Sinnesökologie afrikanischer Sandgräber (Bathyergidae) am Beispiel von Hör- und Geruchssinn

Die Sinnesökologie afrikanischer Sandgräber (Bathyergidae) wurde in Hinsicht auf zwei für das subterrane Leben entscheidende Sinne bearbeitet. Teil A stellt umfassend den Gehörsinn auf Grundlage verschiedener morphologischer Methoden dar und charakterisiert die akustische Umwelt; im Teil B wurde am Beispiel der Nahrungssuche den Geruchssinn auf Grundlage von Verhaltensversuchen untersucht und erste Möglichkeiten chemisch-analytischer Untersuchungen der Wurzelexudate, die in diesem Zusammenhang als Kairomone wirken, umgesetzt. Es wurden insgesamt 14 der 21 beschriebenen Arten von Sandgräbern in diese Arbeit einbezogen: Bathyergus suillus, Georychus capensis, Heliophobius argenteocinereus, Heterocephalus glaber und 10 Arten der Gattung Cryptomys. Die Morphologie des Gehörorgans wies bei den Sandgräbern sowohl im Mittelohr- als auch im Innenohrbereich viele gemeinsame Merkmale mit anderen subterranen Nagetieren auf. Dazu gehörten z. B. im Mittelohr ein Malleus-Incus-Komplex, bei dem Malleus und Incus zu einer Einheit verschmolzen sind, ein nicht vorhandenes bzw. stark reduziertes Goniale, ein rundes Trommelfell, eine fehlende Pars flaccida, eine vergrößerte stapediale Fußplatte, eine Tendenz zu einem vergrößerten Incus-Hebelarm und verkleinerten Malleus-Hebelarm und die parallele Position von Manubrium und Crus longum. Einige dieser Merkmale, die den frei schwingenden Mittelohrtyp ausmachen, wurden auch bei einigen epigäischen Arten festgestellt. Diese sind allerdings ebenfalls sensitiv gegenüber niedrigere Frequenzen, so dass diese Merkmale als Anpassungen des Mittelohrs an die Wahrnehmung niedriger Frequenzen gewertet werden können. Der turmförmige, schlanke Bau der Cochlea ist ein weiteres typisches Merkmal subterraner Nagetiere. Weiterhin weist der apikale Bereich des Corti-Organs, in dem niedrige Frequenzen abgebildet werden, höhere Haarzelldichten auf. Diese Merkmale können durchgehend als Spezialisierungen auf die besondere akustische Umwelt der Gangsysteme interpretiert werden, in der im Vergleich zum epigäischen Habitat niedrige Frequenzen effektiver übertragen werden. Bisher waren nur die akustischen Eigenschaften der Gangsysteme von Spalax bekannt. Hier konnten die Ergebnisse anhand der Untersuchung der Akustik von Gangsystemen der Graumulle bestätigt werden. Der bereits im Jahr 1966 von QUILLIAM postulierte Stethoskopeffekt konnte erstmals experimentell nachgewiesen werden. In den unterirdischen Gangsystemen wurde der Schalldruck von Frequenzen zwischen 200 und 800 Hz nicht nur am besten übertragen, sondern über kurze Distanzen sogar verstärkt. Das Potential morphologischer Merkmale des Mittelohrs für die Art-Diagnose der ansonsten morphologisch schwer zu unterscheidenden Sandgräber wurde aufgezeigt. Die Unterschiede in der Form des Malleus-Incus-Komplexes auf Basis der geometrischen Morphometrie zeigten einige interessante Gemeinsamkeiten mit der Phylogenie der Sandgräber. Die wichtige Rolle des Geruchssinns im Kontext der Nahrungssuche konnte bestätigt und ausgeweitet werden. Die hier durchgeführten Labor-Verhaltensversuche unterstrichen die Rolle von Wurzel-Exudaten als Orientierungsgeber unter der Erde, die somit als Kairomone wirken. Sie konnten als wasserlöslich mit einer Molekülgröße kleiner als 0,6 µm charakterisiert werden. Außerdem wurde gezeigt, dass Graumulle in der Lage sind, Wurzeln lebender Pflanzen bis auf eine Entfernung von mindestens 30 cm zu lokalisieren. Die Graumulle sind somit sinnesökologisch an die unterirdische Nahrungssuche angepasst und stoßen nicht zufällig auf ihre Nahrung. Chemisch-analytische Pilotstudien gaben erste Hilfestellungen für die Suche nach der chemischen Natur der Wurzel-Kairomone: zukünftigen GC-MS-Analysen sollten schonende Extraktions- und Aufkonzentrierungsmethoden (z. B. Purge&Trap- oder Headspace-Techniken) vorgeschaltet werden, die Exudate in einzelne Fraktionen aufgeteilt und diese an den Tieren in T-Labyrinthen (als Bioassay) getestet werden.

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