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Titel:Verlauf von ADHS-Symptomen zwischen Kindergarten- und Schulalter: Bedeutung neurokognitiver Basisdefizite
Autor:Wrede, Sophie
Weitere Beteiligte: Becker, Katja, (Prof. Dr. med.)
Veröffentlicht:2021
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2021/0128
DOI: https://doi.org/10.17192/z2021.0128
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2021-01283
DDC: Medizin
Titel (trans.):The course of ADHD symptoms between preschool and school-age children: the relevance of neurocognitive deficits
Publikationsdatum:2021-02-15
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
exekutive Funktionen, shortend delayed reward gradient, Inhibitionskontrolle, Belohnungsverarbeitung, endophenotype, hyperkinetic disorder, ADHS, neurokognitive Basisdefizite, Hyperkinetische Störung, Verzögerungsaversion, Belohnungsaufschub, Endophänotyp, Belohnungsverzögerungsgradient

Zusammenfassung:
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) stellt eine Erkrankung der Lebensspanne dar, welcher multiple Entwicklungsprozesse in der frühen Kindheit zugrunde liegen. Ein international etabliertes Ätiologiemodell stellt dabei das „multiple causal pathways model“ dar. In diesem wird von spezifischen Gen-Gen- und Gen-Umwelt-Interaktionen ausgegangen, die zu Abweichungen zentralnervöser Netzwerke führen. Diese können ihrerseits die Entwicklung neurokognitiver Basisdefizite bedingen, welche der heterogenen ADHS-Symptomatik zeitlich vorausgehen können. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob die im Kindergartenalter erhobenen neurokognitiven Defizite im Bereich der exekutiven Funktionen (exekutive Inhibitionskontrolle, Arbeits-gedächtnis) und der Belohnungsverarbeitung (belohnungsbezogene Inhibitionskontrolle) die Entwicklung von ADHS-Symptomen und einer ADHS-Diagnose im Grundschulalter prognostizieren können. Dazu wurde eine bevölkerungsbasierte Stichprobe aus 122 Kindergartenkindern (70 Jungen) im Alter von vier/fünf und acht Jahren untersucht. Die neurokognitiven Fähigkeiten wurden anhand verschiedener altersadäquater Testverfahren erhoben. Zur Erfassung der ADHS-Symptome kamen ein Fremdbeurteilungsbogen im Lehrerurteil und ein klinisches Elterninterview zum Einsatz. Letzteres wurde auch zur ADHS-Diagnosestellung angewandt. Die Ergebnisse der Dissertation zeigen, dass ein Defizit der belohnungsbezogenen Inhibitionskontrolle im Alter von vier/fünf Jahren die ADHS-Symptome/-Diagnose im Elterninterview prädizierte, auch nach einer Kontrolle der mütterlichen Schulbildung, der ADHS-Symptome zu Beginn und häufiger psychischer Komorbiditäten. Ein statistischer Trend lag bei der Vorhersage der ADHS-Symptome/-Diagnose im Elterninterview aufgrund der exekutiven Inhibitionskontrolle vor. Hingegen stellte das Arbeitsgedächtnis keinen signifikanten Prädiktor dar. Zur Vorhersage der ADHS-Symptome im Lehrerurteil trug kein neurokognitives Defizit bei. Zusammenfassend liefern die Studienergebnisse empirische Belege für die theoretischen Annahmen des „multiple causal pathway model“, indem früh auftretende neurokognitive Defizite im Bereich der exekutiven und der belohnungsbezogenen Inhibitionskontrolle als relevante Prädiktoren späterer ADHS-Symptome/-Diagnosen identifiziert werden konnten. Die Resultate unterstreichen die mögliche Bedeutung dieser Risikofaktoren als Behandlungsziel künftiger Präventionsmaßnahmen. Außerdem lassen sie auf das Potential neuropsychologischer Untersuchungen schließen, die ergänzend zur (differenzial-) diagnostischen Abklärung der ADHS durchgeführt werden könnten.


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