Systematische Untersuchung flacher Niederdruckflammen mittels Photoionisationsmassenspektrometrie und Photoelektron-Photoion-Koinzidenz-Spektroskopie

In dieser Arbeit wird die Verbrennung von konventionellen Kohlenwasserstoffen und Bio-kraftstoffen in vorgemischten, laminaren Niederdruckflammen untersucht. Das Ziel der experimentellen Verbrennungsforschung ist die Bereitstellung detaillierter Speziesdaten. Diese Daten sind notwendig für die Entwicklung und Validierung von Reaktionsmodellen in der Verbrennungschemie. Die Experimente wurden an der Advanced Light Source (ALS) in Berkeley, USA und der Swiss Light Source (SLS) in Villigen, Schweiz durchgeführt. Die Synchrotronstrahlung bietet sowohl eine hohe Energieauflösung als auch eine hohe Intensität über einen weiten Energiebereich und ermöglicht sogar die Unterscheidung von Isomeren. Die Molekularstrahlprobenahme ist die einzige invasive Probenahmetechnik, die einen Nachweis von stabilen und reaktiven Verbrennungsspezies ermöglicht. In Kombination mit der Flugzeitmassenspektrometrie wird eine hohe Sensitivität erreicht und ein nahezu unbegrenzter Massenbereich abgedeckt. Zum ersten Mal wird die Photoelektron-Photoion-Koinzidenz-Spektroskopie (PEPICO-Spektroskopie) während dieser Arbeit zur Untersuchung von Flammen angewendet. Eine speziell entwickelte Brennerkammer wird dazu mit dem Molekularstrahl-Massenspektrometer an der SLS gekoppelt. Der Hauptvorteil der PEPICO-Methode in Kombination mit durchstimmbarer Synchrotronstrahlung liegt im gleichzeitigen Nachweis von Ionen und Elektronen in Koinzidenz. Werden nur die Schwellenelektronen mit kaum kinetischer Energie berücksichtigt, wird die Selektivität deutlich verbessert und Informationen über die innere Energie des Ions werden erhalten. Das entsprechende massenselektive Schwellenphotoelektronenspektrum ist wie ein spektroskopischer Fingerabdruck für jede Spezies und fügt der Speziesidentifizierung eine neue analytische Dimension hinzu. Die Vorteile dieser Technik zur Untersuchung von Flammen werden anhand bereits gut untersuchter Brennstoffe dargestellt. So ist der isomeren-selektive Nachweis von Brennstoffradikalen in Isobutan- und Ethanol-Flammen im Vergleich zu früheren Experimenten überragend und die Quantifizierung über Schwellenphotoelektronensignale kann die Messunsicherheit der Molenbrüche von Isomeren reduzieren. Weitere detaillierte Analysen der Flammenstrukturen von Acetylen-, m-Xylol-, Anisol- und drei Terpen-Flammen geben Aufschluss über ihre Verbrennungskinetik. Umfassende Speziesdaten von 30 bis 50 Verbrennungsintermediaten werden für jede Flamme erhalten. Sofern verfügbar, werden die Ergebnisse mit Reaktionsmechanismen verglichen und beobachtete Unterschiede im Detail diskutiert. Der Effekt der Ethanol-Beimischung auf eine fette Acetylenflamme wird unter besonderer Berücksichtigung der Rußvorläufer untersucht, die für die Bildung des ersten aromatischen Rings in aliphatischen Kohlenwasserstoffen von großer Bedeutung sind. Die Ethanol-Beimischung führt zu einer Abnahme der wichtigen Rußvorläufer Propargyl, Benzol und der Polyine. Auf der anderen Seite kommt es zu erhöhten Konzentrationen von oxygenierten Spezies, wie den Aldehyden. Weiterhin zeigen die Ergebnisse, dass Polyine unter den untersuchten Bedingungen signifikant zur Rußbildung beitragen können und ihre Konzentration