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Kammerflimmern bei 15-jährigem Patienten unter Methylphenidattherapie
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Published: | April 17, 2013 |
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Hintergrund: In den vergangenen 15 Jahren hat die Zahl der Patienten unter Methylphenidattherapie stark zugenommen. Methylphenidat wirkt über eine Reuptake-Hemmung von Noradrenalin und Dopamin durch Blockade des vesikulären Monoamintransporters 2 (VMAT2) und erhöht somit die Katecholaminkonzentration im synaptischen Spalt.
Fallbericht: Plötzlicher reanimationspflichtiger Zustand eines 15 Jährigen Jugendlichen. Durch den Rettungsdienst Defibrillation per automatisiertem externem Defibrillator (AED) bei Vorliegen von Kammerflimmern, dadurch Konversion in Sinusrhythmus. Intubation durch den Notarzt bei GCS 3. Während des Transports in die Klinik kreislaufstabil mit einzelnen ventrikulären Extrasystolen (VES).
Bislang gesunder Jugendlicher, seit 6 Monaten Methylphenidattherapie bei ADHS, kein fieberhafter Infekt in vergangenen 2 Monaten, keine Drogen.
Nach Aufnahme Hypothermiebehandlung über 24 Stunden, währenddessen Katecholamintherapie bei Kreislaufinsuffizienz. VES in Salven, daher dreimalig Amiodarongabe, bei Persistenz der Arrythmie Beginn Metoprololtherapie. Nach Beendigung der Hypothermiebehandlung Extubation, Entzugssymptomatik. Kernspintomographisch diffuses Hirnödem. Bei Entlassung neurologisch unauffällig, Implantation eines implantierbaren Kardioverter/Defibrillators (ICD). Nachstationär beschwerdefrei, ICD bislang nie ausgelöst, weiterhin gehäufte VES.
Ätiologie des Kammerflimmerns unklar. Ausschluss einer Myokarditis, eines Brugadasyndroms, eines arrhythmogenen rechten Ventrikels, einer genetisch bedingten katecholaminergen polymorphen ventrikulären Tachykardie. Möglicher Auslöser Methylphenidateinnahme.
Diskussion: Nach Ausschluss möglicher Ursachen des Kammerflimmerns eventueller Kausalzusammenhang mit Methylpenidateinnahme. In VMAT2-Knock-out-Mäusen besteht eine signifikante Verlängerung der QT-Zeit. Zudem sind bei Kokainkonsum (gleicher Wirkmechanismus) Koronarspasmen mit Folge eines plötzlichen Herztodes beschrieben.
Studienlage bezüglich Methylphenidat nicht eindeutig, Risiko des plötzlichen Herztodes statistisch signifikant nicht erhöht, Einzelfallberichte mit teils infaustem Ausgang vorhanden.
Schlussfolgerung: Indikationsstellung für Methylphenidat muss streng überprüft werden. Ein Ruhe-EKG vor Beginn der Therapie sollte abgeleitet werden, kann aber Risikopatienten nicht sicher aufdecken. Die Ableitung eines Ruhe-, Langzeit- und/oder Belastungs-EKG nach Therapiebeginn sollte erwogen werden.