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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Stand, Durchführung und (ungenutzte) Potenziale qualitativer Evidenzsynthesen in der deutschen Versorgungsforschung

Meeting Abstract

  • Angélique Herrler - Bereich Versorgungsforschung im Kindes- und Jugendalter, Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Neonatologie und Kinderkardiologie, Universitätsklinikum Düsseldorf und Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • Veronika Lentsch - Berufsakademie Nord, Hamburg, Deutschland
  • Helene Hense - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
  • Verena Leve - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Universitätsklinikum Düsseldorf und Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • Yvonne Eisenmann - Zentrum für Klinische Studien, Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland
  • Ralph Möhler - Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Centre for Health and Society, Universitätsklinikum Düsseldorf und Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • Kleingruppe Qualitative Evidenzsynthese, AG Qualitative Methoden im DNVF

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf412

doi: 10.3205/23dkvf412, urn:nbn:de:0183-23dkvf4123

Published: October 2, 2023

© 2023 Herrler et al.
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Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Qualitative Evidenzsynthese (QES) ist ein Oberbegriff für Ansätze zur systematischen Untersuchung und Zusammenführung von Ergebnissen aus qualitativen Primärstudien. Im Wesentlichen werden zwei Stränge unterschieden:

1.
Metasummaries, die auf Aggregation und Kondensation der primären Studienergebnisse abzielen und
2.
Metasynthesen, die die Primärstudienergebnisse integrieren und neu interpretieren.

Der systematische Ansatz der QES unterscheidet sich von einer „narrativen“ Synthese qualitativer Ergebnisse ohne eine zugrundeliegende Methodologie. QES haben ein erhebliches Potenzial zur Wissensgenerierung auf der Basis qualitativer Evidenz und stärken damit auch deren Verwertung. Im internationalen Vergleich werden QES in der deutschen Versorgungsforschung bisher jedoch selten eingesetzt.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Die Kleingruppe „QES“ innerhalb der DNVF-AG „Qualitative Methoden“ beschäftigt sich mit dem Stand, den Methoden und den Ergebnissen der Durchführung sowie Herausforderungen und Potenzialen der QES. Das Ziel des Beitrags ist die Darstellung der bisherigen Erkenntnisse, v.a. hinsichtlich der Systematisierung und angemessenen Wahl der QES-Methoden, zu erwartenden Ergebnissen und deren Weiterverwendung anhand konkreter Beispiele.

Ergebnisse und Diskussion: Hochwertige QES bieten große Potenziale für die Versorgungsforschung, da sie die Erkenntnisse aus qualitativen Studien systematisch synthetisieren und so für weitergehende Forschung und evidenzbasierte Entscheidungsfindung zugänglich machen. QES eignen sich v.a., um

1.
einen Überblick über die Ergebnisse von qualitativen Studien zu ermöglichen,
2.
Theoriebildung anzustoßen,
3.
praxisrelevante Fragestellungen mit qualitativen Erkenntnissen zu beantworten.

Problematisch zu diskutieren sind jedoch die z. T. limitierte Qualität bei der Umsetzung, Beispiele und Fortbildungsangebote zur Erstellung von QES in Deutschland sowie die unscharfe Verwendung bzw. Gleichsetzung dieses originär qualitativen Forschungsansatzes mit narrativen Synthesen. Dies betrifft insbesondere den Umgang mit qualitativen Studien in Mixed-Methods-Reviews oder Reviews zu qualitativen Studien, die keine etablierten QES-Methode anwenden.

Implikation für die Forschung: QES bilden ein Set an qualitativen Methoden, die die valide Weiterverwertung von qualitativen Primärstudien ermöglichen. In einem umfassenden Verständnis von Evidenz, das auch den Kontext einschließt, stellen sie damit ein wichtiges Instrument für die Versorgungsforschung dar. Eine korrekte Einordnung und Verwendung von QES-Methoden, unter Berücksichtigung und Stärkung ihres qualitativen Charakters, ist ein erster Schritt zur Realisierung ihres Potenzials in der Versorgungsforschung.