mit zunehmender Masse exponentiell abnimmt. Ionisierungsenergien von Polyinen bis zu C14H2 wurden bestimmt und liefern nützliche Informationen über die Verbrennungsforschung hinaus, da Polyine auch für die Astrophysik von Relevanz sind. Die Identifizierung und Quantifizierung von C4H2O-Isomeren kann helfen, das Oxidationsverhalten der kleinen Polyine zu verstehen. Erstmals konnte bei der Verbrennung von m-Xylol in einer flachen Niederdruckflamme p-Xylylen und Benzocyclobuten eindeutig identifiziert werden. Insgesamt werden drei C8H8-Isomere gebildet, aber m-Xylylen, das ein Diradikal ist, wird nicht gebildet. Stattdessen muss die Isomerisierung des m-Xylyl-Brennstoffradikals sowohl zu o- als auch zu p-Xylyl-Radikalen erfolgen, um die Anwesenheit von p-Xylylen und Benzocyclobuten erklären zu können. Die Identifizierung des p-Xylyl-Radikals war sogar direkt möglich. Anisol wird oft als Modellverbindung für Lignin verwendet, um die phenolische Struktur in diesem natürlichen Polymer zu untersuchen. Zwei fette Flammen wurden untersucht und geben erstmals Einblicke in die Verbrennungskinetik von Anisol in einer Flamme. Durch die nur schwache O–CH3-Bindung wird eine Zersetzung von Anisol zu Phenoxy-Radikalen stark begünstigt. Fünfgliedrige Ringspezies spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Anisol-Verbrennung und bieten einen Bildungsweg für aromatische Verbindungen ohne die Involvierung des Benzols. Höhere oxygenierte Spezies, wie Guajakol, werden gebildet und können zu unerwarteten Schadstoffemissionen führen. Die Gegenwart von Guajacol kann die Bildung anderer oxygenierter Spezies, wie Fulvenon erklären. In einer weiteren Studie wird die Verbrennung der C10H16-Monoterpene α-Pinen, β-Pinen und Myrcen in stöchiometrischen Flammen untersucht. Pinene haben eine vergleichbar hohe Energiedichte wie erdölbasierte Kraftstoffe und könnten vielversprechende Biokraftstoffe darstellen. Untersuchungen zu ihrer Verbrennungskinetik in Flammen sind jedoch begrenzt. Ein möglicher Reaktionsweg für den Myrcen-Zerfall beginnt mit der unimolekularen Spaltung der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindung zu C5H7- und C5H9-Radikalen. Konzentrationen aller detektierten Kohlenwasserstoffe liegen in der β-Pinen-Flamme näher an Myrcen als an α-Pinen. Diese Gemeinsamkeiten zeigen, dass β-Pinen unter den untersuchten Bedingungen eine Isomerisierung zu Myrcen eingehen kann, sodass die Hauptzersetzungsschritte dieselben sind. Insbesondere können mehrere C4–C6-Kohlenwasserstoffe in β-Pinen und Myrcen in deutlich höheren Konzentrationen als in α-Pinen gefunden werden. Aromaten, wie Phenylacetylen, Styrol, Xylole und Inden konnten eindeutig identifiziert werden und haben höhere Konzentrationen in α-Pinen, sodass auch mit einer höheren Rußbildung zu rechnen ist. Diese Arbeit hat wesentlich zur Entwicklung eines neuen diagnostischen Verfahrens zur Bestimmung von Reaktionswegen in flachen Niederdruckflammen beigetragen. Wichtige Datensätze wurden erhalten und helfen, das Verständnis über die Verbrennung prototypischer Kraftstoffe zu verbessern. Dazu gehören insbesondere Biokraftstoffe, die heute oder in Zukunft eine technische Rolle spielen werden: Ethanol, Anisol und die Pinene. Daher ist es wichtig, ihr Schadstoffpotenzial bereits heute in grundlegenden Experimenten zu untersuchen und zu bewerten.
