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Titel:Modulating semantic speech-gesture matching in healthy subjects and patients with schizophrenia spectrum disorder via transcranial direct current stimulation
Autor:Schülke, Rasmus
Weitere Beteiligte: Straube, Benjamin (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2019
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2020/0009
DOI: https://doi.org/10.17192/z2020.0009
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2020-00092
DDC: Medizin
Titel (trans.):Modulating semantic speech-gesture matching in healthy subjects and patients with schizophrenia spectrum disorder via transcranial direct current stimulation
Publikationsdatum:2020-01-13
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0

Dokument

Schlagwörter:
Schizophrenie, transcrani, Gesti, linker Frontallappen, tDCS, left inferior frontal gyrus (IFG), gesture processing, Gestik, inferiorer frontaler Gyrus (IFG), transkranielle Gleichstromstimulation, co-verbal gestures, Hirnstimulation, sprachbegleitende Gestik, left frontal lobe, left frontal cortex, links frontaler Cortex, Gleichstrom, left frontal lobe

Zusammenfassung:
Hintergrund: Schwere Defizite bei der Verarbeitung von Sprache und Gestik sind ein wichtiges Merkmal von Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen. Da sprachbegleitende Gesten einen essentiellen Teil menschlicher Kommunikation darstellen, ist es nicht überraschend, dass Einschränkungen bei der Wahrnehmung und Durchführung von sprachbegleitender Gestik erheblich zum Leiden dieser Patienten beitragen. Mittels bildgebender Verfahren konnte gezeigt werden, dass links frontale Cortexareale sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen eine große Rolle bei der Verarbeitung sprachbegleitender Gestik spielen. Der linke inferiore frontale Gyrus scheint insbesondere für die Wahrnehmung metaphorischer Gesten, d.h. von Gesten die einen Satz mit abstraktem Inhalt begleiten (z.B. das Heben der Hand, um die hohe Qualität einer Diskussion darzustellen), wichtiger zu sein als für die Wahrnehmung ikonischer Gesten, d.h. von Gesten die einen Satz mit konkretem Inhalt begleiten (z.B. eine kreisförmige Bewegung der Hand, um einen runden Tisch zu veranschaulichen). Bei Patienten mit Schizophrenie liegt zudem eine übermäßige Aktivierung links frontaler Hirnareale vor. Bisher wurde noch nicht untersucht, ob transkranielle Gleichstromstimulation die gestörte Verarbeitung sprachbegleitender Gestik von Patienten mit Schizophrenie beeinflussen kann. Zielsetzung: Im ersten Teil unserer Studie (Publikation 1) untersuchten wir mittels transkranieller Gleichstromstimulation die funktionelle Bedeutung des linken Frontallappens für die Verarbeitung metaphorischer sprachbegleitender Gestik bei gesunden Probanden. Wir stellten die Hypothese auf, dass sich links frontale transkranielle Gleichstromstimulation polarisationsabhängig auf die Bewertung der semantischen Passung von Sprache und Gestik bei einer Sprach-Gestik-Passungsbewertungsaufgabe auswirkt und sich dieser Effekt durch eine Veränderung der Reaktionszeiten und der Bewertungen der Passung feststellen lässt. Im zweiten Teil der Studie (Publikation 2) untersuchten wir die Auswirkungen von transkranieller Gleichstromstimulation auf die Verarbeitung sprachbegleitender Gestik bei Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen. Unsere Hypothese war, dass inhibitorische transkranielle Gleichstromstimulation des linken Frontallappens die Leistung der Patienten bei der Sprach-Gestik-Passungsbewertungsaufgabe verbessert. Methoden: Wir führten bei neunundzwanzig gesunden Probanden sowie zwanzig Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen anodale, kathodale und Schein-Stimulation der frontalen, parietalen und frontoparietalen Hirnareale durch. Während der Stimulation wurden den Probanden Videosequenzen eines Schauspielers gezeigt. Dieser sprach einen konkreten oder abstrakten Satz aus und begleitete diesen Satz mit einer semantisch passenden oder unpassenden, ikonischen oder metaphorischen Geste. Nach jeder Videosequenz bewerteten die Probanden sofort, in welchem Ausmaß der Satzinhalt zur Gestik passte (Frage: „Passen Satzinhalt und Gestik zusammen?“, Antwort auf einer Skala von eins „sehr schlecht“ bis sieben „sehr gut“). Ergebnisse: Für die erste aus siebzehn gesunden Probanden bestehende Stichprobe (Publikation 1) fanden wir Veränderungen der Reaktionszeiten und Bewertungen in Abhängigkeit von Stimulationsort und Polarisation für metaphorische sprachbegleitende Gesten. Anodale Stimulation des linken Frontallappens reduzierte die Reaktionszeiten und Bewertungen der Sprach-Gestik-Passung für diesen Gestiktyp. Beim Vergleich zwischen den gesunden Probanden und den Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen (Publikation 2) stellten wir einen spezifischen Effekt der transkraniellen Gleichstromstimulation auf die Bewertung der Sprach-Gestik-Passung bei Patienten fest. Links frontale kathodale Stimulation verbesserte die Unterscheidung zwischen passenden und unpassenden Gesten bei Patienten signifikant und reduzierte somit den Unterschied in der Bewertung der Sprach-Gestik-Passung zwischen Patienten und gesunden Probanden. Fazit: Zunächst zeigten wir, dass links frontale transkranielle Gleichstromstimulation die Verarbeitung sprachbegleitender metaphorischer Gesten bei Gesunden beeinflusst (Publikation 1). Anschließend demonstrierten wir, dass transkranielle Gleichstromstimulation auch bei Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen die semantische Sprach-Gestik Verarbeitung verbessern kann. Die transkranielle Gleichstromstimulation könnte möglicherweise in der Zukunft genutzt werden, um gestörte Verarbeitungsprozesse im linken Frontallappen von Patienten mit Schizophrenie zu modulieren und dadurch die Defizite dieser Patienten in der sozialen Kommunikation zu mildern.


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