Untersuchung und Manipulation der Dynamik des Soliton-induzierten Ordnungs-Unordnungs-Übergangs im Si(553)-Au Atomdrahtsystem

Kondensierte Materie zeigt in Form eines Festkörperkristalls weitreichende Symmetrien. Bei vizinalen Oberflächen ist die Symmetrie hingegen soweit gebrochen, dass die Formation (quasi-)eindimensionaler Strukturen zu beobachten ist. Durch die strukturelle Anisotropie kommt es zu starken korrelierten Wechselwirkungen zwischen dem Elektronen-, dem Phononen- und ggf. dem Spinsystem. Diese äußern sich durch eine Vielzahl physikalischer Effekte, die noch weitestgehend unerforscht sind. Dazu zählen die Ausbildungen von Peierls-Verzerrungen, Ladungs- und Spindichtewellen. Zu deren Studium bieten sich u. a. Atomdrahtstrukturen an.</br> Durch die Selbstorganisation von Goldatomen nach Adsorption auf ein Si(553) Substrat entstehen (quasi-)eindimensionale metallische Nanodrähte entlang der Terrassen dieser vizinalen Oberfläche. Einer veröffentlichten Dichtefunktionaltheoriestudie zufolge, zeigen die zweiatomigen Au Drähte eine leichte Dimerisierung entlang der Stufen. Des Weiteren sei jedes dritte dangling bond Orbital der Si Stufenkantenatome nur halb besetzt und folglich vollständig spinpolarisiert. Diese Si Ketten würden sowohl entlang der Stufen als auch senkrecht dazu eine magnetische Ordnung zeigen.</br>In dieser Arbeit sind mit Hilfe von oberflächensensitiver, hochaufgelöster, niederenergetischer Elektronenbeugung (SPA-LEED) und zeitaufgelöster, hochenergetischer Elektronenbeugung im streifenden Einfall (tr-RHEED) die strukturellen Eigenschaften und die strukturelle Dynamik des Si(553) − Au Atomdrahtsystems detailliert untersucht worden.</br> In Beugungsbildern äußert sich die Dimerisierung der Au Drähte entlang der Stufen durch das Auftreten von Beugungssignaturen mit ×2 Periodizität. Aufgrund der fehlenden langreichweitigen Ordnung der Au Drähte sind die Beugungssignaturen ausgedehnte Streaks. Im Gegensatz dazu zeigt sich die ×3 Periodizität der Si dangling bond Ketten in Form von wohldefinierten Reflexen. Deren Anordnung beweist eine langreichweitige Ordnung mit zentrierter Geometrie der Einheitszelle. Der so entstehende magnetische Frustrationszustand schließt die Formation von Spinketten aus und legt einen Spinflüssigkeitsgrundzustand nah.</br> Die langreichweitige Ordnung des Grundzustands der Atomdrahtstrukturen lässt sich durch Adsorption von Atomen und Molekülen des Restgases manipulieren. Der Einbau von Defekten macht sich dabei durch eine graduell zunehmende Verbreiterung der Beugungssignaturen bemerkbar, die durch Auswertung der Reflexprofile verfolgt worden ist. Die Länge der Au Drähte bzw. der Si Ketten entlang der Stufen nimmt kontinuierlich mit der Exponierungszeit ab.</br> Mit Hilfe von Computersimulationen defektinduzierter Gitter, der anschließenden Fourier-Transformation und dem quantitativen Vergleich mit den Reflexprofilen des Experiments konnte gezeigt werden, dass für die beobachtete Reflexverbreiterungen sowohl die jeweilige Wechselwirkung der Au Drähte und der Si Ketten entlang der Stufen als auch senkrecht dazu verantwortlich ist.</br> Bei Änderung der Temperatur ist in den Si Ketten ein Soliton-induzierter Ordnungs-Unordnungs-Übergang nachgewiesen worden. Dieser wird zudem von einem dimensionalen Übergang von 2D Kopplung bei tiefen Temperaturen zu 1D Kopplung bei hohen Temperaturen begleitet.</br> Durch die tr-RHEED-Untersuchungen ist die ultraschnelle transiente Dynamik der Strukturelemente nach starker optischer Anregung verfolgt worden. So ist u. a. die transiente Schwächung der Dimerisierung der Au Drähte zu beobachten. Die initiale Dynamik des Atomdrahtsystems erfolgt extrem schnell im Subpikosekundenbereich. An diese schließt sich ein zweistufiger Prozess an, durch den das System auf differenzierten Piko- bzw. Nanosekundenzeitskalen zum Grundzustand zurückkehrt. Die beiden daran beteiligten Prozesse zeigen sowohl eine Basistemperaturabhängigkeit als auch eine ausgeprägte Fluenzabhängigkeit der entsprechenden exponentiellen Zeitkonstanten. Die Rückkehr in den Grundzustand erfolgt umso schneller, je größer die Fluenz der Anregepulse ist.
