Beschreibung von Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 200

Bibliographische Beschreibung

Handschriftentitel
Priscian : Institutiones artis grammaticae
Entstehungsort
Westdeutschland
Entstehungszeit
9. Jh.
Beschreibstoff
Pergament
Umfang
171 Blätter
Format
413 mm x 327 mm
Persistenter Identifier
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-12775 Persistent Identifier (URN)
Weitere Angaben
Land
Deutschland
Ort
Köln
Sammlung
Dombibliothek
Signatur
Cod. 200

Überblickbeschreibung

Priscian: Institutiones artis grammaticae

Im System der Sieben Freien Künste, in dem die spätantiken Autoren das Wissen des griechischen und römischen Altertums zusammenstellten und dem Mittelalter als Fundament der Bildung übermittelten, nahm die Grammatik unbestritten die erste und wichtigste Position ein. Neben dem Studium der Dialektik und der Rhetorik bildete die Beschäftigung mit der Sprache, ihren Teilen und ihrem Aufbau die Grundlage des Werdeganges jedes Gelehrten. Diese Hochschätzung der Sprachlehre finden wir erst im 20. Jahrhundert mit dem Aufschwung der sprachphilosophischen und linguistischen Disziplinen wieder. Zunächst mußte sich der Student des Mittelalters - anhand der 'Ars minor', des einführenden Werkes von Donat (ca. 310-380) - mit den Grundlagen der Grammatik und der Auslegung von Dichtertexten befassen, die schon im antiken Unterricht einen festen Bestandteil dieser Disziplin ausmachten. Dann vervollkommnete er seine Studien an der 'Ars maior' und dem umfangreichsten Lehrbuch der grammatischen Wissenschaft, den 'Institutiones grammaticae' des Priscian (Ende 5./Anf. 6.Jh.), von deren ungeheurer Wirkung die mehr als 800 erhaltenen Handschriften beredtes Zeugnis ablegen. Priscian verdichtete zu Beginn des 6. Jahrhunderts in Konstantinopel die lange Tradition griechischer und römischer Grammatiken zu einem Werk, das die Erkenntnisse der Antike in eigenständiger Weise zusammenstellte und als festen Bestandteil der abendländischen Kultur etablierte. Für jedes Kapitel, sei es über die Verbformen, die Verwendung der Pronomina oder die Bedeutung der Konjunktionen, sammelte der Verfasser derart viele Zitate von antiken Schriftstellern, daß die Lektüre des Werkes zugleich eine gute Kenntnis der römischen Literaturgeschichte vermittelte. Umfangreiche Zitatensammlungen wie die des Priscian sind heute oft wertvolle Überlieferungsträger von über die Jahrhunderte geretteten Fragmenten sonst verlorener Schriften.

Die Entstehungszeit des Codex 200 ist auf das 9. Jahrhundert einzugrenzen. Nach einigen eher verfehlten Versuchen der Spätdatierung (s. Hertz, in: GL II 1961, S. XX) setzte Jones (1971, S. 71) die Abfassung nach Köln in die Amtszeit des Erzbischofs Hermann I. (889/890-924). Bischoff (1989) sieht eine Verwandtschaft der Handschrift mit einer moselländischen Gruppe von Codices, die wohl zu Beginn des 9. Jahrhunderts in Prüm entstanden ist. Sicher ist dagegen, daß eine Hand des 11. Jahrhunderts den vorhandenen Text um die Bücher 17 und 18 der 'Institutiones' erweitert hat. Das ansprechende Großformat der Handschrift, die absolut regelmäßige Schrift der Bücher 1 bis 16 sowie die zahlreichen Gliederungshilfen und Hinweise auf den Inhalt, die durchgängig am Rand zu finden sind, zeichnen den Codex nicht nur als Gebrauchsexemplar aus, sondern veranschaulichen auch in schöner Weise die Verbindung von zweckmäßiger und ästhetischer Ausstattung eines mittelalterlichen Buches. Randbemerkungen verschiedener Hände sind Spuren intensiven Studiums, wenn auch die Häufigkeit und Ausführlichkeit der Glossierung nach dem vierten Buch abnimmt. Die großen, freigelassenen Blattränder wurden später zum Teil beschnitten, wohl um das ungenutzte Pergament anderweitig zu verwenden.

