als „dem Menschen und seine Wohnwelt umgebende[n] Raum“10. Nüblings Definition der Toponyme bleibt allgemeiner und meint „alle Objekte der Erdoberfläche bzw. des Weltalls“11.

Die Klassen sind, wie schon beschrieben wurde, nach dem Grad ihrer Belebtheit und Individualität unterscheidbar. Um die einzelnen Klassen zu charakterisieren, zieht Nübling die onymischen Eigenschaften heran, wendet diese aber nicht explizit auf die verschiedenen Namenklassen an, sondern zeigt nur eine Tendenz in einer Tabelle [Siehe Abb.1].

Gerade bei den Toponymen ist die Zuordnung der Eigenschaften nicht so klar, wie zum Beispiel bei den Anthroponymen. Die Toponyme hätten gerade bei älteren Namen einen teilweise festen Eigennamenbestand12, auf den immer wieder zurückgegriffen werden kann. Gerade bei alten Siedlungsnamen oder Gewässernamen kommt es zu wiederholenden Konstituenten oder prototypischen Wurzeln und Suffixen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Neubildungen oder sprachliche Abwandlungen. Wird bei den Neubildungen aus einem Appellativ ein Eigenname, spreche man von primärer Namengebung.13 Die onymischen Eigenschaften unterscheiden bei den Klassen weiterhin zwischen Opakheit (undurchsichtig)14 und Transparenz (durchsichtig). Auch hier ist es für die Klasse der Toponyme eher ambivalent. Beide Merkmale lassen sich wiederfinden. Außerdem gibt es native Namen, aber auf der anderen Seite auch Fremdnamen und Fremdstrukturen, welche häufig aus dem Slawischen oder aus dem Latein

kommen. In der Regel findet man Gattungsnamen in den Toponymen wieder, solange sie nicht völlig opak geworden sind. Die Toponyme sind mit einfachen, kurzen Namen und komplexen Namen auch hinsichtlich ihrer Länge heterogen. Letztendlich findet man eher alte Namen wieder, denn einige Gruppen von Toponymen sind mehrere Jahrhunderte bzw. Jahrtausende alt.15

Zusammenfassend muss für die Toponyme festhalten werden, dass sie von Name zu Name hinsichtlich ihrer onymischen Eigenschaften stets unterschiedlich sind. Trotzdem gibt es immer wiederkehrende Bildungsweisen. Nicht umsonst stehen sie in Abbildung 1 von Nübling (2012) zwischen den Zoonymen und Ergonymen.

Die Toponyme teilen sich in verschiedenste Gruppen auf. Die Subklassen„Raumnamen, Siedlungsnamen, Gewässernamen, Berg -und Gebirgsnamen,Flurnamen, Straßennamen uvm.“ werden zu dieser Klasse zugeordnet.16

Grundlegendes Merkmal sei bei allen Gruppen die Fixierbarkeit auf der Karte und die ortsfeste Gebundenheit.17 Nübling (2012) unterteilt die Gruppen anhand von vier Gegensatzpaaren. Objekte im Weltall stehen gegenüber Objekten auf Erden, welche weiter in Benennungen für Land und Benennungen für Wasser unterschieden werden. Die Größe der Objekte wird in großräumig und kleinräumig unterteilt und als letztes Paar ist „besiedelt“ gegenüber „unbesiedelt“ unterschieden.18

2.3.2 Siedlungsnamen

Anhand dieser Merkmale lassen sich auch die Siedlungsnamen von den anderen Namengruppen, die zu den Toponymen gehören, abgrenzen.

Die Siedlungsnamen, „die zur Benennung menschlicher Siedlungen dienen“19, benennen ganz allgemein Objekte auf der Erde, welche sich auf dem Land befinden. Sie benennen somit eher Makrotoponyme, also geographische Großobjekte, die besiedelt sind [Siehe Abb 2: Merkmale der Ortsnamentypen].20

Die Siedlungsnamen gehören zusammen mit den Gewässernamen zu den ältesten Toponymen. Die sprachlichen Zeugnisse für die Raumerschließung vermehrten sich mit der zunehmenden Sesshaftigkeit des Menschen und unterliegen durch Veränderung der historischen Bedingungen und der sprachlichen Entwicklung stetigen Veränderungen und Namenswechseln.21

Betrachtet man eben diese historische Entwicklung der Siedlungsnamen erkenne man als älteste Schicht die Namen keltischen Ursprungs. Als Beispiele seien Worms (Borbetomagus) ‚Feld am Fluss Bobeta‘ oder Remagen (Rigomagus) ‚Königsfeld‘, für den keltischen Einfluss im 1.-3. Jahrhundert prototypisch.22

