Die Bedeutung der Phosphatase STS-1 bei der Vermittlung einer mutationsunabhängigen Resistenz gegenüber Imatinib in der Ph+ ALL

  • Patienten mit einer BCR/ABL positiven (Ph+) akuten lymphatischen Leukämie (ALL) bilden die größte genetisch definierte Untergruppe der ALL und gelten wegen ihrer schlechten Prognose als Höchstrisiko ALL. Die bisherigen Therapieergebnisse werden durch die Kombination von Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI) wie Imatinib und Chemotherapeutika verbessert, sind aber durch das Auftreten von Resistenzen gegen TKI in ihrer langfristigen Wirkung limitiert. Die derzeitige Forschung fokussiert sich weitestgehend auf konstitutive aktive Kinasen, die für die leukämische Transformation verantwortlich sind. Allerdings kann die Deregulation von Phosphatasen, die als Gegenspieler von Kinasen fungieren, durch eine verminderte Inaktivierung dieser Kinasen, ebenso zur Leukämogenese beitragen, indem ihre physiologische Funktion vermindert wird. Im Vorfeld konnte bereits gezeigt werden, dass die deregulierte Protein Tyrosin Phosphatase 1B (PTP1B) bei Ph+ Leukämien eine partielle Resistenz gegenüber TKI vermitteln kann.1 Darüber hinaus zeigen von Juric et al. (2007)2 publizierte Microarrays von 54 Ph+ ALL Patienten eine transkriptionelle Hochregulierung der Phosphatase „Supressor of T-Cell receptor Signalling 1“ (STS-1).2 STS-1 (TULA-2) gehört zusammen mit STS-2 (TULA-1) zur Familie der STS/TULA Proteine, von denen keine weiteren Mitglieder bekannt sind. STS-1 dephosphoryliert diverse Rezeptor-Tyrosin-Kinasen wie z.B. den T-Cell Receptor (TCR) und den Epidermal-Growth-Factor Receptor (EGFR) und verhindert somit deren Internalisierung und proteosomalen Abbau.3 Weitere durch STS-1 dephosphorylierte Substrate sind die Proteintyrosinkinase Syk, die eine wichtige Rolle bei der Signalweiterleitung des B-Cell-Receptors (BCR) spielt sowie andere SRC-Kinasen (z.B. FYN).4 Aufgrund der oben beschriebenen Zusammenhänge zwischen STS-1 und der Ph+ ALL ist die Untersuchung einer möglichen funktionellen Bedeutung von STS-1 bei der Entwicklung einer mutationsunabhängigen Resistenz von Ph+ ALL Inhalt dieser Arbeit. Als Modellsystem dienen in der hier vorliegenden Arbeit aus der BCR/ABL Zelllinie Sup B15 abgeleitete TKI resistente Zellen (Sup B15 RT). Imatinib ist in diesen immer noch in der Lage BCR/ABL zu binden und führt zu einer Verschiebung der Dosiswirkungskurve ohne Apoptose zu induzieren. Mutationen in der Tyrosinkinase Domäne von BCR/ABL konnten als zugrunde liegender Resistenzmechanismus durch Sequenzanalysen ausgeschlossen werden, ebenso wie zusätzliche Translokationen oder genomischen Amplifikationen von BCR/ABL. Eine Analyse der STS-1 Expression zeigte sowohl transkriptionell als auch auf Proteinebene eine deutliche Herunterregulierung von STS-1 in Sup B15 RT Zellen. Die Interaktion zwischen STS-1 und BCR/ABL wurde in verschiedenen Zellmodellen gezeigt. Dabei konnten bezüglich der Interaktion keine Unterschiede zwischen dem p210BCR/ABL und p185BCR/ABL Fusionsprotein festgestellt werden. Auch die „Gatekeeper“ Mutation T315I hatte keinen Einfluss auf die Interaktion. Die Unabhängigkeit der Bindung von STS-1 und BCR/ABL von einer aktiven BCR/ABL Kinase wurde durch die Zugabe von Imatinib gezeigt. Lediglich auf endogenem Level konnte eine Imatinib vermittelte Reduktion der Interaktion nachgewiesen werden. Durch die Verwendung unterschiedlich trunkierter BCR/ABL Proteine wurde gezeigt, dass STS-1 sowohl mit c-ABL als auch mit dem ABL-Anteil von BCR/ABL interagiert und dass eine Oligomerisierung für diese Interaktion nicht notwendig ist. Als Folge der Interaktion kommt es zu einer Dephosphorylierung von BCR/ABL durch STS-1, wobei vor allem die im ABL Anteil lokalisierten und für die Autophosphorylierung wichtigen Tyrosine 245 und 412 dephosphoryliert werden. Mittels eines Proliferations-Kompetitions-Assay konnte gezeigt werden, dass STS-1 sowohl die Proliferationsrate reduziert als auch erheblich die Sensitivität von SupB15 RT Zellen gegenüber Imatinib steigert. Dieser Befund steht im Einklang mit der Annahme, dass diese Sensitivitätssteigerung durch eine gegenüber den sensitiven Sup B15 WT deutlich verminderte STS-1 Expression bedingt ist. Dexamethason in klinisch relevanten Konzentrationen (10-6 M - 10-9 M) konnte sowohl in SupB15 WT als auch in SupB15 RT Zellen die STS-1 Expression um ein Vielfaches steigern und führte in Kombination mit 1 μM Imatinib sogar in den resistenten Zellen zu einer hoch signifikanten Inhibition der Proliferation sowie einer gesteigerten Apoptose. Die Resultate dieser Arbeit rücken Phosphatasen und im speziellen STS-1 in einen stärkeren Fokus, wenn es um die Bildung von Resistenzen geht. Dadurch können sich eine Vielzahl neuer Behandlungsstrategien sowie neue Ansätze für die klinische Wirkstoffforschung ergeben.

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Metadaten
Author:Marcus Liebermann
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-395310
Referee:Rolf MarschalekORCiDGND, Oliver G. OttmannORCiDGND
Advisor:Rolf Marschalek, Oliver G. Ottmann, Martin Ruthardt
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2016/02/26
Year of first Publication:2015
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2016/02/08
Release Date:2016/02/26
Tag:Akute Lymphatische Leukämie; BCR/ABL; Phosphatase; Resistenzmechanismus; STS-1
Page Number:140
HeBIS-PPN:371184533
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Pharmazie
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Sammlungen:Universitätspublikationen
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht