Zusammenfassung:
Die Theorie zur Analyse von Zeitreihen oder
stochastischen Prozessen ist teilweise funktionalanalytisch
geprägt. Dies gilt z. B. für Arbeiten über reproduzierende
Kern-Hilbert-Räume, die man Prozessen zuordnet. Ähnlich geprägt
ist der Aufbau der Karhunen-Loève-Zerlegung, die
Spektraltheorie stationärer Prozesse und das Konzept der
orthogonalen Projektion als Prädiktion. Die vorliegende Arbeit
vertieft diese Theorie, indem sie moderne Methoden der
Funktionalanalysis auf das Gebiet der stochastischen Prozesse
überträgt und neue bzw. erweiterte Ergebnisse erzielt. Die
obigen Themen sind nur eine Auswahl aus dem Feld der
Zeitreihenanalyse, skizzieren aber die Schnittfläche zwischen
Prozesstheorie und Analysis, auf welcher sich die vorliegende
Arbeit bewegt. Die Struktur stationärer Prozesse erlaubt den
erfolgreichen Einsatz analytischer Werkzeuge. Als Beispiel mag
die stationäre Vorhersagetheorie dienen, deren Anfang durch
Wiener und Kolmogorov geprägt wurde und die von abstrakter,
(Fourier-)analytischer Natur ist. Verallgemeinerungen zur
Herleitung analoger Resultate ohne
Stationaritätsvoraussetzungen werden bis heute gesucht und
bedürfen evtl. alternativer Zeitbereichsmethoden, die allein
über den Indexbereich (Zeit) des Prozesses beschrieben werden
können. Ähnliches zeigt sich auf dem Feld der
Darstellungstheorie stochastischer Prozesse, dessen Ursprung
Karhunen und Loève zugeschrieben werden kann. Die bisherige
Theorie fußt meist auf elementaren Isometrien zwischen dem
Prozessraum und einem Raum von quadratisch integrierbaren
Funktionen - Spektralbereich genannt. Konkreter findet man die
Ausführungen für stetige Prozesse auf kompaktem Intervall, wo
sich die Verbindung zu Eigenvektorbasen von Integraloperatoren
eröffnet (Mercers Theorem). Statt den Einfluss dieser
Spektraltheorie auf die Darstellung von Prozessen auszuweiten,
hielt man an der Abzählbarkeit der Eigenvektorbasis und der
resultierenden Reihenentwicklung des Prozesses fest.
Vergleichbares findet sich zur Beziehung zwischen Prozessen und
den zugehörigen hilbertschen Unterräumen. Die durch Parzen
publizierte Verbindung ordnet einem Prozess einen
Kern-Hilbert-Raum (i.S.v. Aronszajn) zu. Dieser Raum von
Funktionen auf der Zeitmenge erlaubt eine isometrische
Beschreibung des Prozessraums. Diese Assoziation gestaltet sich
auf Grund diskreten Indexbereichs zwar sehr elementar, ist aber
bis heute durchaus üblich. Zusammenfassung der obigen Probleme
und Fragen und wie die vorliegende Dissertation diese angeht:
(1) Zu Prozessen gehörige hilbertsche Unterräume werden bisher
unter Annahme der diskreten Topologie auf der Indexmenge
eingeführt und ergeben sich als Kern-Hilbert-Räume i.S.v.
Aronszajn. Die vorliegende Arbeit analysiert, inwieweit ein
Bewahren der tatsächlichen Topologie des Zeitbereichs möglich
ist und welche Auswirkungen dies auf Konstruktion und
Eigenschaften des Prozessraums hat. Der Indexbereich wird als
hilbertscher Pivotraum topologisch berücksichtigt und
Kovarianzfunktionen als verallgemeinerte Funktionen
interpretiert. Die dann entwickelte Einbettungstheorie liefert
in diesem erweiterten Rahmen den zum Prozess gehörigen
hilbertschen Prozessraum und dessen ?reproduzierende
Eigenschaft?. (2) An Prozessräume schließen sich Fragen
nach Basen und deren Konstruktionen an. Bisher wurden diese
Aspekte auf die Darstellung des Prozesses vermöge eines
abzählbaren Orthonormalsystems reduziert und mittels Isometrien
innerhalb der Hilbert-Räume angegangen. Die Dissertation
untersucht, ob moderne Zerlegungstechniken für hilbertsche
Unterräume Basen und Konstruktionen neuerer (insb.
kontinuierlicher) Art möglich machen und gibt zwei Verfahren
an: Bildzerlegungen und Spektralzerlegungen. Beide unterliegen
keiner Abzählbarkeitsbedingung, erweitern bisheriges Vorgehen
und erlauben eine Darstellung des Prozesses. (3) Die bekannte
Karhunen-Loève-Entwicklung bezieht sich im Prinzip auf das
übliche Isometrieverfahren und ist von abzählbarem Charakter.
Allerdings wird die Entwicklung über die Spektraltheorie
spezieller, positiver Kernoperatoren hergeleitet. Die Arbeit
klärt, inwiefern eine verallgemeinerte Fassung mittels
unbeschränkter positiver Operatoren möglich ist. Sie
charakterisiert allgemein den Einfluss der Spektraltheorie
solcher Operatoren auf das (Spektral-)Zerlegungsverfahren
ähnlich wie Mercers Theorem im Konkreten. (4) Schließlich
spielen Zerlegungen in der Vorhersage stochastischer Prozesse
eine Rolle, wobei der meist Fourier-analytische Aufbau den
Zeitbereich nicht klar in Verbindung mit der Zerlegung bringt.
Die Dissertation analysiert, wie durch eine
Zeitbereichs-Interpretation eine Vorhersagezerlegung allgemein
charakterisiert werden kann. Die gefundenen
Prädiktionsverfahren zeigen ein grundlegendes
?Gram-Schmidt-Prinzip? und weisen eine
Verwandtschaft zur Cholesky-Faktorisierung auf. Formeln in
entsprechenden Zerlegungen werden hergeleitet und in Bezug zu
bisherigen Ergebnissen gebracht.