Primärsukzession von Phytozönosen in der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft

  • Die Beschreibung und Analyse der aktuellen terrestrischen Phytozönosen in den naturnahen Bereichen der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft, unter Verwendung verschiedener räumlicher und zeitlicher Maßstabsebenen, zeigt, dass die erfassten Vegetationsbestände in hohem Maße durch individualistische Eigenschaften ausgewiesen sind. Diese Schlussfolgerung basiert darauf, dass es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich war, mittels multivariater statistischer Methoden, kausale Zusammenhänge zwischen verschiedenen gemessenen sowie nominalen Umweltparametern und den jeweiligen Vegetationsbeständen nachzuweisen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass kleinräumige Vegetationsmuster und diskrete Ereignisse maßgeblichen Einfluss auf den hohen Anteil an nicht erklärter Varianz haben, der auch nach Einbeziehung der Umweltparameter in dem Datensatz verbleibt. So konnte mittels 'point pattern analysis' nachgewiesen werden, dass bei einer Initialbesiedlung, der zunächst vegetations- und diasporenfreien Rohbodensubstrate, zufälligeDie Beschreibung und Analyse der aktuellen terrestrischen Phytozönosen in den naturnahen Bereichen der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft, unter Verwendung verschiedener räumlicher und zeitlicher Maßstabsebenen, zeigt, dass die erfassten Vegetationsbestände in hohem Maße durch individualistische Eigenschaften ausgewiesen sind. Diese Schlussfolgerung basiert darauf, dass es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich war, mittels multivariater statistischer Methoden, kausale Zusammenhänge zwischen verschiedenen gemessenen sowie nominalen Umweltparametern und den jeweiligen Vegetationsbeständen nachzuweisen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass kleinräumige Vegetationsmuster und diskrete Ereignisse maßgeblichen Einfluss auf den hohen Anteil an nicht erklärter Varianz haben, der auch nach Einbeziehung der Umweltparameter in dem Datensatz verbleibt. So konnte mittels 'point pattern analysis' nachgewiesen werden, dass bei einer Initialbesiedlung, der zunächst vegetations- und diasporenfreien Rohbodensubstrate, zufällige Verteilungsmuster überwiegen. Abweichungen von diesen zufälligen Besiedlungsmuster zu Sukzessionsbeginn sind im Wesentlichen auf Mikroreliefunterschiede zurückzuführen. Für die sich jeweils vor Ort einstellende Artenzusammensetzung spielt dabei in erster Linie die Verfügbarkeit von Diasporen aus dem regionalen Artenpool eine dominierende Rolle. Umweltparameter hingegen scheinen für eine erfolgreiche Etablierung der Diasporen nur dann ausschlaggebend zu sein, wenn es sich um "extreme" standörtliche Verhältnisse handelt, wie z.B. bei Vorherrschen von Tertiärsubstraten oder Staunässe sowie an sehr steilen Hangbereichen. Nach erfolgreicher Etablierung der Initialarten konnte auf einer kleinräumigen Maßstabsebene eine Verstärkung der initialen Vegetationsmuster beobachtet werden. Zurückzuführen ist dies einerseits auf die einsetzende Diasporenproduktion und -ausbreitung in unmittelbarer Umgebung der Mutterpflanze. Andererseits ist auch in Betracht zu ziehen, dass Initialbesiedler die Funktion von 'nurse plants' übernehmen, indem sie sowohl Strukturen ausbilden, die vermehrt Diasporen "einfangen" können, aber auch (z.B. mikroklimatisch) günstigere Bedingungen schaffen und auf diese Weise eine Etablierung neu ankommender Diasporen erleichtern. In den sich anschließenden Folgestadien gewinnen verschiedene Aspekte raumzeitlicher Dynamik an Bedeutung, die erneut zur Entstehung offener Bodenstellen beitragen können. Als ein ausschlaggebender Faktor ist in diesem Zusammenhang insbesondere das vor Ort herrschende Störungsregime zu nennen. Zur Beschreibung der daraus resultierenden Vegetationsdynamik ist am ehesten das Konzept der Patch- bzw. Gap-dynamics geeignet. Da zu diesem Zeitpunkt sowohl eine Diasporenbank vorhanden ist und sich auch ein lokaler Artenpool ausgebildet hat, bietet das Karussell-Modell einen guten Ausgangspunkt für die weiter gehende Analyse der Vegetationsdynamik. Sowohl die zufälligen Besiedlungsmuster in den Initialstadien als auch das Störungsregime in den Folgestadien tragen dazu bei, dass die im Untersuchungsgebiet vorgefundenen Vegetationsbestände häufig durch eigenständige Artenkombinationen charakterisiert sind, die darüber hinaus aber auch breite Übergangsbereiche aufweisen. Zur Darstellung und Analyse eines derartigen Vegetationskontinuums eignen sich am besten verschiedene direkte und indirekte Ordinationsmethoden. Dabei zeigte es sich, dass eine Zuordnung zu konkreten Einheiten im pflanzensoziologischen Sinn kaum möglich ist, so dass zur Bezeichnung der im Untersuchungsgebiet vorgefundenen Vegetationseinheiten vorwiegend die Dominanz einzelner Arten, oder auch Artengruppen, unter Berücksichtigung von Strukturparametern verwendet wird. Da die Sukzession in der Bergbaufolgelandschaft ihren Ausgang von diasporen- und vegetationsfreien Flächen nimmt, auf denen Konkurrenzsituationen zunächst nur von untergeordneter Bedeutung sind, ist ein großes Erfahrungswissen in Bezug auf Vegetationsdynamik, welches überwiegend auf einer Analyse von Sekundärsukzession beruht und somit größtenteils unter Konkurrenzbedingungen gewonnen wurde, auf die Verhältnisse im Untersuchungsgebiet nicht übertragbar. Dies betrifft einerseits die Auswertung autökologischer Eigenschaften, wie z.B. Lebensformen und Strategietypen, andererseits aber auch die Ableitung von Sukzessionsmechanismen. Dagegen konnte im Rahmen dieser Arbeit nachgewiesen werden, dass Facilitation, zumindest in den frühen Phasen der Primärsukzession, eine entscheidende Rolle spielt, während in der Literatur zumeist der Einfluss von Inhibition hervorgehoben wird und Facilitation nur eine nachrangige Bedeutung eingeräumt wird. