Legal Fictions

Rechtliche Fiktionen sind rechtliche Regeln, Konzepte oder Annahmen, die auf bewusst falschen oder vielmehr kontrafaktischen Behauptungen beruhen. Sie werden in der Regel bei der Schaffung, Änderung oder Anpassung von Rechtsvorschriften eingesetzt und können dazu dienen, selektiv rechtliche Änderung...

Verfasser: Zander, Laura A.
Dokumenttypen:Teil eines Buches
Medientypen:Text
Erscheinungsdatum:2022
Publikation in MIAMI:24.01.2023
Datum der letzten Änderung:25.01.2023
Quelle:Enzyklopädie Recht und Literatur, L Legal Fictions
Angaben zur Ausgabe:[Electronic ed.]
Schlagwörter:juristische Fiktion; Rechtsfiktion; Gebrauch kontrafaktischer Voraussetzungen im Recht; Rechtsgeschichte; Rechtsphilosophie; literarisches Genre; Recht und Literatur; Recht in der Literatur fictio juris; fictitious or abstract entity; use of counterfactual presumptions in legal practice; history of law; jurisprudence; literary genre; law and literature; law in literature
Fachgebiet (DDC):340: Recht
347: Zivilprozessrecht, Zivilgerichte
809: Geschichte, Darstellung, Literaturwissenschaft und -kritik
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Lizenz:InC 1.0
Sprache:English
Förderung:Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft / Projektnummer: 403589434
Format:PDF-Dokument
URN:urn:nbn:de:hbz:6-12009572309
Weitere Identifikatoren:DOI: 10.17879/12009571787
Permalink:https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:6-12009572309
Onlinezugriff:10.17879_12009571787.pdf

Rechtliche Fiktionen sind rechtliche Regeln, Konzepte oder Annahmen, die auf bewusst falschen oder vielmehr kontrafaktischen Behauptungen beruhen. Sie werden in der Regel bei der Schaffung, Änderung oder Anpassung von Rechtsvorschriften eingesetzt und können dazu dienen, selektiv rechtliche Änderungen vorzunehmen, ohne dass eine umfassendere Rechtsreform erforderlich ist. Juristische Fiktionen werden aber auch in Gesetzen kodifiziert; als gesetzliche Fiktionen sind sie in der Regel nicht faktisch falsch, sondern stellen nur eine wahr-falsche Dichotomie innerhalb des Gesetzes her. Darüber hinaus werden rechtliche Fiktionen auch in abstrakteren Begriffen verwendet. Sie können als juristische Metaphern fungieren oder abstraktere juristische Konstrukte wie "Person" oder "Organ" greifbar machen. In solchen Fällen ist ihr Status als "juristische Fiktionen" jedoch umstritten. Im theoretischen Diskurs wird der Begriff "juristische Fiktion" auch abwertend verwendet, um eine Rechtsideologie anzuprangern, die als offenkundig falsch verstanden wird. Auch literarische Erzählungen oder literarische Werke, die sich in irgendeiner Form mit dem Recht befassen, werden häufig als "juristische Fiktionen" bezeichnet. Der Artikel rekonstruiert die Entwicklung und den Gebrauch der fictio juris aus einer interdisziplinären Law-and-Literature-Perspektive; neben der rechtsgeschichtlichen Entwicklung und den rechtsphilosophischen Auseinandersetzungen um die Legitimität und Relevanz juristischer Fiktionen in der europäischen Neuzeit steht dabei vor allem auch die literarische Fiktionalisierung juristischer Fiktionen und deren Bedeutung als fruchtbare Kategorie der Law-and-Literature-Forschung im Fokus.

Legal fictions are legal rules, concepts or assumptions premised on deliberately false, or rather counterfactual assertions. They generally operate in the process of legal creation, modification or adaptation and may be used to selectively implement legal change without necessitating a broader legal reform. But legal fictions are also codified into statutes; as statutory fictions, they are usually not false in fact but only establish a true-false dichotomy within the law. Moreover, legal fictions are also employed in more abstract terms. They can come to act as legal metaphors or make more abstract legal constructs such as 'person' or 'organ' tangible. In such instances, however, their status as 'legal fictions' is controversial. In theoretical discourse, the term 'legal fiction' is also used derogatively, to denounce a legal ideology that appears patently false. Literary narrative or literary works that deal with law in some capacity are also frequently referred to as 'legal fictions'. The article reconstructs the development and use of the fictio juris from an interdisciplinary law-and-literature perspective; in addition to the legal-historical development and the legal-philosophical debates about the legitimacy and relevance of legal fictions in modern Europe, the focus is primarily on the literary fictionalization of legal fictions and their significance as a fruitful category of law-and-literature research.