Beschreibung von Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 13

Bibliographische Beschreibung

Bezeichnung
Hiltfred-Evangeliar
Entstehungsort
Westfränkisch(?)
Entstehungszeit
1. Viertel 9. Jh.
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
195 Blätter
Format
356 mm x 260 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-8021 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 13

Überblickbeschreibung

Hiltfred-Evangeliar

Das Evangeliar ist nach Hiltfred benannt, der sich im Kolophon am Ende des Matthäusberichtes als Schreiber identifiziert (54r). Die drei weiteren Evangelien wurden dem Schriftbild nach von jeweils einem anderen Schreiber gefertigt. Offensichtlich war es nicht nur ihre Aufgabe, den Text nach einer Vorlage zu kopieren, sondern auch das Geschriebene korrigierend zu überarbeiten (scripsit et requivisit). Während im Matthäus-, Lukas- und Johannesevangelium relativ wenige Textänderungen nötig waren, lag dem Markusevangelium offenbar eine veraltete Textversion zugrunde, die der von Hieronymus (347/348-419/420) erarbeiteten Bibelübersetzung (Vulgata) angeglichen werden mußte. Diese Vorlage scheint insularen Ursprungs gewesen zu sein, denn dort und in insular beeinflußten Handschriften hat die verworfene Textfassung besonders häufig Spuren hinterlassen (z.B. Stockholm, Kungliga Bibl., A 135; Bibl. Vaticana, Barb. lat. 570; Maaseik, Evangeliar der Katharinenkirche; vgl. Fischer 1988-1991).

Die Autorenbilder scheinen dem Typus nach derselben Tradition zu entstammen. Frontal thronend präsentieren sie ihre geschlossenen Bücher und Schriftrollen, Johannes hebt sogar segnend die Hand. Weniger als schreibende Autoren, denn als repräsentierende Autoritäten sind sie ihren Schriften vorangestellt. Relativ selten in dieser Form überliefert, finden sie sich jedoch vergleichbar in der insularen Buchmalerei (z.B. Stockholm, Kungliga Bibl., A 135). Dort sind auch die in den Arkadenbogen versetzten Symboltondi mit und ohne erläuternde Beischrift (z.B. Trier, Domschatz, Hs. 134/61; Maaseik, Evangeliar der Katharinenkirche) bezeugt. Letztlich spiegeln sich darin italo-byzantinische Vorbilder, die im Gefolge der Missionierung von Italien aus nach England gelangt sind (von Euw, Evangelien 1989) und die auch in den Handschriften der Hofschule Karls des Großen (768-814) nachwirkten (Boeckler 1952/53). Die Autorenportraits von Dom Hs. 13 folgen alle demselben Typus, unterscheiden sich jedoch in der Ausführung. Sicherlich waren mehrere Buchmaler am Werk, doch scheinen sie auch verschiedene Modelle zu einem einheitlichen Zyklus verschmolzen zu haben. Da alle Evangelistenbilder auf Einzelblätter gemalt und anschließend in die Lagen eingebunden wurden, ist eine Identität von Schreibern und Malern unwahrscheinlich.

Die Handschrift enthält neben den vier Berichten über das Leben Jesu den Brief des hl. Hieronymus an Papst Damasus (366-384) Novum opus und seine Überlegungen zur Vierzahl der Evangelien Plures fuisse als Vorreden. Gleich doppelt erscheint der Prolog zum Matthäusevangelium, von denen einer mit Incipit canon überschrieben ist, also ursprünglich nicht an dieser Stelle vorgesehen war. Die Evangelienkonkordanz ist auf viereinhalb wenig dekorative Kanontafeln zusammengedrängt. Den Abschluß bildet das Fragment eines Perikopenverzeichnisses, das insgesamt eher den Eindruck einer Federprobe macht. Dennoch scheint das Evangeliar in der Liturgie verwendet worden zu sein, denn vor allem am Rand des Matthäustextes findet sich eine Reihe von Perikopenvermerken in einer Kurzschrift (tironische Noten). Sie beschränken sich allerdings auf die Zeit nach Weihnachten.

Zustand und Zusammensetzung

Lagenstruktur
Lagen 12 (ursprünglich wahrscheinlich Teil der folgenden Lage mit dem Evangelistenportrait von 1v als letztem Blatt? vgl. Collegeville 1995 ), 26, 3-78, 84+2, 98+1 (Markusportrait auf Einzelblatt), 10-128, 132+2 (Lukasportrait auf Einzelblatt), 146+1, 15-208, 214+1, 226+2 (Johannesportrait auf Einzelblatt), 23-268, 272+2 ;
Seiteneinrichtung
Schriftspiegel 264 mm x 179 mm ;Blindliniierung mit Versalienspalten ( 9 mm ); 2 Kolumnen von innen 77 mm , außen 70 mm Breite und 32 mm Abstand; 32-34 Zeilen.