Zustand und Zusammensetzung

Lagenstruktur
Lagen 1-28, 34, 4-168, 174, 188, 194+1, 20-218 (beginnend mit Fol. 141), 226, 238 ;
Seiteneinrichtung
Schriftspiegel 275 mm x 188 mm bzw. x 295 mm x 237 mm mm (ab Fol. 141)Blindliniierung mit Versalienspalten ( 11 mm ) und Marginalspalte (innen, 19 mm ); ab Fol. 141 Blindliniierung mit Versalienspalten ( 8 mm ); einspaltig; 37 bzw. 34 (ab Fol. 141) Zeilen.

Schrift und Hände

Lateinischer Text in dunkelbrauner bis schwarzer karolingischer Minuskel, rubriziert, ab Fol. 141 romanische Minuskel; Auszeichnungsschrift: Capitalis Rustica; Initialen: Mischtyp (Capitalis mit unzialen Elementen); meist zeitgenössische Glossen;

Buchschmuck

  • Ein- bis dreizeilige Initialen in Tinte, z.T. mit Umrandung in Minium oder roter Füllung des Binnengrundes, ab Fol. 141 auch in Minium und Grün oder in Tinte mit rotem Binnengrund; große Initiale mit ornamentaler Gestaltung des Binnengrundes (1r); autonome Zeichnungen (28v, 42r).

Einband

Einband: Leder mit Blindprägung über Holz; Streicheisenlinien: Rechteckrahmung mit rautiertem Binnenfeld; Kanten- und Eckbeschläge aus Messing mit Buckeln, letztere mit stilisierten Blumen (drei Eckbeschläge fehlen); zwei Überwurfschließen aus Leder und Messing, die von Dornen auf dem Vorderdeckel gehalten werden.

Geschichte der Handschrift

Provenienz
Aus dem Besitz von Domkapitular Moritz Graf von Spiegelbergh (1406/7-1483) (1r); Darmstadt 2190.

