Evaluation der Langzeit-Effekte schwacher transkranieller Gleichstromstimulation des Kleinhirns auf assoziativ motorische Lernvorgänge am Beispiel der Blinkreflex-Konditionierung

Die Blinkreflex-Konditionierung ist eine experimentell verwendete Form des assoziativen motorischen Lernens, die wesentlich von der Integrität des Kleinhirns abhängt. In einer Vorläuferstudie konnte gezeigt werden, dass anodale cerebelläre Gleichstromstimulation (tDCS) den Erwerb, also das Erlernen von konditionierten Blinkreflex-Antworten (CRs) beschleunigt. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Vorbefunde zu replizieren und Langzeiteffekte von anodaler cerebellärer tDCS auf diesen Lernvorgang zu untersuchen. Die Blinkreflex-Konditionierung wurde mit einem Standard-Delay-Paradigma in einem randomisierten, sham-kontrollierten und doppelblinden Design an vier Tagen (Tage 1, 2, 8 und 29) bei insgesamt 40 jungen und gesunden Probanden durchgeführt. Am Ende von Tag 29 schloss sich eine Extinktionsphase an. Eine Gruppe von 20 Probanden erhielt am ersten Tag eine anodale Stimulation des Kleinhirns, die andere Hälfte der Probanden eine sham Stimulation. Beide Gruppen zeigten einen signifikanten Lerneffekt an Tag 1, mit weiterer Zunahme der Anzahl der CRs an Tag 2. Insgesamt ergab sich jedoch über alle 4 Tage hinweg während der Akquisition und Konsolidierung kein signifikanter Stimulationseffekt bezüglich der Konditionierungsleistung in Form der CR Inzidenzen. Die Anzahl der konditionierten Antworten fiel während der Extinktion signifikant ab, es zeigte sich ein Stimulationseffekt mit schnellerer Abnahme der CRs in der anodalen Gruppe verglichen zur sham Gruppe, was für ein rascheres Verlernen der zuvor akquirierten Antworten nach anodaler tDCS spricht. Die Größe der gelernten Antworten (CR-Area) nahm in beiden Gruppen an Tag 1 zu, eine weitere Größenzunahme ergab sich an den Folgetagen. Diese Größenzunahme war jedoch in der anodalen Gruppe verglichen zur sham Gruppe signifikant geringer. Somit führte anodale cerebelläre tDCS in der vorliegenden Studie, anders als im Vorbefund, zwar nicht zu einer beschleunigten Akquisition gelernter Antworten im Vergleich zu sham, jedoch war die Extinktion der CRs signifikant beschleunigt. Als eine mögliche Ursache des schnelleren Verlernens ist ein detrimentärer Effekt der anodalen tDCS auf die Güte der gelernten Antworten zu diskutieren, der sich in einer verringerten Fläche der CR Area ausdrückt. Die vorliegende Studie bestätigt, dass cerebelläre tDCS kleinhirnabhängiges, assoziativ-motorisches Lernen beeinflussen kann. Zukünftige Studien sind notwendig, um zu klären, unter welchen Voraussetzungen sich welche Lernparameter mittels tDCS beeinflussen lassen

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