Condensed matter shows far-reaching symmetries in the form of a solid crystal. On vicinal surfaces, however, the symmetry is broken to such an extent that the formation of (quasi-)one-dimensional structures can be observed. Structural anisotropy leads to strong correlated interactions between the electron, phonon and spin systems. These are expressed by a multitude of physical effects, which are still mostly unexplored. These include the formation of Peierls distortion, charge and spin density waves. For their studies, atomic wire structures are suitable.</br> Through the self-organisation of gold atoms after adsorption on a Si(553) substrate, (quasi-)one-dimensional metallic nanowires are formed along the terraces of this vicinal surface. According to a published density functional theory study, the diatomic Au wires show a slight dimerization along the steps. Furthermore, every third dangling bond orbital of the Si stepped edge atoms is only half occupied and therefore completely spin polarized. These Si chains would show a magnetic order both along and perpendicular to the steps.</br> In this paper, the structural properties and structural dynamics of the Si(553) − Au atomic wire system have been investigated in detail using surface-sensitive, high-resolution, low-energy electron diffraction (SPA-LEED) and time-resolved, high-energy electron diffraction in grazing incidence (tr-RHEED). </br>In diffraction images the dimerization of the Au wires along the steps is expressed by the occurrence of diffraction signatures with ×2 periodicity. Due to the missing long-range order of the Au wires the diffraction signatures are extended streaks. In contrast, the ×3 periodicity of the Si dangling bond chains is represented by well-defined spots. Their arrangement proves a long-range order with a centered geometry of the unit cell. The resulting magnetic frustration excludes the formation of spin chains and suggests a spin liquid ground state.</br> The long-range order of the ground state of the atomic wire structures can be manipulated by adsorption of atoms and molecules of the residual gas. The incorporation of defects is characterized by a gradually increasing broadening of the diffraction signatures, which has been followed by the analysis of the reflex profiles. The length of the Au wires or Si chains along the steps continuously decreases with the exposure time.</br> With the help of computer simulations of defect induced lattices, the subsequent Fourier transformation and the quantitative comparison with the reflex profiles of the experiment it could be shown that the interaction of the Au wires and the Si chains, respectively, along the steps as well as perpendicular to them is responsible for the observed spot broadening.</br> A soliton-induced order disorder transition was observed in the Si chains when the temperature changed. This is also accompanied by a dimensional transition from 2D coupling at low temperatures to 1D coupling at high temperatures.</br> The tr-RHEED experiments followed the ultrafast transient dynamics of the structural elements upon strong optical excitation. For instance, the transient weakening of the dimerization of the Au wires can be observed. The initial dynamics of the atomic wire system are extremely fast in the subpicosecond range. This is followed by a two-stage process in which the system returns to the ground state on differentiated picosecond and nanosecond time scales. The two processes involved show a basic temperature dependence as well as a pronounced fluence dependence of the corresponding exponential time constant. The greater the fluence of the excitation pulses, the faster the return to the ground state.

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