Wie ist die DNA an das Kleidungsstück gekommen? Molekulargenetische Analysen zur Antragung und Übertragung von Epithelzellen

Im rechtsmedizinischen Alltag beschäftigt sich die forensische Genetik mit DNA-Antragungen an Gegenständen aller Art. Bei entsprechend vorhandener DNA von Vergleichspersonen (z.B. Opfer, Tatverdächtiger) ist es im Allgemeinen kein Problem, den Ursprung der DNA zu ermitteln. Zur Interpretation der Bedeutung der DNA-Spuren im Hinblick auf den Tathergang ist es jedoch relevant zu wissen, auf welche Weise genau die DNA an solche Gegenstände angetragen wurde. Neben dem direkten Hautkontakt kommen hier auch ein Gegenstand-zu-Gegenstand-Kontakt oder die Übertragung durch eine dritte Person in Betracht. Im ersten Teil dieser Studie wurden insgesamt 40 Kleidungsstücke aus sieben Familien auf DNA-Antragungen hin mit Hilfe des PCR-Multiplex Kits Powerplex ESX 17 Fast untersucht und eine Zuordnung zu den bekannten DNA-Profilen der Familienmitglieder durchgeführt. In der getragenen Kleidung konnte in 75% der Proben der Träger des Kleidungsstücks identifiziert werden, und in über 78% DNA weiterer Familienmitglieder. An den Kleidungsstücken aus dem Kleiderschrank konnte in 50% der Proben der „Wäschemacher“ der Familie bestimmt werden. Die Befunde, dass an gewaschener Kleidung aus dem Kleiderschrank DNA-Antragungen zu finden sind und dass getragene Kleidung keinesfalls nur die DNA des Trägers aufweist, haben eine wesentliche Bedeutung für die polizeiliche Ermittlungsarbeit. Im zweiten Teil der Studie wurde in mehreren experimentellen Szenarien, ebenfalls unter Anwendung der o.g. Multiplex-PCR, der sogenannte tertiäre Transfer untersucht. Hier konnte in 40% der 180 Proben gezeigt werden, dass eine Übertragung der DNA einer Person von einem Gegenstand zu einem zweiten Gegenstand durch eine weitere Person (Überträger) stattgefunden hat. Ein deutlicher Einfluss von Handschuhen und vom Material des Gegenstandes wurde ebenfalls nachgewiesen. Diese Ergebnisse unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit, DNA-Ergebnisse von polizeilichen Tatorten mit großer Sorgfalt zu interpretieren. Abhängig von nachgewiesener Menge und Qualität der DNA können nur wenige von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung zur Diskussion gestellte Szenarien zur Antragung von DNA an einen Gegenstand mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

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