Die Macht von Diskursen : Gesellschaft und ‚Geschlechterkrieg

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Freie Universität Berlin
Domres, Sophie

Im Jahr 2016, während seiner Reise durch den Kaukasus, erklärte Papst Franziskus „Gendertheorie“ zu einem Baustein eines „weltweiten Krieges zur Zerstörung der Ehe“ (Bremer 2016; Löbbert 2016; Straub 2016). Der Journalist Robert Sedlaczek nannte seinen Artikel über gendergerechte Sprache „Der Krieg der Sterne“. Christian Weber fragte sich in seinem Essay „Kampf um Geschlechter“, ob es sinnvoll ist, Geschlechter abzuschaffen (Weber 2020). In einem Interview zu seinem Buch „Die Geschichte der Frau“ formulierte Feridun Zaimoglu im Oktober 2019: „Es geht darum, dass diese beschissene Männerdiktatur, ob sie religiös oder säkular daherkommt, überwunden und bekämpft werden muss – mit allen Mitteln“ (Paul & Schuster 2019). Dabei proklamierte Katharina Fontana bereits im Juni 2019 das Ende des „Krieg[es] der Geschlechter“. Sie titelte: „Die Schlachten sind gewonnen. Die Frauenemanzipation ist die grösste [sic] Freiheitsbewegung der Geschichte, sie hat die Männerherrschaft hierzulande unblutig beseitigt“ (Fontana 2019). Die zitierten Artikel haben eine Gemeinsamkeit: Sie bedienen sich einer ausgeprägten Kriegs- und Kampfrhetorik, wenn sie über Gender- und Geschlechterthemen berichten.

Dieser Text widmet sich der Frage, ob und, wenn ja, wie sich derartige Framings auf die gesellschaftliche Wahrnehmung auswirken. Mit Framing meine ich die sprachliche Herstellung eines Diskursrahmens, der diesen maßgeblich beeinflusst und anführt. Man könnte beschwichtigen, dass die Kriegsrhetorik nur eine Metapher sei, um die gesellschaftspolitischen Debatten über die Gleichstellung der Geschlechter, über Gender Studies oder Feminismus anschaulicher darzustellen. Diese Argumentation ignoriert allerdings die Manifestierung und (Re-)Produktion eines Narratives, welches suggeriert, dass sich die Geschlechter in einem Krieg gegeneinander befinden. Soziale Bewegungen, Lebenskonzepte, Beziehungen etc., die von Heteronormativität und gesellschaftlich zugeschriebenen Geschlechterrollen abweichen, werden in diesem Zusammenhang zu Kriegsobjekten deklariert.

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