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass Facilitation in späteren Sukzessionsstadien gegenüber Inhibition oder auch Tolerance an Bedeutung verliert. Die detaillierte Auswertung der vierjährigen Dauerflächen zeigt, dass selbst auf einer Probestelle nur selten eine gleichgerichtete Vegetationsentwicklung zu beobachten ist. Infolge dieser hohen räumlichen Heterogenität und zeitlichen Variabilität sind zur schematischen Darstellung des Sukzessionsverlaufs in der Niederlausitzer Bergbaufolgelandschaft an Stelle von linearen Sukzessionsreihen so genannte Sukzessionsnetze vorzuziehen, die sowohl mehrere Initialstadien als auch verschiedenartige Übergänge in den Folgestadien zulassen. Darüber hinaus halten sie die Optionen offen, dass einzelne Stadien übersprungen werden können bzw. eine "rückwärts" gerichtete Vegetationsentwicklung ablaufen kann. Gleichzeitig lässt sich auf diese Weise darstellen, dass eine Vorhersage der zeitlichen Vegetationsdynamik im Untersuchungsgebiet mit hohen Unsicherheiten behaftet ist. Diese Schwierigkeiten bei einer Vorhersage des Sukzessionsverlaufs liegen vor allem darin begründet, dass diskrete Ereignisse und kontinuierliche Prozesse interagieren. Zwar können diskrete Ereignisse nach ihrem Eintreten relativ leicht erfasst werden, zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen jedoch keine verlässlichen Aussagen bezüglich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit vor. Kontinuierliche Prozesse hingegen lassen sich zwar besser für die Vorhersage des Sukzessionsverlaufs verwenden, sie sind jedoch nur unter Verwendung indirekter Methoden nachweisbar. Aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Verlauf der Primärsukzession in den Offenlandbereichen der Bergbaufolgelandschaft, außer durch die Verfügbarkeit von offenen Bodenstellen und Diasporen, in erheblichen Ausmaß, auch von Strukturparametern, die sich in den frühen Stadien herausbilden, sowie von den Eigenschaften der Arten selbst, beeinflusst wird. Dem Konzept der 'preemptive initial floristics' ist somit eine große Bedeutung beizumessen.show moreshow less
  • The description and analysis of the current terrestrial vegetation phytocoenosis by the use of different spatial and temporal scales within the Lower Lusatian post-mining landscape shows that the vegetation stands are characterised by individualistic properties to a considerable degree. This conclusion is mainly based on the fact that it was not possible by means of multivariate statistical methods to detect significant correlations between different measured or nominal environmental parameters and species composition. Instead it turns out that fine-scale vegetation patterns as well as stochastic events may account for a high proportion of the unexplained variance which remains in the data set even after including numerous environmental parameters. By means of 'point pattern analysis' it could be proven that during initial colonization of the bare substrates random vegetation patterns prevail. Deviations from these random patterns are mostly due to different forms of the micro-relief. In general species composition depends primarilyThe description and analysis of the current terrestrial vegetation phytocoenosis by the use of different spatial and temporal scales within the Lower Lusatian post-mining landscape shows that the vegetation stands are characterised by individualistic properties to a considerable degree. This conclusion is mainly based on the fact that it was not possible by means of multivariate statistical methods to detect significant correlations between different measured or nominal environmental parameters and species composition. Instead it turns out that fine-scale vegetation patterns as well as stochastic events may account for a high proportion of the unexplained variance which remains in the data set even after including numerous environmental parameters. By means of 'point pattern analysis' it could be proven that during initial colonization of the bare substrates random vegetation patterns prevail. Deviations from these random patterns are mostly due to different forms of the micro-relief. In general species composition depends primarily on the availability of diaspores from the regional species pool, whereas environmental parameters only seem to be decisive for a successful colonization if 'extreme' conditions, e.g. tertiary substrates, wet substrates, or very