Brinkmann, Margit: Minimal Art – Etablierung und Vermittlung moderner Kunst in den 1960er Jahren. - Bonn, 2006. - Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.
Online-Ausgabe in bonndoc: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:5-08975
@phdthesis{handle:20.500.11811/2473,
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author = {{Margit Brinkmann}},
title = {Minimal Art – Etablierung und Vermittlung moderner Kunst in den 1960er Jahren},
school = {Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn},
year = 2006,
note = {Die zentralen Fragestellungen der Studie betreffen das Entstehen, die Durchsetzung und Rezeption der Minimal art, die sich in den 1960er Jahren als eine der wichtigsten "neuen Kunstströmungen" etablierte. Der Fokus liegt dabei auf der Vermittlungsarbeit von Personen und Institutionen im US-amerikanischen Kunstbetrieb, die die neue Kunst in einer Art "konzertierten Aktion" zum Erfolg führten. Damit wurde der Weg in eine internationale Karriere geebnet wie das Beispiel Westdeutschland zeigt, wo die Minimal art frühzeitig positiv aufgenommen wurde.
Methodisch ist die Studie als Diskursanalyse, Ausstellungs- und Rezeptionsgeschichte angelegt. Dabei wird gezeigt, wie sich die neue Strömung in der zeitgenössischen amerikanischen Kunst und innerhalb tradierter Diskursstrategien positionierte, und wie die Interessen von Ausstellungsinstitutionen, Kritikern und Künstlern ihre weitere Rezeption formten und förderten. Denn obwohl die Mechanismen des Kunstbetriebes die Wahrnehmung von Kunst entscheidend prägen, blieben sie bisher, wie auch in diesem Fall, weitgehend unbeachtet.
Wie die Studie belegt, waren die späteren Minimalisten zu Beginn ihrer Laufbahn fast alle vom Abstrakten Expressionismus beeinflußt. Mit dem Niedergang der gestischen Abstraktion mußten sie sich neu orientieren - kamen allerdings zu spät, um noch mit Farbfeld- und Hard edge-Malerei oder Assemblage zu reüssieren, da diese Anfang der 60er Jahre bereits Massenstile waren. Die Minimalisten lösten das Problem, indem sie die plastischen Impulse, die von der Assemblage ausgingen, mit der Formensprache der geometrischen Abstraktion in der Malerei zur neuen geometrisch-reduzierten Skulptur verschmolzen, der einzigen noch offenen Option in diesem Szenario. Die Ausstellungsgeschichte zeigt, wie erfolgreich diese Strategie war: Anfang 1963 erstmals in Galerien gezeigt, zog die neue Skulptur bereits ein Jahr später in Museumsausstellungen ein, noch bevor sich der Name Minimal art allgemein durchsetzte.
Denn mit dem Niedergang des gestischen Abstrakten Expressionismus Ende der 50er Jahre war die New Yorker Kunstwelt in eine Phase enormer Beschleunigung eingetreten, in der eine neue Kunstströmung die nächste ablöste. Galerien, Museen und die Kunstpresse suchten mit immer neuen "Trends" Medien, Käufer und Publikum zu fesseln und deren Lust an der Abwechslung und Freude am Neuen zu befriedigen. Nach Farbfeld- und Hard edge-Malerei, Assemblage und Pop-art bauten Galerien und Museen die Minimal art als neueste Entwicklung auf. Als plastisches Pendant zur Hard edge Malerei verfügte sie, anders als Pop oder die als unseriöse ausländische Konkurrenz geltende Op-art, zudem über Hochkunstweihen und qualifizierte sich somit als ernsthafter Kandidat für die Nachfolge der "New York School".
Die Kunstzeitschriften beteiligten sich an dem aufregenden "Neuen Tendenzen" Spiel, indem sie ausführlich über die aktuelle Szene berichteten und junge Künstler und Kunsthistoriker als Kritiker anheuerten. Zwei von ihnen, Barbara Rose und Lucy Lippard, wurden die wichtigsten publizistischen Verbündeten der Minimalisten. Wie Galeristen und Kuratoren strebten sie danach, sich als "Entdecker" neuer Trends zu profilieren und damit Kunstgeschichte zu schreiben. Sie arbeiteten personelle, stilistische und inhaltliche Zusammenhänge der "neuen Strömung" heraus und distanzierten deren Konkurrenten. Dabei variierten sie ihre Argumentation je nach Ereignislage und stellten ihre Interpretationen immer wieder auf aktuelle Entwicklungen ab. Wie die Untersuchung zeigt, waren Timing und Taktik dabei wichtiger als ästhetische Überzeugungen oder inhaltliche Stringenz.
Das gilt ebenfalls für die jungen Künstler, die als Agenten der eigenen Öffentlichkeitsarbeit wirkten. Mit Kunstkritiken, Manifesten und Essays suchten sie die Rezeption ihrer Werke zu lenken, deren Interpretation sie im Verein mit den beiden Kritikerinnen stets den aktuellen Gegebenheiten anpaßten. Deshalb wurde die Minimal art nicht wie andere Kunst vor ihr von nachfolgenden Strömungen überrollt, sondern galt bald als Ausgangspunkt der neuen, "postminimalistischen" Entwicklungen Process, Concept und Earth art.
Als Beginn eines revolutionär neuen Kunstverständnisses wurde sie auch in Westdeutschland rezipiert, einer der wichtigsten Stationen ihres Transfers nach Europa. Dort bemühten sich junge Galeristen und Museumskuratoren um ihre Verbreitung, um selbst Zugang zur internationalen Szene zu bekommen. Als international geltende Kunst war die Minimal art somit unangreifbar geworden und ist heute Teil des kunstgeschichtlichen Kanons.},

url = {https://hdl.handle.net/20.500.11811/2473}
}

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