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Ordo missae (sog. Rennenberg-Codex) (Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 149)

Bibliographische Beschreibung

Bezeichnung
Rennenberg-Codex
Entstehungsort
Köln, St. Klara
Entstehungszeit
um 1350 oder vor 1357
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
74 Blätter
Format
403 mm x 285 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-3290 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 149
Alternative Signatur
Dombibliothek Nr. 149.
Katalogsignatur
Jaffé/Wattenbach: CXLIX.
Frühere Signatur
Darmst. 2135
Katalogsignatur
Handschriftencensus Rheinland: 1109
Schulten-1980: Kat. 41
Clemen: 14

Überblickbeschreibung

Rennenberg-Codex

Der 'Ordo missae' des Kölner Domdechanten Konrad von Rennenberg (gest. 1357) enthält die gleichbleibenden Teile der Messe, also den Meßordo, zusammen mit den Präfationen des Kirchenjahres. Die Handschrift war für die festtägliche Meßliturgie unter Leitung des Domdechanten bestimmt. Für die ihm assistierenden Kleriker standen andere liturgische "Rollenbücher" zur Verfügung: ein Sakramentar für die (wechselnden) Praesidialgebete (Tages-, Gaben- und Schlußgebet), ein Lektionar für die Lesungen, ein Evangeliar bzw. Perikopenbuch für den Vortrag des Evangeliums. Dom Hs. 149 ist einer der frühesten Zeugen der sich langsam ausbildenden Kölner Eigentradition, während die ältere Meßliturgie Kölns hauptsächlich römische Bräuche in fränkischer Überarbeitung widerspiegelt (Dom Hss. 88, 137, Kat.Nrn.82, 81), die im Rennenberg-Codex nur noch wenige Spuren hinterlassen haben, so die Bereitung des Kelches vor dem Wortteil der Messe. Der Text- und Ritusbestand des Meßordo ist nunmehr ganz vom sogenannten Rheinischen Meßordo geprägt, einer um das Jahr 1000 einsetzenden Verschmelzung römischer und gallisch-fränkischer Traditionen.

Als erste für einen Auftraggeber außerhalb des Konvents angefertigte Handschrift entstand Dom Hs. 149 Anfang der fünfziger Jahre des 14.Jahrhunderts im Skriptorium des Kölner Klarissenklosters St. Klara, in dem zu diesem Zeitpunkt noch die 1315 ins Kloster eingetretene Loppa von Spiegel (de Speculo) eine führende Rolle einnahm. Unmittelbar nach diesem Codex schuf dieselbe Illuminatorin die Kanonbilder in einem zweibändigen Missale unbekannter Provenienz in Brüssel (Bibl. Royale, Ms. 209, 212; s. Benecke 1995, S. 176ff.). Trotz ihrer auch in diesen Miniaturen erkennbaren Eigenheiten steht die Buchmalerei der Klarissen in der Nachfolge des Johannes von Valkenburg (Diözesan Hs. 1b, Kat.Nr.88). Der Rennenberg-Codex wurde in der Hauptproduktionsphase des Skriptoriums angefertigt, die gleichzeitig eine letzte Blüte der Kölner Buchmalerei im 14.Jahrhundert darstellt.

Neben zahlreichen Fleuronnée-Initialen beschränkt sich der Schmuck von Dom Hs. 149 auf das Kreuzigungsbild zu Beginn des Meßkanons (51v) und die historisierte Initiale T(e igitur) des eucharistischen Hochgebetes (52r), in der ein vor einem Altar mit Kelch und Patene stehender Priester die Hostie in die Höhe hebt. Hinter ihm kniet ein Altardiener mit Kerze. Von der Initiale gehen am linken Spaltenrand Zierleisten aus, die - mit Drôlerien bevölkert - in Blattranken auf Kopf- und Fußsteg auslaufen. Auf der unteren kniet ein Engel und hält dem Zelebranten ein Steckkreuz zum Kuß regelrecht entgegen. Die beiden Bilder verdeutlichen den Zusammenhang von historischem Geschehen, theologischer Ausdeutung und Nachvollzug durch Worte und Gesten in der Liturgie. Das Kanonbild zeigt den toten Gekreuzigten, dessen Seitenwunde als Quelle der Sakramente gilt. Das Wasser der Taufe und das Blut des Altarsakramentes entspringen aus der rechten Seite Christi, die seine göttliche Natur verkörpert und aus der der Hl. Geist hervorgeht. Die linke und eigentliche Herzseite steht für seine menschliche Natur (vgl. R. Suntrup, in: C. Meier/U. Ruberg [Hgg.], Text und Bild. Festschrift F. Ohly, Wiesbaden 1980, S. 317). Während die Architekturbekrönung der Kreuzigungsszene an zeitgleiche Altarschreine oder auch an Altarfresken im Kölner Dom (z.B. Johanniskapelle, um 1330) erinnert und das Geschehen somit aus der Vergangenheit in den Kirchenraum der Gegenwart versetzt wird, verweisen andererseits die das Kreuzigungsbild rahmenden Medaillons mit den vier Evangelistensymbolen auf die schriftliche Überlieferung der Passionsgeschichte im Neuen Testament.

Konrad von Rennenberg (vgl. W. Kisky, Die Domkapitel der geistlichen Kurfürsten, Weimar 1906, S. 71, Nr. 219), der Auftraggeber und wahrscheinlich erste Benutzer des 'Ordo missae', vermachte diesen der Kölner Domkirche zum ewigen Gedächtnis seiner Seele. Nach seinem Tod am 10. März 1357 wurde dies auf dem ersten Blatt vermerkt (1r). Ein Testament mit näheren Angaben ist nicht erhalten. Die Tatsache, daß der Codex im Jahr 1583 von den Erben zweier Mitglieder des Domkapitels einem Vikar der Kölner Domkirche, Goswin Gymmenich, übergeben wurde, legt nahe, daß es sich bei Rennenbergs Vermächtnis um eine Memorienstiftung gehandelt haben könnte (vgl. B. Klosterberg, Zur Ehre Gottes und zum Wohl der Familie, Köln 1995, S. 188ff.). Möglicherweise erhielt der Vikar die Handschrift zur Erfüllung der Pflichten, die mit einer solchen Memorienstiftung verbunden waren.

Überblickbeschreibung aus: Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung, München 1998, S. 464-468 (Andreas Odenthal/Johanna C. Gummlich)

Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-3290
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-3290
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

Diese Beschreibung und alle Metadaten sind unter der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 veröffentlicht

Klassifikation