Zusammenfassung: | Einleitung: Bis heute wird für die Risikostratifizierung zur Therapieplanung beim pädiatrischen Medulloblastom (MB) ein historischer Grenzwert von 1,5cm² Resttumorvolumen nach letzter OP vor Beginn der adjuvanten Therapie verwendet. Ein Resttumor ≥1,5cm² ist Grundlage zur Einordnung in die Hochrisikogruppe mit entsprechend intensiveren Therapien.
Hauptfragestellungen: 1. Hat ein Restt... Einleitung: Bis heute wird für die Risikostratifizierung zur Therapieplanung beim pädiatrischen Medulloblastom (MB) ein historischer Grenzwert von 1,5cm² Resttumorvolumen nach letzter OP vor Beginn der adjuvanten Therapie verwendet. Ein Resttumor ≥1,5cm² ist Grundlage zur Einordnung in die Hochrisikogruppe mit entsprechend intensiveren Therapien.
Hauptfragestellungen: 1. Hat ein Resttumor ≥1,5cm² einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtüberleben (OS) und Rezidiv-/Progressionsfreie Überleben (PFS) bei Kindern und Jugendlichen mit MB? 2. Ist es möglich, einen anderen Grenzwert als 1,5cm² für den relevanten Resttumor zu bestimmen, ab dem dann ebenfalls eine Nachresektion sinnvoll wäre? 3. Welche anderen relevanten Faktoren beeinflussen das OS/PFS bei Kindern und Jugendlichen mit MB? 4. Wie wirken sich operations-assoziierte Einflussfaktoren auf die Behandlungsergebnisse aus?
Methoden: Die Daten von 348 pädiatrischen Patienten mit MB, die von 2000 bis 2017 in die deutschen HIT-MED-Studien und -Register aufgenommen wurden, wurden retrospektiv ausgewertet und fehlende Daten wurden in den behandelnden Zentren angefragt. Kaplan-Meier-Statistiken (KM) und Cox-Regressionen wurden berechnet, um den Einfluss des Resttumorvolumens, Histologie, molekularer Untergruppe, C-MYC/N-MYC-Amplifikation und Vorhandensein von Metastasen bei Erstdiagnose auf das OS und das PFS zu bestimmen. Es wurden ROC-Kurven mit dem Ziel berechnet, einen neuen Resttumor-Cut-Off zu ermitteln.
Ergebnisse: Das mediane Alter bei Diagnose betrug 7,2±4,8 Jahre. Nach der Erstoperation war bei 37% der Patienten ein Resttumor (R) ≥1,5cm² vorhanden. 57% der Gesamtkohorte wiesen zusätzliche Metastasen auf. In den meisten Fällen lag eine klassische Histologie vor (71%, DMB/MBEN: 20%, LC/AMB: 9%). Die MB-Untergruppe war Gruppe 4 in 37%, Gruppe 3 in 31%, WNT in 5% und SHH in 27% der untersuchten Fälle (n=208). Eine C-MYC/N-MYC-Amplifikation lag bei 5 bzw. 4% vor. 41/348 Patienten wurden erneut operiert, was bei 73% zu einer R0-Resektion führte (nicht berichtet: n=22). Das Resttumorvolumen hatte keinen signifikanten Einfluss auf das OS und PFS (KM: GTR 5y-OS/PFS 69,2±3,1/55,4±3,3%, STR 5y-OS/PFS 72,3±3,4/54,9±3,8%, p=0,9/1,0; Cox: p=0,2/0,4; medianes Follow-up 7,8±4,2 Jahre). Die ROC-Kurven ergaben keinen alternativen Grenzwert für den ergebnisrelevanten Resttumor-Cut-Off. Analysen dieser Kohorte bestätigten ein ungünstigeres OS/PFS für Patienten mit metastasierter Erkrankung (p=0,04/p<0,05), LC/AMB (p<0,05/p<0,05), Gruppe 3 (p<0,05/p<0,05) und MYC-Amplifikation (p<0,05/p<0,05). Die Cox-Regression bestätigte ein erhöhtes Risiko für Gruppe 3 (OS: HR=4,74, p<0,05, PFS: HR=2,90, p<0,05) und M+ (PFS: HR=2,69, p<0,05). Es ergab sich bei einer Lokalisation in hirnstammnähe mit 55,63% ein signifikant höherer Anteil neu aufgetretener neurologischer Symptome nach der OP im Vergleich zu vor der OP als für hemisphärisch lokalisierte Tumoren mit 16,67% (p=0,010).
Diskussion: In dieser Studie wurde bei pädiatrischem MB kein eindeutiger Einfluss des Resttumorvolumens auf das OS/PFS festgestellt. Jedoch fanden sich andere, bereits in der Literatur beschriebene Faktoren, wie die molekulare Untergruppe, Metastasen, Histologie und MYC-Amplifikation mit einem Einfluss auf das OS/PFS. Die Bedeutung des Resttumorvolumens und der historischen Grenze von 1,5cm² sollte unter Berücksichtigung anderer Risikofaktoren weiter untersucht und kritisch erörtert werden, um letztlich das Therapieergebnis für das pädiatrische MB zu verbessern. |