Schwermann, Leonie C.: Evolutionsstadien der Kaufunktionen früher Artiodactyla. - Bonn, 2016. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5n-44538
@phdthesis{handle:20.500.11811/6867,
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title = {Evolutionsstadien der Kaufunktionen früher Artiodactyla},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2016,
month = sep,

note = {Ein differenziertes Gebiss mit spezialisierten Molaren und deren Mastikation sind Merkmale der Säugetiere. Besonders die postcanine Bezahnung zeigt spezifische Anpassungen an eine effiziente Zerkleinerung der jeweiligen Nahrung. Bereits in der paläogenen Radiation der Artiodactyla treten zahlreiche unterschiedliche Zahnformen auf, die als Anpassungen an herbivore Lebensweisen zu sehen sind. Dabei kommt es mehrfach zu der konvergenten Entwicklung von selenodonten Höckern.
Sieben dentale Morphotypen wurden definiert, um die Vielfalt der Molarenformen in der frühen Artiodactyla-Evolution zu beschreiben und die damit verbundenen Kaufunktionen zu analysieren. An der evolutiven Basis der Artiodactyla steht Diacodexis mit einem wenig abgeleiteten Gebiss, das dem tribosphenischen ähnelt. Diacodexis zeigt einen zweiphasigen, funktionell differenzierten power stroke, dessen zwei Phasen sich in der Neigung und Bewegungsrichtung des Unterkiefers unterscheiden. Eine starke laterale Komponente in der Bewegung zeigt eine Effizienzminderung der quetschenden Funktion durch das Höcker-Becken-System bei gleichzeitiger Verstärkung der schnei-dend-scherenden Funktion an den bukkalen Höckern der oberen Molaren. Das deutet darauf hin, dass strukturelle Pflanzenteile wie Blätter und Äste genauso Bestandteil des Nahrungsspektrums waren, wie Früchte, Samen, Nüsse und ähnliches. Dichobune und Helohyus haben auf ihren oberen Molaren einen kleinen Hypocon entwickelt und unterscheiden sich dadurch vom ursprünglich tribosphenischen Habitus. Der power stroke ähnelt dem von Diacodexis. Stumpfere Höcker und die gesteigerte Effizienz der quetschenden Funktion durch den Hypocon deuten auf einen höheren Anteil von reproduktiven Pflanzenteilen wie Früchten, Samen und Nüssen an der Nahrung hin. Gobiohyus hat einen vergrößerten und nach lingual verschobenen Metaconulus. Die bukkalen Höcker sind ectolophartig entwickelt und die Schmelzkanten durch ein kräftiges Parastyl verlängert. Trotz einer ähnlichen Kaubewegung wie bei Diacodexis, Dichobune und Helohyus haben Blätter bei Gobiohyus vermutlich einen größeren Anteil an der Nahrung gebildet. Durch den distolingualen Metaconulus ist gleichzeitig eine Effizienzsteigerung der quetschenden Funktion gegeben, ein Hinweis darauf, dass auch Früchte, Samen und Nüsse Bestandteil des Nahrungsspektrums waren. Die Molaren von Elomeryx stellen ein Übergangsstadium zwischen bunodonten und selenodonten Formen dar. Die bukkalen Höcker der oberen Molaren von Elomeryx sind selenodont und durch Abnutzung kommt es zur Schmelzkantenverdoppelung. Die lingualen Höcker sind bunodont. Das Trigonbecken ist teilweise, das Talonidbecken vollständig reduziert. Der power stroke ist zweiphasig und ähnelt dem von Diacodexis, Dichobune, Helohyus und Gobiohyus. Die strukturellen Veränderungen der Zahnoberflächen deuten auf einen erhöhten Anteil von Blättern in der Nahrung hin. Die Reduktion der Beckenstrukturen zeigt eine verringerte Bedeutung der quetschenden Funktion an. Caenomeryx unterscheidet sich in seiner Kaufunktion von den übrigen Taxa mit einem zweiphasigen power stroke. Alle Höcker sind selenodont, die Beckenstrukturen sind vollständig reduziert. Es gibt keine zentrale Okklusion, aber dennoch eine Neigungsänderung nach der maximalen Verzahnung und eine Phase II, die durch einen Zahn-Zahn-Kontakt charakterisiert ist. Insgesamt deuten die Zähne auf eine Ernährung von strukturellen Pflanzenteilen hin. Aufgrund der geringen Körpergröße und dem damit verbundenen Energiebedarf waren jedoch vermutlich auch Früchte, Samen, Sprossen und eventuell Insekten im Nahrungsspektrum enthalten. Agriochoerus und Poebrotherium zeigen mit ihren (buno-)selenodonten Gebissen einen ähnlichen power stroke, der sich durch eine einheitliche Bewegung und damit eine Kombination der Phasen I und II auszeichnet. Eine funktionelle Differenzierung ist kaum gegeben. Durch doppelte Schmelzkanten an allen vier Höckern ist die schneidend-scherende Funktion in ihrer Effizienz erheblich gesteigert. Das deutet darauf hin, dass Blätter und Gras die Hauptbestandteile der Nahrung beider Gattungen bildeten.
Mit der Selenodontie kommt es zu einer Vereinheitlichung der Kaubewegung. Die komplexen Höckerstrukturen bedingen eine stark ausgeprägte Stereotypie der Kaubewegung, die in einer gleichförmigen Ausbildung von Facetten resultiert und eine Effizienzsteigerung des einzelnen Kauschlags bewirkt. Mit der Veränderung der Zahnform wird die Quetschfunktion, welche in der tribosphenischen Konfiguration durch Protocon/Talonidbecken und Hypoconid/Trigonbecken ausgeführt wird, auf andere Strukturen verlagert. Insgesamt tritt die Quetschfunktion am selenodonten Zahn gegenüber der scherend-schneidenden Komponente in den Hintergrund. Die Funktionalität der Molaren verschiebt sich mit der Enwicklung selenodonter Höcker von der primären zu der sekundären Kronenform, welche die Voraussetzung für Hypsodontie ist. Neben der Vereinheitlichung des power stroke geht mit der Entwicklung der Selenodontie eine Verschiebung im Nahrungsspektrum von eher reproduktiven Pflanzenteilen zu einer von strukturellen Pflanzenteilen dominierten Nahrung einher.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/6867}
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