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Die Aufgabenwahrnehmung von Amtsvormündern und -pflegern als professionelle Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen

Mutke, Barbara

Vormünder und Pfleger müssen durch das Vormundschaftsgericht für Minderjährige bestellt werden, wenn Eltern für die Ausübung ihres Sorgerechtes ausfallen. Nur im Ausnahmefall, nämlich dann, wenn keine geeignete Person gefunden wird, kann auch das Jugendamt zum Vormund oder Pfleger bestellt werden. Im Fokus der vorliegenden Untersuchung stehen die Fragen, in welcher Weise die Interessen der unter Vormundschaft/Pflegschaft stehenden Minderjährigen am besten vertreten sowie geschützt werden können und welche Art der Aufgabenwahrnehmung durch die Vormünder/Pfleger unter welchen organisatorischen Strukturen nötig sind. Die Analyse der quantitative Entwicklung der prozentualen Bestellung des Jugendamtes zeigt: beinahe standardmäßig wird das Jugendamt zum Vormund oder Pfleger bestellt, mehr als 75% der erfolgten Sorgerechtsentzüge mündeten in Vormundschaften oder Pflegschaften des Jugendamtes. Dass dies in erheblichem Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben steht, ist außer Frage. Zudem zeigen aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen eindeutig auf, dass von einer bundesweit durchgängigen hohen Qualität der bestellten Amtsvormundschaft für Minderjährige nicht die Rede sein kann. Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die aktuellen rechtlichen Grundlagen, dem eine Zusammenfassung der aktuellen fachlichen Diskussion zur bestellten Vormundschaft/Pflegschaft für Minderjährige und eine Analyse der quantitativen Entwicklung folgt. Den qualitativen Kern dieser Dissertationsschrift bildet die biographische Rekonstruktion sechs exemplarischer Fallbeispiele von Jugendlichen, die unter bestellter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen. Aus den Perspektiven der jungen Menschen, des jeweils bestellten Vormunds/Pflegers und der zuständigen sozialpädagogischen Fachkraft werden die Biographien der jungen Menschen rekonstruiert, die Aufgabenwahrnehmung und Rolle des jeweiligen Vormundes/Pflegers herausgearbeitet und analysiert. Die qualitativen Analysen zeigen auf, dass sich aus den biographischen und konkreten lebensweltlichen Bezügen im Einzelfall höchst unterschiedliche Anforderungen an die Aufgabenwahrnehmung und Rolle des Vormunds/Pflegers ergeben. Exemplarisch wurden mittels der biographischen Rekonstruktion sechs Typen entwickelt, die diese These erhärten. Im Resümee werden Faktoren herausgearbeitet, die sowohl die Rolle des Vormunds/Pflegers aber auch dessen konkrete Aufgabenwahrnehmung im Einzelfall determinieren und welche bei der Bestellung eines Vormunds/Pflegers für ein Kind oder einen Minderjährigen berücksichtigt werden sollten. Ferner wurde ein Modell entwickelt, welches, in Adaption auf die konkreten Gegebenheiten vor Ort, als Beitrag zur qualitativen Weiterentwicklung der Vormundschaft/Pflegschaft verstanden werden will. Dieser modellhafte Vorschlag sieht einen qualifizierten "Vormundschaftskoordinator" pro Jugendamtsbezirk vor, der, unterstützt von einem Vormundschaftsgremium, aus einem "Pool" von Berufs-, Vereins-, Amts- und ehrenamtlichen Vormündern/Pflegern dem/der Vormundschaftsrichter/In nach fachlichen Kriterien geeignete Vormünder/Pfleger für Minderjährige vorschlägt und diese fachlich begleitet.
Guardians and caretakers must be appointed by the guardianship court for minors if their parents are not available to exercise their right of custody. Only in cases of exception, which means a suitable person cannot be appointed, the youth welfare office may be appointed as guardian or caretaker. The focus of this research is on questions with regard to how the interests of minors assigned to guardians or caretakers are best represented and protected, and what type of performance of tasks is required from the guardians and caretakers subject to what organizational structures. The analysis of the quantitative development as a percentage of youth welfare office appointments shows: appointment of the youth welfare office as guardian or caretaker is almost standard, more than 75% terminations of parental rights ended in guardianships or fosterage of the youth welfare office. There is no question that this is in significant contradiction to statutory regulations. In addition, current scientific research clearly indicates that high quality of official guardianships of minors across the country is far from reality. This work provides an overview of current legal bases followed by a summation of current discussions about appointed guardianships and fosterage for minors and an analysis of quantitative development. The qualitative core of this dissertation is the biographical reconstruction of six case examples of minors in the care of appointed guardianship or fosterage. The biographies of the young people are reconstructed, and the performance of tasks and role of the associated guardian or caretaker are extracted and analyzed from the perspective of the young person. The qualitative analyses indicate that the biographical and concrete social environmental references result in highly different demands in individual cases on the performance of tasks and the role of the guardians and caretakers. Exemplary, the biographical reconstruction was used to develop six types that substantiate this thesis. Facts are extracted in the summary determining not only the role of the guardian or caretaker but also his concrete performance of tasks in individual cases that must be taken into consideration when appointing a guardian or caretaker for a child or minor. Furthermore, a model was developed, which must be understood in adaptation of concrete conditions at the location as a contribution to qualitative further development of the guardianship or fosterage. This model suggestion provides a qualified "guardianship coordinator" for each youth welfare district, supported by a guardianship committee, a "pool" of professional, associate, official, and volunteer guardians and caretakers to whom the guardianship judge proposes and accompanies suitable guardians and caretaker for minors.