Nach dem Keltischen habe auch das Lateinische Einfluss auf die deutschen Siedlungsnamen gehabt. Die Römer besiedelten das Gebiet an Rhein und Donau,gründeten eigene Niederlassungen und nannten diese zum Beispiel Colonia Augusta Treverorum ‚die vom Kaiser Augustus angelegte Siedlung der Treverer‘, welche das heutige Trier ist. Außerdem käme es im Mittelalter durch das Mönchslatein oder aus Lehnwörtern zu weiteren lateinischen Siedlungsnamen.23

Eine spätere Gruppe von Siedlungsnamen lasse sich dem Germanischen zuordnen. Es handle sich dabei um „suffigierte Insassenbezeichnungen mit den Zugehörigkeitssuffixen -ing/-ung“24, wie beispielsweise Göttingen ‚bei den Leuten an der Wasserrinne´. Stellenbezeichnungen mit den Kollektivsuffixen -ithi/ -idi, wie bei Essen (874: Astnide) ‚Ort mit Trocken-Schmelzofen´ seien außerdem stereotypisch für diese sprachliche Gruppe.25

Im deutsch-slawischen Berührungsgebiet östlich der Elbe und im Bereich der Donau finde man ursprüngliche slawische Siedlungsnamen, welche meist zur Zeit des Frühmittelalters entstanden seien. Als Beispiele werden Meuselwitz, Rostock oder Cottbus von Nübling (2012) genannt26.

In der alt- und mittelhochdeutschen Phase sei es zu einer großen Anzahl an Siedlungsneugründungen gekommen. Nübling (2012) ordnet diese deutschen Namen anhand der Endglieder in einer summarischen Leittypenchronologie, welche von Besch (2004) stammt, an:

1. Die Periode fränkischer Landnahme im 5./6. Jahrhundert beschreibe die ältesten Sprachbelege dieser alt-und mittelhochdeutschen Phase. Namen auf -ing(en), wie Sigmaringen ‚bei den Leuten des Sigmar‘, -heim ‚Heimat, Wohnort‘ oder -dorf, seien für diese erste Klasse charakteristisch.
2. Zur Zeit der Kolonisationstätigkeit zwischen dem 7.-9. Jahrhundert entstünden in der zweiten Konstituente der Wörter Namen, die auf –bach ´Bach´, -stadt,‚Stelle/Ort‘, -hausen ‚bei den Häusern‘, -hofen ‚Bei den Höfen‘, -weiler ‚Siedlung‘oder –leben ‚Erbhinterlassenschaft‘.
3. Die Urbarmachung aufgrund des starken Bevölkerungswachstums rund um das11. Jahrhundert führe zu typischen Rodungsnamen, wie -rod/roth/reuth ‚Rodung‘,-grün ‚grüne Fläche‘ oder -wald ‚Wald, unbebautes Land‘. Weitere Konstituenten,die in diese Klasse passen, seien die Endungen -borstel, -büttel, -hagen/hain/hahn,-scheid, -seifen, -born/brunn oder -berg/burg.
4. Zuletzt zählt Nübling (2012) noch die aus wirtschaftlichen Gründen entstanden Namen im 17./18. Jahrhundert in einer Gruppe zusammen.27

3. Korpusbeschreibung

Die vorliegende Untersuchung erfasst die Siedlungsnamen der Region „Eichsfeld“.

Der Landschaftsname Eichsfeld bezeichnet eine historisch herausgebildete 1540 Quadratkilometer große Region bzw. Landschaft in Mitteldeutschland. 897 n.Chr. ist der Landschaftsname Eichsfeld das erste Mal urkundlich erwähnt worden. Die ältesten Funde reichen in der Nähe von Duderstadt bis 5000 v.Chr. zurück.28 Das Eichfelder Land sei zwischen Harz, Werra, Göttinger Senke und Thüringer Becken einzuordnen und habe seine historischen Grenzen aus der Schlacht an der Unstrut zwischen den Franken mit den verbündeten Sachsen gegen die Thüringer im Jahre 531 n.Chr., die das Ende des Königreichs Thüringen bedeutete, erhalten. Die Franken und Sachsen teilten das Gebiet unter sich auf. Aus dieser Aufteilung sei wohl auch die innere Teilung des Eichsfelds in Unter- und Obereichsfeld hervorgegangen.29 Für die Grenze zwischen Ober- und Untereichsfeld gäbe es aber heute keine einheitliche Festlegung. Häufig wird das Ober- vom Untereichsfeld an der aktuellen Landesgrenze zwischen Thüringen und Niedersachsen geteilt. Zudem wird es auch entlang der Benrather Linie, also der Sprachgrenze zwischen dem mitteldeutschen und dem niederdeutschen Dialekt, voneinander getrennt.30 In der folgenden Analyse der Siedlungsnamen wird sich bei der Begrenzung des Eichsfelds an die Grenzen der Karte „Das Eichsfeld 1900“ aus dem Werk von Leineweber (1900)31 orientiert [Siehe Abb. 3]. Die Orte der Karte existieren und heißen auch heute noch genauso. Nur die beiden Städte Leinefelde und Worbis sind 2004 zu Leinefelde-Worbis fusioniert.32

