"Herr der Wende"? - ästhetische Sprachwerdung des fleischgewordenen Gottes : Verkündigung als Selbstautorisierung in Stefan Georges "Das Erste"

  • Nach einem Besuch beim Ehepaar Simmel berichtet Max Weber seiner Frau, dass sie sich hinsichtlich der religiösen Autorität Stefan Georges einig seien: "[D]aß er 'Prophet' werden möchte, halten auch sie für einen Fremdkörper." Doch wie fremd nimmt sich dieser Anspruch tatsächlich aus, sei es in der Zeit um 1900, sei es im lyrischen und/oder ethischen Werk Stefan Georges? Was bedeutet es zudem, einen Gott auszurufen, der nach Friedrich Nietzsche längst tot war, und welche Folgen hat die Wiederkehr Gottes für dessen Seher? Gerade diese Frage scheint mir für Georges Prophetie zentral zu sein. Denn das exklusive Wissen von Gott, dessen wohl konkreteste Bezeichnung Maximin ist, restituiert nicht bloß die Opposition von einerseits einem Absoluten und andererseits den Menschen; es mündet zudem in der Autorisierung des einen Propheten, der einzig und allein unmittelbaren Zugang zu Gott gefunden haben will. So ist letztlich er es, über den das Göttliche seine Rückkehr in die entzauberte Welt feiert, sieht und verkündet dieser doch, was ausgehend vom Leben Maximilian Kronbergers wirkungslos geblieben war. Das Göttliche inmitten der "Mechanisierung", wie Friedrich Gundolf das "Zurücktreten der Götter aus der Zeit" um 1900 beschreibt, wird also weniger durch Maximin als durch dessen Mythos reanimiert, kraft der Erkenntnis, der Sprache und nicht zuletzt der subjektiven Kriterien Stefan Georges. Dass dieser hierbei nicht nur initiierend auftritt, sondern vor allem auch als größter Nutznießer aus einem Maximin-Kult hervorgeht, will der Aufsatz ausgehend von Georges Auftaktgedicht zu Auf das Leben und den Tod Maximins, von Das Erste, herausstellen. Methodologisch erweist sich hierbei eine produktionsästhetische Argumentation zur Erschließung wesentlicher ästhetischer Leerstellen in Georges Lyrik als vielversprechend. Prophetische Dichtung fordert nämlich sowohl im Allgemeinen als auch im besonderen Fall Stefan Georges stets zugleich ästhetische wie soziale Implikationen zu berücksichtigen.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Sebastian LübckeGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-494705
URL:http://www.passagen.at/cms/index.php?id=290
ISSN:0043-2199
ISSN:2510-7291
Parent Title (German):Weimarer Beiträge : Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften
Publisher:Passagen Verlag
Place of publication:Wien
Document Type:Article
Language:German
Year of Completion:2019
Year of first Publication:2012
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Contributing Corporation:Klassik Stiftung Weimar
Release Date:2019/12/12
Tag:George, Stefan: Das Erste
GND Keyword:George, Stefan; Religion <Motiv>; Lyrik
Volume:58
Issue:4
Page Number:16
First Page:524
Last Page:539
HeBIS-PPN:457689897
Dewey Decimal Classification:8 Literatur / 80 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft / 800 Literatur und Rhetorik
8 Literatur / 83 Deutsche und verwandte Literaturen / 830 Literaturen germanischer Sprachen; Deutsche Literatur
Sammlungen:Germanistik / GiNDok
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Germanistik / GiNDok / Passagen Verlag
BDSL-Klassifikation:16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) / BDSL-Klassifikation: 16.00.00 Jahrhundertwende (1880-1914) > 16.15.00 Zu einzelnen Autoren
Zeitschriften / Jahresberichte:Weimarer Beiträge / Weimarer Beiträge 58.2012
:urn:nbn:de:hebis:30:3-494458
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht