Aggregation elektrostatisch geladenen Granulats in der Planetenentstehung

Planeten entstehen durch die Aggregation von Staubpartikeln in einer protoplanetaren Scheibe. Die anfangs µm-großen Partikel kollidieren miteinander und haften durch Adhäsion. Erreichen die so entstandenen Aggregate eine Größe von etwa mm, haften sie in Kollisionen nicht mehr, sondern prallen voneinander ab. Erst ab einer Größe von etwa cm können sie durch Wechselwirkung mit dem Gas so konzentriert werden, dass ein Wachstum wieder möglich ist. Bislang konnte kein Mechanismus gefunden werden, der die Aggregate effizient vom mm- in den cm-Bereich wachsen lässt, weswegen man hier von der Bouncing Barrier spricht.


In Fallturm-Experimenten wurde dazu die Aufladung und Aggregation von sub-mm-großen Partikeln untersucht. Durch Vibration werden Glas- oder Basalt- Partikel zu Kollisionen angeregt, sodass sie sich durch den triboelektrischen Effekt aufladen. Anschließend wird deren Verhalten unter Schwerelosigkeit in einem elektrischen Feld beobachtet. Hier kommt es zu Kollisionen mit anderen Partikeln, mit den Elektroden und zur Bildung von Clustern.


Es zeigt sich, dass die Haftgeschwindigkeiten durch die elektrostatischen Ladungen gegenüber zum JKR-Modell deutlich erhöht werden. Auch der Wirkungsquerschnitt für Kollisionen wird im Vergleich zu ungeladenen Partikeln um ein Vielfaches größer. In dichten Partikelwolken kommt es durch gezielte Anregung von Kollisionen zu einem Wachstum der Aggregate bis in den cm/dm-Bereich. Hierbei fördern nicht nur die Nettoladungen eine Aggregation, sondern auch Dipole und Multipole. Die Struktur der Aggregate, der Transfer von Ladung und auch die Pendelbewegungen von Dimeren im elektrischen Feld weisen auf eine stark inhomogene Verteilung der Ladung auf der Partikeloberfläche hin.


Bei der Kollision zweier Partikel ist die Gesamtladung teilweise nicht erhalten. Dies deutet zum einen darauf hin, dass Ladungen an das umgebende Gas abgegeben werden. Bereiche einer protoplanetaren Scheibe, die von der kosmischen Strahlung auf Grund der Abschirmung nicht ionisiert werden, könnten damit stärker geladen sein als bisher angenommen. Zum anderen werden sowohl positive als auch negative Ladungsträger abgegeben, was nur bei einem Transfer von Ionen möglich ist. Auch für den Ladungstransfer auf Sekunden-Zeitskala bei Kollisionen mit den Elektroden werden wenig mobile Ladungsträger beider Polaritäten benötigt. Dies deutet darauf hin, dass Wasser-Ionen transportiert werden.


Berechnung von Ionisationsraten und ein Experiment zur Aufladung von Glaspartikeln auf einem Stratosphären-Ballon zeigen, dass die triboelektrische Aufladung im Vergleich zur Aufladung durch kosmische Strahlung dominant ist. Geringe Drücke in der protoplanetaren Scheibe im mbar-Bereich verhindern Durchschläge und begünstigen eine Aufladung. Triboelektrizität könnte damit einen großen Beitrag leisten, die Bouncing Barrier bei der Entstehung von Planeten zu überwinden.

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