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Titel:Die klinische Wertigkeit der 99mTc-MAG3-Szintigraphie vor Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) zur Prädiktion von therapieinduziertem Nierenfunktionsverlust
Autor:Oberbeck, Merle Sophie
Weitere Beteiligte: Verburg, Frederik A. (Prof. Dr. Dr.)
Veröffentlicht:2021
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0196
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2021-01961
DOI: https://doi.org/10.17192/z2021.0196
DDC: Medizin
Publikationsdatum:2021-06-08
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
PRRT, Neuroendokrine Neoplasie, Lutetium, Nierenfunktionsverlust, Neuroendokrine Neoplasie, GFR, Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie, Nierenszintigraphie, Nierenfunktion

Zusammenfassung:
Bei der Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) handelt es sich um ein Therapieverfahren, bei dem neuroendokrine Tumoren mittels eines an ein Radionuklid gekoppelten Somatostatinanalogons gezielt behandelt werden können. Hierdurch wird eine selektive Strahlentherapie der Tumorzellen unter relativer Schonung des gesunden Gewebes ermöglicht. Da die Substanz jedoch über die Nieren ausgeschieden wird, kommt es je nach Verweildauer und verwendetem Radionuklid zu einer mehr oder weniger großen Strahlenexposition des Organs mit potenziell nephrotoxischen Folgen. In der hier vorliegenden retrospektiven Datenanalyse wurde anhand der Daten von 59 Patienten der Marburger Klinik für Nuklearmedizin, welche im Zeitraum zwischen 2009 bis 2017 eine PRRT mit 177Lu-DOTATOC erhielten, analysiert, inwieweit sich die 99mTc-MAG3-Nierenszintigraphie vor PRRT zur Prädiktion von therapieinduzierten Nierenfunktionsverlusten eignet. In der Regel wurden drei Zyklen PRRT durchgeführt. Bei insgesamt 35 Patienten konnten vollständige Datensätze zu allen drei Zyklen erhoben werden, wobei die Beurteilung der Nierenfunktion anhand des Serumkreatinins sowie der eGFR erfolgte und im Zusammenhang mit dem Ergebnis der prätherapeutisch durchgeführten 99mTc-MAG3-Nierenszintigraphie beobachtet wurde. Bei Patienten, welche bereits in der prätherapeutischen Nierenszintigraphie einen ausreichenden Harnabfluss ohne Applikation eines Diuretikums u./o. Postmiktionsaufnahme aufwiesen, kam es zu einem Anstieg des Serumkreatinins von im Mittel 0,03 (± 0,14) mg/dl und einer Abnahme der eGFR von -2,96 (± 16,27) ml/min/1,73m2. Bei Patienten, welche prätherapeutisch nur mittels Diuretikum u./o. Postmiktionsaufnahme einen ausreichenden Abfluss erreichten, kam es zu einer Abnahme des Serumkreatinins von im Median -0,06 (-0,33; 0,01) mg/dl und einer Zunahme der eGFR von im Mittel 4,80 (± 4,66) ml/min/1,73m2. Bei Patienten, welche prätherapeutisch auch nach Applikation eines Diuretikums u./o. Anfertigung einer Postmiktionsaufnahme keinen ausreichenden Abfluss erreichten, wurde posttherapeutisch eine Abnahme des Serumkreatinins von -0,06 (± 0,14) mg/dl und eine Zunahme der eGFR von 2,33 (± 6,66) ml/min/1,73m2 verzeichnet. Weiterhin wurde in prätherapeutische eGFR < 60 vs. eGFR ≥ 60ml/min/1,73m2 sortiert die Entwicklung der Nierenfunktionsparameter betrachtet, wobei es bei prätherapeutisch geringerer Nierenfunktion zu einer Abnahme des Serumkreatinins von -0,13 (± 0,15) mg/dl und einer Zunahme der eGFR von 5,40 (± 6,31) ml/min/1,73m2 kam. Dahingegen wurde bei prätherapeutisch besserer Nierenfunktion eine Zunahme des Serumkreatinins von 0,02 (± 0,13) mg/dl und eine Abnahme der eGFR von -2,53 (± 15,46) ml/min/1,73m2 verzeichnet. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass eine prätherapeutisch eingeschränkte Nierenfunktion im Sinne eines verzögerten/nicht ausreichenden Abflusses in der 99mTc-MAG3-Nierenszintigraphie oder einer eingeschränkten eGFR nicht mit stärkeren posttherapeutischen Nierenfunktionsverlusten einhergeht als bei prätherapeutisch normwertiger Nierenfunktion. Paradoxerweise konnte bei vorher eingeschränkter Nierenfunktion eine Besserung im Verlauf der PRRT festgestellt werden – die Ursache hierfür bleibt fraglich; mögliche Gründe könnten beispielsweise Maßnahmen zur Beseitigung von Abflusshindernissen (z. B. medikamentöse/operative Beseitigung einer bestehenden Prostatahyperplasie), Tumorzerfall oder bessere Hydrierung der Patienten gewesen sein. Die prätherapeutische Nierenszintigraphie eignete sich in der vorliegenden Datenanalyse nicht zur Aufdeckung von etwaigen Risikopatienten für Nierenfunktionsverluste im Verlauf. Ihr Stellenwert für diese Indikation ist aufgrund der fehlenden Relevanz der gewonnenen Informationen sowie dem im Vergleich zu einer Bestimmung der Nierenfunktionsparameter aus dem Blut erhöhtem Zeit-, Personal- und Materialkostenaufwand zweifelhaft. Für den Fall, dass es zu einer Nierenfunktionsabnahme innerhalb der Untergruppen im Verlauf der Therapie kam, konnten nur verhältnismäßig geringgradig ausgeprägte Nierenfunktionsverluste beobachtet werden – trotz oftmals additiv erhaltener, potenziell nephrotoxischer Therapien (z. B. Chemotherapie, Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika o. ä.). Dies spricht gegen eine ausgeprägte Nephrotoxizität der PRRT mit 177Lu-DOTATOC unter adäquater Durchführung einer Nephroprotektion.


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