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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Let’s discuss IT – Datenbank zur Diskussion ethischer Fragen beim Einsatz assistiver, neuer Technologien im Bereich der Gesundheitsversorgung

Meeting Abstract

  • Jan Heinrich Beinke - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Marcus Garthaus - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Anne Koppenburger - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Pascal Meier - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Hartmut Remmers - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Roland Simon - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland
  • Frank Teuteberg - Universität Osnabrück, Osnabrück, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 220

doi: 10.3205/18gmds040, urn:nbn:de:0183-18gmds0404

Published: August 27, 2018

© 2018 Beinke et al.
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Text

Hintergrund: NutzerInnen assistiver, neuer Technologien in der Gesundheitsversorgung befinden sich derzeit in einer misslichen Lage. Der Gebrauch technischer Verfahren und Systeme (bspw. Smart Home, Gesundheitsapplikationen) ist nur unzureichend reguliert, was u.a. zu Unsicherheiten der NutzerInnen führt. Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) stärkt zwar den Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung. Eine Ausschöpfung der Potenziale von Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen wird aber gerade dadurch unterminiert [1]. Ein zentrales Problem der ethischen Entscheidungsfindungen zu Fragen der Anwendung assistiver Technologien besteht darin, dass rechtliche und ethische Normen nicht mit der Entwicklung der Technologien synchron gehen, die ethischen Diskussionen bei der Technologieentwicklung häufig auf Fachebene stattfinden und die Perspektive der NutzerInnen unberücksichtigt bzw. ungenutzt bleibt.

Ziel der Studie: Mit der Entwicklung einer Datenbank für ethische Diskussionen soll dieser Regulierungslücke entgegengesteuert werden: Grundsätzlich soll erprobt werden, ob sich der diskursethische Ansatz zur Bewertung der Anwendung neuer Technologien im Einzelfall über eine Datenbank abbilden lässt. Unter der Annahme, dass Anwendungsszenarien sich als sozio-technische Arrangements betrachten lassen, ist davon auszugehen, dass an der Entscheidungsfindung unterschiedliche AkteurInnen beteiligt sind. Untersucht wird demzufolge, ob das zu entwickelnde Datenbanksystem in der Lage ist, die beteiligten NutzerInnenperspektiven (u.a. LeistungsempfängerInnen, HumandienstleistungsanbieterInnen) abzubilden. Darüber hinaus wird gefragt, inwiefern eine narrative Ethik Entscheidungsfindungen ermöglicht. In einem moderierten Diskussionsprozess wird mithilfe von narrativen Reflexionsfolien über Regulierungen und Normierungen hinausgegangen. So können am Einzelfall entwickelte Entscheidungen hinsichtlich der Nutzung neuer Technologien nachvollziehbar dargestellt werden.

Vorgeschlagene Methode: In einer SQL-Datenbank werden unter anderem Titel, Autor, Keywords, Veröffentlichungsdatum, Dateilink und Nutzertyp gespeichert. Per Webinterface können mit Hilfe einer barrierearmen Abfragemaske Informationen aus der Datenbank ausgegeben werden. Dabei sind insbesondere die auszuwählenden Keywords, also der jeweilige Fokus der ethischen Empfehlungen sowie der Nutzertyp (bspw. TechnikentwicklerInnen, Laien) von besonderer Bedeutung für die Auswahl. Zusätzlich wird durch ein Forum eine Diskussion zwischen den NutzerInnen ermöglicht. Der (kontinuierliche) Weiterentwicklungsprozess folgt dabei dem Design Science Paradigma nach Hevner et al. [2]. In diesem Kontext sind kontinuierlich abwechselnde Entwicklungs- und Evaluationszyklen durchzuführen, die eine adressatengerechte Informationsaufbereitung sicherstellen sollen. Initial erfolgt dabei eine umfassende Anforderungsanalyse zur Erhebung der Anforderungen unterschiedlicher AnwenderInnengruppen. Des Weiteren besteht für angemeldete NutzerInnen die Möglichkeit, thematisch fokussierte Diskussionen anzustoßen und Beiträge zu veröffentlichen.

Diskussionspunkte: Die zu erstellende Datenbank liefert keine verbindlichen Handlungsempfehlungen für ethische Beurteilungen, wohl aber Möglichkeiten zur reflexiven Auseinandersetzung. Zu klären ist, wie sowohl auf Ebene der Darstellung als auch auf Ebene der Inhalte für einen reflexiven Gebrauch der Datenbank sensibilisiert werden kann. Und: Welche Aspekte sind bei der Entwicklung des Datenbankmodells zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn die Datenbank verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Interessenlagen zugänglich sein soll? Abschließend soll diskutiert werden, ob die zu entwickelnde Datenbank komplementär zum MEESTAR-Modell [3] für die ethische Beurteilung bspw. Altersgerechter Assistenzsysteme eingesetzt werden kann.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Deutscher Ethikrat. Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informelle Freiheitsgestaltung. Stellungnahme. Berlin; 2017.
2.
Hevner AR, March ST, Jinsoo P, Sudha, R. Design Science in Information Systems Research. MIS Quarterly. 2004;28(1):75-105.
3.
Manzeschke A, Weber K, Rother K, Fangerau H. Ergebnisse der Studie „Ethische Fragen im Bereich Altersgerechter Assistenzsysteme“. Berlin: VDI/VDE; 2013.