steep slope areas, are predominant. Subsequent to a successful establishment of the initial species an increase of the initial vegetation patterns on a fine scale could be observed. On the one hand this is due to the beginning of the production of diaspores and their dispersal in vicinity of the parent plant. On the other hand it has to be taken into consideration that initial colonisers may act as 'nurse plants' by setting structures which lead to a higher amount of 'trapped' diaspores or which create more favourable site conditions (e.g. micro-climatically) which could facilitate the establishment of new diaspores. During the following successional stages different aspects of spatio-temporal dynamics gain importanc which contribute to the formation of new open areas. A decisive factor within this context is the local disturbance regime. The resulting vegetation dynamics can be described best by the concept of patch- or gap-dynamics. Since both a diaspore bank and a local species pool has established by now, the carousel-model offers a good approach for the further analysis of vegetation dynamics. Random colonization patterns as well as the local disturbance regime contribute to the fact that the investigated vegetation stands are characterised by rather distinct species compositions, though they may also reveal broad transition zones. For the representation and analysis of such a vegetation continuum, direct and indirect ordination methods offer a powerful investigation tool. By means of these techniques it could be shown that an allocation of vegetation stands within post-mining landscapes to plant-associations is hardly possible. Instead the dominance of single species or species combinations but also structural vegetation parameters were used for the purpose of classification. Since succession in former open-cast mining areas starts from bare substrates without any vegetation or diaspores, competition is probably only of minor importance during the first stages. Therefore a vast knowledge about vegetation dynamics which is based predominantly on an analysis of secondary vegetation and therefore on comptetitive conditions is not applicable to situations within the investigation area. This concerns the analysis of autecological characteristics, e.g. life-forms or strategy types, as well as the derivation of succession mechanisms. Instead it could be shown in the present study that facilitation, at least during the early stages of primary succession, is of major importance, while in many other studies the influence of inhibition is emphasised. However it has to be assumed that in later successional stages faciliation will be only of minor importance compared to inhibition or tolerance. From the detailed analysis of permanent plots over a time period of four years it could be inferred that even plots at one study site do not show a similar vegetation development. Due to this high spatial heterogeneity and temporal variability "netlike" diagrams are more appropriate for a schematic representation of successional pathways in post-mining landscapes than linear diagrams. By this approach different initial stages as well as a variety of transitions between subsequent successional stages could be included. Furthermore they offer the possibility that some stages could be skipped as well as retrogression may occur. Additionally it becomes obvious that prediction of vegetation dynamics within the investigation area suffers from high uncertainties. These difficulties concerning the prediction of successional pathways may result from the interference of stochastic events and continuous processes. Stochastic events are open to observation however no reliable predictions concerning the probability of entrance are yet available. In contrast continuous processes are more suitable for the purpose of prediction but they can only be inferred from exploratory data analysis. As a result of the present study it can be summarised that primary succession within the open terrestrial areas of the post-mining landscape is not only influenced by the availability of open sites and diaspores but also to a substantial extent by structural parameters which develop during early stages and by differential species performance. Therefore the concept of 'preemptive initial floristics' is of great importance in order to try to explain the observed vegetation dynamics.show moreshow less

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Metadaten
Author: Birgit Felinks
URN:urn:nbn:de:kobv:co1-000000053
Referee / Advisor:Prof. Dr. Gerhard Wiegleb
Document Type:Doctoral thesis
Language:German
Year of Completion:2000
Date of final exam:2000/05/24
Release Date:2007/03/14
Tag:Bergbaufolgelandschaft; Niederlausitz; Primärsukzession; Renaturierung; Vegetation
GND Keyword:Niederlausitz; Bergbaunachfolgelandschaft; Pflanzengesellschaft; Vegetationsentwicklung
Institutes:Fakultät 2 Umwelt und Naturwissenschaften / FG Ökologie
Institution name at the time of publication:Fakultät für Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik (eBTU) / LS Allgemeine Ökologie
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