Inhaltsangabe

  • 1r Besitzervermerk Liber Mauricii comitis de Spigellenberch ( ); Begleitverse (etwas jüngere Hand als Haupttext) Me legat antiquas vult qui proferre loquelas./Qui me non sequitur, vult sine lege loqui .
  • 1r-139v Autor: Priscian Titel: Institutiones artis grammaticae (Buch 1-16) (GLII/III).
    • 1r-2v Widmungsbrief mit Inhaltsangabe. Textbeginn rubriziert Incipit: Priscianus grammaticus .
    • 2v-11r Buch 1 Incipit: DE VOCE (Über den Laut).
    • 2v-3r Federzeichnungen.
    • 11r-20v Buch 2 Incipit: DE SYLLABA (Über die Silbe).
    • 20v Zur Hälfte leer, Notizen.
    • 21r-27v Buch 3 Incipit: DE COMPARATIONE (Über die Steigerung).
    • 27v-33r Buch 4 Incipit: DE DENOMINATIVO (Über die von Nomina abgeleiteten Wörter).
      • 28v Am oberen Rand Zeichnung eines Greifvogels.
    • 33r-42v Buch 5 Incipit: DE GENERIBUS (Über die grammatischen Geschlechter).
      • 42r Am unteren Rand quer Zeichnung einer sitzenden Gestalt mit Buch in der Hand.
    • 42v-43r Textzusatz ( GLII, 191-93).
      • 42v Rubriziert Incipit: Prisciani grammatici Caesariensis liber V explicit de generibus de numero de figuris de casu. Incipit liber VI de nominativo et genetivo casu .
      • 43r Zweites Incipit Incipit: Artis Prisciani Caesariensis viri aeloquentissimi grammatici liber V finit. Incipit VI feliciter scripsi ego Theodorus Dionisii u.d. memorialis sacri scrinii epistolarum et adiutor u.m. questoris s. palti urbis Rome Constantinopolio libro u.c. liber VI.
    • 43r-56r Buch 6 Incipit: DE NOMINATIVO ET GENETIVO CASU (Über den Nominativ und den Genetiv).
      • 43r In den Text ( GLII, 195, Z.11 ) eingefügt (rubriziert) Incipit: REGULAE NOMINUM PRISCIANI GRAMMATICI INCIPIUNT DE NOMINATIVO ET GENITIVO CASU .
    • 56r-70v Buch 7 Incipit: DE CETERIBUS CASIS (Über die übrigen Fälle).
      • 65v Lange Randglosse von früher Hand (Gegenüberstellung der Lehrmeinung des Servius, dasselbe z.B. Fol. 135v , 138r ).
    • 70v-87r Buch 8 Incipit: DE VERBO .
    • 87r-97r Buch 9 Incipit: DE GENERALI VERBI DECLINATIONE (Über die allgemeine Beugung des Verbs).
    • 97r-110v Buch 10 Incipit: DE PRAETERITO PERFECTO (Über das Praeteritum und das Perfekt [der dritten Konjugation]).
    • 110v-115v Buch 11 Incipit: DE PARTICIPIO .
    • 115v-120v Buch 12 Incipit: DE PRONOMINE (Über das Pronomen).
    • 120v-125r Buch 13 Incipit: DE CASIBUS (Über die Fälle).
    • 125r-132r Buch 14 Incipit: DE PREPOSITIONE .
    • 132r-137v Buch 15 Incipit: DE ADVERBIO .
      • 132v Irrtümlich eingefügter Zwischentitel (rubr.) DE ACCENTIBUS.
      • 135v Zwischentitel DE FIGURIS, DE SIGNIFICATU (s. App. GLIII, 80).
    • 137v-139v Buch 16 Incipit: DE CONIUNCTIONE (Über das Verbindungswort).
  • 140r Titel: Zwei (Pseudo-) Prisciantexte (GLII, 575 und III, 58f.).
  • 140v Titel: Exzerpt aus Fulgentius, Expositio sermonum antiquorum (zur Ed. vgl. Jaffé/Wattenbach 1874, 88 ). Der Text endet mit einem Explicit in verschlüsselter Schrift ( fxplkckt fxcfrptxm , s. Jaffé/Wattenbach ebd.).
  • 141r-155v Autor: Priscian Titel: Buch 17 (Über die Syntax), Beginn ohne Titel. Ab
  • 141r sind die Rand- und Interlinearglossen sehr zahlreich.
    • 141r Zusatz zum Prisciantext (s. GLIII, 107 ). Am Ende EXPLICIT PRAEFATIO .
  • 155v-169v Buch 18 (Über die Syntax), ohne Trennung vom vorigen Buch.
  • 170r Autor: Priscian Titel: Widmungsbrief und Beginn von 'De figuris numerorum' (Text bis GLIII, 407, Z.11 ); Notizen und Federproben verschiedener Hände.
  • 170v Gesangstext (?) mit Neumen: Incipit: R Cornelius centurio vir religiosus ac timens Deum vidit manifeste angelum Dei dicentem sibi, Corneli, mitte et accersi symonem qui cognominatur Petrus. Hic dicet tibi quid te opporteat facere. V cum orasset Cornelius nundum in Xristo renatus apparuit ei angelus dicens, Corneli .

Bibliographie

Quellenangabe

  • Glaube und Wissen im Mittelalter. Katalogbuch zur Ausstellung. München 1998. S. 291-294 (Alexander Arweiler) [Digitaler Volltext]
Impressum
Herausgeber
Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek Köln
Redaktion
Im Rahmen des DFG-Projekts CEEC bearbeitet von Patrick Sahle; Torsten Schaßan (2000-2004)
 
Bearbeitung im Rahmen des Projekts Migration der CEEC-Altdaten von Marcus Stark; Siegfried Schmidt; Harald Horst; Stefan Spengler; Patrick Dinger; Torsten Schaßan (2017-2019)
Ort
Köln
Datum
2018
URN
urn:nbn:de:hbz:kn28-3-12775
PURL
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:kn28-3-12775
Lizenzangaben

Die Bilder sind unter der Lizenz CC BY-NC 4.0 veröffentlicht

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