Anhand dieser Aufteilung ergeben sich 49 Siedlungsnamen für das Untereichsfeld und 111 Siedlungsnamen für das räumlich größere Obereichsfeld. Insgesamt summiert sich der Namenkorpus der Region also auf 160 Siedlungsnamen. Die Stadt Duderstadt ist mit 9.025 Einwohnern (Stand: 01.03.2018) die größte und einzige Stadt im Untereichsfeld. Mit den umliegenden, eng angrenzenden 14 Dörfern kommt man auf 20.916 Einwohner (Stand: 1.3.2018).33

Im Obereichsfeld bilden die beiden Städte Heilbad Heiligenstadt mit 16.962 Einwohnern und Leinefelde-Worbis mit 18.622 die größten Niederlassungen.34 (beide Stand: 31.12.2016)

Für die Analyse der Siedlungsnamen des Untereichsfelds, welche den Hauptteil der Analyse ausmacht, werden folgende 49 Eigennamen verwendet:

Berlingerode, Bernshausen, Bilshausen, Bischofferode, Bleckenrode, Böseckendorf, Bodensee, Brehme, Breitenberg, Brochthausen, Desingerode, Duderstadt, Ecklingerode, Esplingerode, Ferna, Fuhrbach, Gerblingerode, Germershausen, Gerode, Gieboldehausen, Glasehausen, Hilkerode, Holungen, Hundeshagen, Immingerode, Krebeck, Jützenbach, Langenhagen, Lindau, Lüderode, Mingerode, Neuendorf, Nesselröden, Obernfeld, Renshausen, Rhumspringe, Rollshausen, Rüdershausen, Seeburg, Seulingen, Teistungen, Tastungen, Tiftlingerode, Wehnde, Weißenborn, Werxhausen, Westerode, Wintzingerode, Wollbrandshausen (orientiert an Abb. 3. Aus: Leineweber (1900)).

Als Vergleichsklasse bezüglich ausgewählter Aspekte dienen die 111 Siedlungsnamen des Obereichsfelds, welche im Anhang [Abb. 4] nachzuschlagen sind.

[...]


1 vgl. Nübling (2012:17)

2 vgl. Nübling (2012:28,29)

3 Nübling (2012:33)

4 vgl. Nübling (2012:33-34)

5 vgl. Nübling (2012:32)

6 vgl. Nübling (2012:42)

7 Nübling (2012:49) zit. n. Debus/Seibicke (1989:143-165)

8 vgl. Nübling (2012:97-98)

9 vgl. Nübling (2012:99-100)

10 Fleischer/Helbig/Lerchner (2001:684) zit. n. Bauer (1985:53 f.)

11 Nübling (2012:206)

12 vgl. Nübling (2012:207)

13 vgl. Nübling (2012:220)

14 vgl. Dudenredaktion (o. J.): „opak“ auf Duden online.

15 vgl. Nübling (2012:207)

16 vgl. Nübling (2012:206-264)

17 vgl. Nübling (2012:206) zit. n. Śrámek (2007:26)

18 vgl. Nübling (2012:206)

19 vgl. Agricola/Fleischer/Protze (1970:687)

20 vgl. Nübling (2012:206-207)

21 vgl. Fleischer/Helbig/Lerchner (2001:688-689)

22 vgl. Fleischer/Helbig/Lerchner (2001:698)

23 vgl. Fleischer/Helbig/Lerchner (2001 (698-699)

24 Nübling (2012:215)

25 vgl. Nübling (2012:215)

26 vgl. Fleischer/Helbig/Lerchner (2001:700-701)

27 vgl. Nübling (2012:217-218) siehe in: Besch (2004)

28 vgl. Dein Niedersachsen (2015)

29 vgl. Keppler (2000:8)

30 vgl. Seite „Eichsfeld“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie (2018)

31 vgl. Leineweber (1900)

32 vgl. Hünger (2014) – In: Thüringer Allgemeine Zeitung (2014)

33 vgl. Citywerk (2018)

34 vgl. Thüringer Landesamt für Statistik (2018)

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Untersuchung der Siedlungsnamen in der Region (Unter-) Eichsfeld
Hochschule
Universität Erfurt
Autor
Jahr
2018
Seiten
24
Katalognummer
V457223
ISBN (eBook)
9783668898097
ISBN (Buch)
9783668898103
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Duderstadt
Arbeit zitieren
Robert Mühlhaus (Autor:in), 2018, Untersuchung der Siedlungsnamen in der Region (Unter-) Eichsfeld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/457223

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