In this work, the combustion of conventional hydrocarbons and promising biofuels is studied in premixed, laminar, low-pressure flames. The goal of the combustion research is to provide detailed chemical speciation data of flames. This data is necessary for the development and the validation of combustion chemistry models which are used to transfer the knowledge of reaction pathways from the model systems to more applied combustion devices. Experiments were carried out at the Advanced Light Source (ALS) in Berkeley, USA and the Swiss Light Source (SLS) in Villigen, Switzerland. Synchrotron radiation provides both high energy resolution and intensity over a wide energy range and even isomers can be separated. The molecular-beam sampling method is the only invasive technique which allows measure-ment of stable and reactive combustion species and time-of-flight mass spectrometric detec-tion of the photoions is possible with high sensitivity and nearly unlimited mass range. For the first time, the photoelectron photoion coincidence (PEPICO) spectroscopy is applied during this work to investigate flames. A specially designed burner chamber is coupled to the molecular-beam mass spectrometry setup at the SLS. The main benefit of the PEPICO method in combination with tunable synchrotron radiation is that ions and electrons are de-tected in coincidence. The data can be filtered to consider only electrons with nearly zero kinetic energy to improve selectivity and get information about the internal energy of the ion. The mass-selected threshold photoelectron spectrum obtained in this way shows vibrational transitions from the neutral to a specific ionic state. Such a spectrum is like a spectroscopic fingerprint for each species and adds a new analytical dimension in species identification. Advantages of this technique for investigation of flames are shown for well-studied fuels. Isomer-selective detection of fuel radicals in isobutane and ethanol flames is outstanding in comparison with previous experiments. It is shown that quantification from threshold photoelectron signals can reduce the uncertainty in mole fractions of isomers. Further detailed analyses of flame structures of acetylene, m-xylene, anisole, and three terpenes give insights into their combustion kinetics. Comprehensive speciation data of 30–50 combustion are obtained for each flame. If available, results are compared with reaction mechanisms and differences are discussed and possible future improvements emphasized. The effect of ethanol addition to a rich and lightly sooting acetylene flame is studied with special regard to soot precursors which are very important for the formation of the first aro-matic ring in aliphatic hydrocarbons. Ethanol addition leads to a decrease of the prominent soot precursors propargyl, benzene and the polyynes. From the reduction of soot precursor concentration, a degradation of soot can be inferred. On the other hand, ethanol addition leads to increased concentrations of oxygenated hydrocarbons like aldehydes. Further, the results show that polyynes may contribute significantly to soot formation under the studied conditions and their concentration decreases exponentially with increased mass. Ionization energies of polyynes up to C14H2 are determined and provide useful information beyond combustion research because polyynes are of astrophysical relevance. The identification and quantification of C4H2O isomers can help to understand the oxidation behavior of small polyynes. m-Xylene is a volatile organic compound and is contained in conventional gasoline. Xy-lene isomers are emitted with the exhaust gases of vehicles. This is a first study of rich m-xylene combustion in a flat, low-pressure flame which provides both species identification and mole fraction profiles. Previously unobserved species in m-xylene combustion like p-xylylene and benzocyclobutene are clearly identified by photoelectron photoion coincidence spectroscopy. Overall, three C8H8 isomers are formed but m-xylylene which is a diradical is not formed. Instead, isomerization of the fuel radical, the m-xylyl radical, to both o- and p-xylyl must take place to explain the presence of p-xylylene and benzocyclobutene. Identification of the p-xylyl radical was also directly possible. Anisole is often discussed as model compound for lignin to study the phenolic-carbon structure in this natural polymer. Two rich flames were investigated and give insights into the reaction kinetics of anisole for the first time in a flame environment. As expected from the weak bond of the O–CH3 group, decomposition of anisole to phenoxy radicals is strongly favored. Five-membered ring species play a significant role in the anisole combustion by providing a formation pathway of aromatic compounds without benzene involved. Higher oxygenates are observed and one of them is guaiacol. The presence of guiacol can explain the formation of other oxygenated species like fulvenone (C5H4CO) which is rather unusual in the combustion of conventional hydrocarbons and opens new reaction pathways beyond the phenoxy radical route and may result in unexpected pollutant emission. In a further study, the combustion kinetics of the C10H16 monoterpenes α-pinene, β-pinene, and myrcene are investigated in stoichiometric flames. Pinenes have a similar high energy density as petroleum-based fuels and may become promising biofuels. Pyrolysis of the pinenes is well-studied and myrcene is an isomerization product in the pyrolysis of α-pinene, but investigations on their combustion kinetics in flames are limited. A possible reaction pathway for the consumption of myrcene starts from the unimolecular scission of the carbon-carbon single bond to give C5H7 and C5H9 radicals. Concentrations of all detected hydrocarbons in the β-pinene flame are closer to myrcene than to α-pinene. These similarities show that β-pinene may undergo isomerization to myrcene under the investigated conditions so that main decomposition steps are the same. Especially, several C4-C6 hydrocarbons can be found in β-pinene and myrcene in distinctly higher concentrations than in α-pinene. Aromatics like phenylacetylene, styrene, xylenes, and indene could be clearly identified and have higher concentrations in α-pinene so that also soot formation is expected to be higher. The obtained speciation data provide important information for the development of kinetic reaction models. This work has contributed significantly to the development of a new diagnostic method for the determination of reaction paths in low-pressure flat flames. Important datasets have been obtained and help to improve the understanding of prototypical fuels. These include in particular biofuels, which will play a technical role now or in the future: Ethanol, anisole and the pinenes. Therefore, it is crucial to investigate and evaluate their polluting potential already today in basic experiments.

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