[Rezension zu:] Moskatova, Olga; Schönegg, Kathrin; Reimann, Sandra Beate (Hrsg.): Jenseits der Repräsentation. Körperlichkeiten der Abstraktion in moderner und zeitgenössischer Kunst, Paderborn: Fink 2013. ISBN-13: 978-3-7705-5371-6, 343 S., Kart.

  • Der von Olga Moskatova, Sandra Beate Reimann und Kathrin Schönegg herausgegebene Sammelband "enseits der Repräsentation. Körperlichkeiten der Abstraktion in moderner und zeitgenössischer Kunst" will die starre Dichotomie von Abstraktion und Körperlichkeit bzw. die reduktionistische Auffassung von Abstraktion als Entkörperlichung hinterfragen, wie sie sich etwa in den Schriften Wilhelm Worringers findet. Wie starr der Gegensatz zwischen Abstraktion und Körperlichkeit erscheint hängt jedoch stark davon ab, was man unter dem Begriff der Körperlichkeit genau versteht. So kann sich dieser auf eine räumlich konstruierte figurative Repräsentation von Körpern beziehen, oder aber auf die Physis des Artefakts bzw. den Leib der Produzierenden und/oder Rezipierenden dieses Artefakts. Dies impliziert aber gänzlich verschiedene Ebenen von Körperlichkeit. Hat sich die Opposition von Abstraktion und Körperlichkeit im Sinne einer räumlich-figurativen Repräsentation mittlerweile als Topos konsolidiert, so ist die Annahme einer strikten Gegenüberstellung von Abstraktion und Körperlichkeit – nun im Sinne einer materiellen/sinnlichen Fülle und Dichte – schon weniger geläufig. Wie von den Herausgeberinnen in ihrer Einleitung selbst betont wird, hat gerade die Abstraktion von einer räumlich-figurativen Körperdarstellung wesentlich zu einer Hervorkehrung des materiellen Substrats des Artefakts (seines "material support") bzw. einer Betonung der leiblichen Involvierung von Produzierenden und Betrachtenden beigetragen. Abstraktion vs. Körperlichkeit erscheint in dieser Hinsicht nur mehr als schwindender Gegensatz. Einen ähnlichen Effekt zeitigt auch das "Jenseits" in "Jenseits der Repräsentation", das sämtliche starre Gegenüberstellungen mit den Begriffen des Untertitels unterminieren soll. Ist dies bei Repräsentation und Körperlichkeit im Sinne von räumlich-figurativer Darstellung offensichtlich, so gilt es auch für die Ebene von Repräsentation und abstrakter Körperlichkeit, wobei Körperlichkeit nun die Widerspenstigkeit des Materials bezeichnet, das die Repräsentation zwar aufbaut, aber nicht völlig in ihr aufgeht, sondern einen obstinaten Körper als Rest bildet, der sich gegen eine Semiose sperrt. Körperlichkeit erscheint unter diesem Blickwinkel als Kehrseite jeder Repräsentation, wie es Marcel Finke in seinem Beitrag über die "Reclining Figures" von Francis Bacon betont. Gerade das Changieren des Begriffs Körperlichkeit zwischen unterschiedlichen Bedeutungen führt also zu einer Destabilisierung gängiger Dichotomisierungen – der Preis dafür ist jedoch eine an unterschiedlichen Stellen des Bandes immer wieder punktuell auftretende begriffliche Unschärfe, die durch eine Prüfung, was Körperlichkeit im jeweiligen Kontext der einzelnen Beiträge meint, zu kompensieren ist. ...

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Metadaten
Author:Gabriel Hubmann
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-501136
URL:https://arthist.net/reviews/6439
Parent Title (German):ArtHist
Publisher:Institut für Kunst- und Bildgeschichte
Place of publication:Berlin
Contributor(s):Carolin Behrmann
Document Type:Review
Language:German
Year of Completion:2013
Date of first Publication:2013/11/16
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2019/05/06
Issue:16.11.2013
Page Number:6
First Page:1
Last Page:6
Note:
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-Noncommercial-No Derivative Works 4.0 International License. For the conditions under which you may distribute, copy and transmit the work, please go to https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/
HeBIS-PPN:449357201
Institutes:Sprach- und Kulturwissenschaften / Kulturwissenschaften
Dewey Decimal Classification:7 Künste und Unterhaltung / 70 Künste / 700 Künste; Bildende und angewandte Kunst
Sammlungen:Universitätspublikationen
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