Schrift und Hände

Lateinischer Text in brauner karolingischer Minuskel in Zeilen unterschiedlicher Länge, rubriziert; Auszeichnungsschrift und Initialen: Capitalis mit unzialen Elementen (z.T. auch Minuskeln); 54r Schreibervermerk a capite usque hic scripsit et requisivit servus vester Hiltfredus - Vom Anfang bis hier hat Euer Diener Hiltfred geschrieben und [das Geschriebene] überprüft (von Euw).

Buchschmuck

  • Ein- bis mehrzeilige Initialen in Minium zu Beginn einzelner Verse, Abschnitte, Evangelien und Prologe; Explicits zeilenweise abwechselnd in Minium und Tinte; zu Beginn des Lukasevangeliums große Initiale in Federzeichnung mit vegetabiler, Fisch- und Vogelornametik in Tinte und Minium; zu Beginn des Johannesevangeliums Flechtbandinitiale in Tinte und Minium mit vegetabilen Elementen; Miniaturen in Deckfarben.

Einband

Kalbleder mit Blindprägung über Holz; Einzelstempel (verschiedene Rosetten) und Streicheisenlinien (Rechteckrahmung mit Rautenfüllung); vermutlich in derselben Werkstatt wie Dom Hs. 212, (213) und 218 gebunden (Mitte 18. Jh.).

Geschichte der Handschrift

Provenienz
Möglicherweise schon von Erzbischof Hildebald (vor 787-818) erworben; Darmstadt 2013.

Inhaltsangabe

  • 1r Leer.
  • 1v-7r Vorreden ( Stegmüller 595, 596, 590 ) und Kanontafeln.
    • 1v Evangelist Matthäus; in der Beischrift als MATTHEUS EVANGELISTA bezeichnet; über dem Symboltondo die Erläuterung des Dargestellten homo .
    • 2r Brief des Hieronymus an Papst Damasus Incipit: N(ovum opus) .
    • 3r Vorrede Incipit: P(lures fuisse) .
    • 4r Vorrede zum Matthäusevangelium Incipit: M(attheus sicut in ordine) ; mit INCIPIT CANON überschrieben.
    • 4v Explicit: EXPLICIT PROLOGUS .
  • 5r-7r Fünf Kanontafeln (I, II, III-V, VI-XMt, Mk, Lk, XJo).
  • 7v Leer.
  • 8r-54r Evangelium nach Matthäus.
    • 8r Vorrede zum Matthäusevangelium Incipit: MATTHEUS SICUT in ordine (Stegmüller 590 ). EXPLICIT PROLOGUS .
    • 8v Leer.
    • 9r Beginn des Evangelienberichtes mit dem Stammbaum Jesu Incipit: LIBER GENERATIONIS . Hervorgehoben sind:
      • 9v Bericht von der Geburt Christi Incipit: XPISTI AUTEM GENERATIO SIC ERAT .
      • 47v Beginn der Leidensgeschichte Incipit: ET FACTUM EST CUM CONSUMMASSET IHSUS .
      • 53r Beginn der Osterberichte Incipit: VESPERE AUTEM .
      • 54r Explicit: EXPLICIT EVANGELIUM SECUNDUM MATTHEUM.
  • 55v-90r Evangelium nach Markus.
    • 55v Evangelist Markus; in der Beischrift als MARCUS bezeichnet; über dem Symboltondo die Erläuterung des Dargestellten LEO .
    • 56v Capitula Incipit: E(T erat).
    • 58r Beginn des Evangelienberichtes Incipit: INITIUM EVANGELII .
    • 90r Explicit: EXPLICIT EVANGELIUM SECUNDUM MARCUM .
  • 91r-151r Evangelium nach Lukas.
    • 91r Evangelist Lukas; über dem Symboltondo die Erläuterung des Dargestellten VITULUS .
    • 92r Beginn des Evangelienberichtes Incipit: Q(UONIAM quidem): Vogel, der eine Schlange gefangen hat; Fisch.
  • 152r-194r Evangelium nach Johannes.
    • 152r Evangelist Johannes mit Beischrift JOHANNIS ; über dem Symboltondo die Erläuterung des Dargestellten AQUILA .
    • 153r Beginn des Evangelienberichtes Incipit: I(N PRINCIPIO) . Hervorgehoben sind:
    • 153v Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu Incipit: ET HOC EST testimonium ;
    • 162v Jo 6,1 Incipit: POST HAEC ABIIT;
    • 194r Explicit: EXPLICIT EVANGELIUM SECUNDUM IOHANNEM. AMEN .
  • 194v Fragment eines Capitulare evangeliorum (Commune sanctorum und Votivmessen) endend mit Explicit: IN TEMPORE BELLI ; einfache Zeichnung einer männlichen Büste mit der Beischrift cum viderit tuus sit .
  • 195r Federproben mit Auszügen aus dem Capitulare.
  • 195v Federproben; einfache menschliche Köpfe, eine Notiz zur 3. Weihnachtsmesse (Introitus Incipit: Puer natus est und Jo 1,1ff.) und Allelujavers mit Neumen aus dem Commune confessoris non pontificis Beatus vir, qui suffert tentationem .

Bibliographie

Quellenangabe

  • Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung. München 1998. S. 70-73 (Ulrike Surmann) [Digitaler Volltext]
Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-8021
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-8021
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

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