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Fieber ohne Fokus und Vorhofflattern – ein Fall für die Rheumatologie?
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Published: | September 14, 2021 |
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Vorgeschichte: An Vorerkrankungen bestehen ein Z.n. Myokardinfarkt, ein arterieller Hypertonus sowie ein normofrequentes, permanentes Vorhofflimmern. Auf Nachfrage berichtet der 78-jährige Patient zudem von wiederholten Gelenkentzündungen, bei denen Kortison gut helfe. Rheumatologisch wurde er bisher nicht betreut. Er bejaht regelmäßigen Alkoholkonsum.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Herr T. stellt sich mit seit wenigen Tagen bestehenden Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, Herzrasen, Dyspnoe, Fieber bis 40°C sowie Schmerzen in beiden Ellenbogen-, Knie-, und Zehengrundgelenken in der ZNA unserer Klinik vor.
Diagnostik: Laborchemisch zeigten sich bei Aufnahme erhöhte Entzündungswerte (CRP 22,4 mg/dl, Leukozyten 13x1000/µl). Nach der Asservierung von Urin- und Blutkulturen begannen wir eine kalkulierte antibiotische Therapie mit Ceftriaxon. Im EKG stellte sich ein Vorhofflattern mit einer Herzfrequenz von 145/Minute dar. Die Infektfokussuche (Urinuntersuchung, Röntgenthorax, Abdomensonographie, TEE und CT der LWS) blieb unauffällig.
Arthrosonographisch sahen wir eine hochfloride Polyarthritis mit Doppelkonturzeichen und multiplen Erosionen bei anamnestisch mutmaßlich langjährig bestehender Gicht. Im Verlauf kam es zu einem spontanen Entleeren eines Gichttophus am dritten Zeh des rechten Fußes. In der Polarisationsmikroskopie konnten hier multiple negativ doppelbrechende Kristalle nachgewiesen werden (Abbildung 1a [Abb. 1]). Der Harnsäurewert bei Aufnahme lag bei 10,9 mg/dl.
Wir ergänzten die Diagnostik um eine Dual Energy CT, in der sich Uratablagerungen multifokal koronar (Abbildung 1b [Abb. 1]), im Bereich der Aorta ascendens und im Bereich des Proc. transversus des LWK 3 darstellten. Letztere war möglicherweise die Ursache der beklagten Dorsalgien, differentialdiagnostisch bestanden ausgeprägte degenerative LWS-Veränderungen. Die klinische Relevanz von Uratablagerungen an Gefäßen ist nicht eindeutig geklärt, ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko wird vermutet. In zwei Studien konnten bei über 80% der untersuchten Gicht-Patienten Uratablagerungen in den (Koronar-) Gefäßen dargestellt werden [1].
Therapie: Bei bestehender Nierenfunktionseinschränkung begannen wir eine vorsichtige harnsäuresenkende Therapie mit Allopurinol (150 mg/T). Bei bestehender Digitoxintherapie bestand zudem eine Kontraindikation für eine Therapie mit Colchicin (Interaktionspotential, da P-gp Hemmer).
Zur Entzündungskontrolle bei hoher systemischer Inflammation entschieden wir uns zu einem Therapiebeginn mit Canakinumab. Zudem erfolgte die Therapieeinleitung mit Metoprolol und Aufdosierung von Digitoxin.
Weiterer Verlauf: Unter den eingeleiteten Therapien kam es zu einem raschen klinischen Ansprechen mit einem Abfall der Entzündungs- sowie des Harnsäurewertes und einer Konversion in das vorbekannte, normofrequente Vorhofflimmern mit deutlicher klinischer Besserung.
Disclosures: Die Autoren geben keine Interessenkonflikte an.