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Titel:"Word of mouth" - Unterschiede im Kommunikationsverhalten von Patienten in Abhängigkeit vom Zufriedenheitsgrad unter besonderer Berücksichtigung des PPP33-Fragebogens
Autor:Streiter, Hanna Andrea
Weitere Beteiligte: Eberhart, Leopold (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2021
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0254
DOI: https://doi.org/10.17192/z2021.0254
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2021-02543
DDC:610 Medizin
Publikationsdatum:2021-06-08
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
word of mouth, word of mouth, Mundpropaganda, patient satisfaction, Patientenzufriedenheit, word-of-mouth, post-discharge satisfaction, word-of-mouth

Zusammenfassung:
Medizinische Eingriffe sind oftmals mit hohen individuellen Risiken verbunden, weshalb dem Auswahlprozess des Leistungserbringers eine bedeutende Rolle zukommt. Hierbei bedient man sich häufig sog. erfahrungsbasierter Quellen wie z.B. Angehörige und Hausärzte. Der Austausch findet häufig im Rahmen einer direkten, persönlichen Kommunikation, der sog. Word-of-mouth-Kommunikation (WOM; zu Deutsch Mundzu-Propaganda), statt, da sie als nichtkommerzielle und somit authentische Kommunikationsform in Erscheinung tritt. WOM gilt als eine der ältesten Kommunikationsformen und hat seither stetig an Bedeutung hinzugewonnen. Allerdings existieren kaum Daten zur Verbreitung und Intensität von WOM im medizinischen Sektor. Somit ließen sich bislang keine Aussagen darüber treffen, inwiefern sich die Zufriedenheit eines Patienten auf sein Kommunikationsverhalten auswirkt und ob zufriedene Patienten ihre Erfahrungen mit der Krankenhausbehandlung häufiger oder weniger häufig als unzufriedene Patienten an Dritte weitergeben. Darüber hinaus war nichts darüber bekannt, inwieweit eher positive oder negative Aspekte des Krankenhausaufenthalts kommuniziert werden. Parallel dazu sollte beurteilt werden, ob sich die Patientenzufriedenheit einige Wochen nach der Krankenhausentlassung durch den Einsatz eines evaluierten Fragebogens zur Beurteilung der perioperativen Phase vorhersagen lässt. Um diese Wissenslücke zu schließen und Einsicht in das Word-ofmouth-Verhalten von Patienten zu erhalten, erfolgte die Datenerhebung im Zeitraum von November 2015 bis Juni 2017 auf Grundlage von zwei standardisierten Fragebögen (Heidelberg Perianaesthetic Questionnaire [HPQ], Fragebogen für die Patientenbeurteilung in der perioperativen Phase [PPP33]) an zwei Kliniken der Maximalversorgung. Die Patientenrekrutierung erfolgte nach vordefinierten Ein- und Ausschlusskriterien im elektiven operativen Bereich. 348 Fragebögen und 231 Telefoninterviews wurden ausgewertet. Das Telefoninterview diente unter anderem dazu, die Gesamtzufriedenheit mit der Krankenhausbehandlung, den Gesundheitszustand des Patienten nach Entlassung, etwaige postoperative Komplikationen und verschiedene Aspekte der WOM-Kommunikation zu evaluieren. Zusammenfassend ließ sich feststellen, dass der überwiegende Teil der rekrutierten Probanden weder zufrieden noch unzufrieden mit der Krankenhausbehandlung war und somit als neutral eingestuft wurde (n=107). 94 Patienten wurden als überwiegend zufrieden und 30 Patienten als mehrheitlich unzufrieden identifiziert. Die Weitergabe positiver als auch negativer WOM-Aspekte erfolgte in erster Linie an Familienangehörige und Freunde, gefolgt von Hausarzt und Krankenhausmitarbeitern. Im Austausch mit anderen gaben Zufriedene häufiger als neutrale oder unzufriedene Probanden an, überwiegend positive Aspekte der Krankenhausbehandlung weitergegeben zu haben (Verhältnis 13,3:1). Dennoch äußerten sich auch Unzufriedenepositiv in Bezug auf ihre Krankenhauserfahrung, wobei hier die Weitergabe negativer Aspekte überwog (0,96:1). Die neutral eingestellten Patienten präsentierten ein überwiegend positives Kommunikationsverhalten (2,5:1). In Bezug auf die Reichweite der kommunizierten Informationen zeigte sich, dass pro Patient 12 positive Aspekte und 5 negative Aspekte weitergegeben worden waren. Die Ergebnisse legen nahe, dass erhebliche quantitative Unterschiede im Kommunikationsverhalten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Patientenzufriedenheit vorliegen. Persistierende Schmerzen nach dem Eingriff und eine verzögerte Wiederherstellung der normalen Funktion beeinflussten in signifikantem Ausmaß die Patientenzufriedenheit nach der Krankenhausentlassung. Trotz der Unzufriedenheit einiger Probanden dominierten positive Aspekte die Kommunikation und selbst 46,7% der unzufriedenen Patienten signalisierten Bereitschaft, den Leistungserbringer weiterzuempfehlen. Als Ursachen hierfür wurden unter anderem verschiedene Verzerrungseffekte im Antwortverhalten der Probanden, Störungen der Kognition nach einem operativen Eingriff im Sinne einer postoperativen kognitiven Dysfunktion (POCD) sowie das sogenannte Pollyanna Prinzip identifiziert, demzufolge positive Informationen effizienter vom menschlichen Gehirn verarbeitet werden als negative. Gleichzeitig stellen Zufriedenheit und Unzufriedenheit ein dynamisches Konstrukt dar, bei dem bestimmte Aspekte der Behandlung Zufriedenheit und andere Aspekte wiederum Unzufriedenheit in derselben Person erzeugen. Die Frage, ob mithilfe des Fragebogens zur Beurteilung der perioperativen Phase in 33 Fragen (PPP33) die Gesamtzufriedenheit nach der Krankenhausentlassung vorhergesagt werden kann, ließ sich mit Nein beantworten, da die Gesamtzufriedenheit mit dem Krankenhausaufenthalt häufig durch später auftretende, unerwünschte postoperative Ereignisse beeinflusst wurde.


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